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Jahrelang hatte die frühere Wiener Vizebürgermeisterin keinen öffentlichen Auftritt mehr – das hat sich am Dienstag geändert. Da wurde Maria Vassilakou am Wiener Straflandesgericht als Zeugin im Korruptionsprozess gegen Christoph Chorherr einvernommen. Thema war vor allem das umstrittene Immobilienprojekt von Investor Michael Tojner am Wiener Heumarkt, das auch entscheidend für Vassilakous Rückzug aus der Politik war. Vor dem Schöffengericht hat sie ihren einstigen Parteifreund entlastet, für ihre Entscheidungen sei er "nicht der Maßgebliche" gewesen.

Urabstimmung ignoriert

Die damalige Planungsstadträtin, Vizebürgermeisterin und Chefin der Wiener Grünen hatte 2017 ihre Basis vor den Kopf gestoßen. Sie ließ ihre Partei über das Heumarkt-Vorhaben abstimmen, sie sagte Nein. Trotzdem gab Vassilakou grünes Licht – auch um den Koalitionspartner SPÖ nicht zu verärgern. Das kostete sie letztlich das Vertrauen ihrer Partei. 2019 trat sie zurück. Seither ist sie als Beraterin tätig.

Im Wiener Grauen Haus wird seit Anfang November etwa erörtert, wie sich Vassilakous Vertrauter Chorherr in die Entscheidungsfindung rund um das Heumarkt-Projekt involviert hat. Chorherr wird vorgeworfen, er habe sich von neun weiteren Angeklagten mit Spenden für seinen in Südafrika aktiven gemeinnützigen Verein S2Arch bestechen und zum Amtsmissbrauch anstiften lassen. Auf der Anklagebank sitzen etwa Unternehmer René Benko, Ex-Investmentbanker Wilhelm Hemetsberger oder eben Michael Tojner. Sie bestreiten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.

"Merkwürdiger Zufall"

Die WKStA wirft Chorherr vor, sich für die Interessen von Spender Tojner eingesetzt zu haben. Vassilakou stellte das freilich anders dar. Chorherr sei sogar Heumarkt-skeptisch gewesen und mit der Zeit "immer kritischer" geworden. Zwar habe er das Projekt aus fachlicher Sicht für gut befunden, mit Details der Bebauung sei er aber nicht zufrieden gewesen. Das Projekt habe er für "politisch sehr heikel" eingeschätzt und gemeint, an ihrer Stelle würde er es nicht weiterverfolgen, ihre Entscheidung aber mittragen. Und, so stimmte sie einem anderen Zeugen zu: Chorherrs Außenwirkung sei größer gewesen als sein Wirken nach innen. Seinen Verein habe Vassilakou gekannt und auch selbst einmal unterstützt, von den prominenten Spendern will sie aber nichts gewusst haben.

Um Spenden ist es auch zuvor gegangen, als Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger als Zeugin aussagte. Sie schilderte den Ermittlern, dass Tojner den Neos 2017 eine Spende angeboten habe. Dieses Angebot in zeitlicher Nähe zur Abstimmung über das Projekt im Gemeinderat hielt die damalige Chefin der Wiener Neos für einen "merkwürdigen Zufall". Und habe das "abgelehnt, weil das nicht geht". Das habe ihr auch ihr Bauchgefühl gesagt. Sie selbst habe die Hintergründe zum Firmengeflecht rund um Tojner und Hemetsberger recherchiert, was den Investor empört habe. In ihrer Zeit als Landespolitikerin sei immer wieder an sie herangetragen worden, dass ohne Chorherr in Bausachen "nichts geht". Eigene Wahrnehmungen dazu habe sie nicht.

Überraschte Neos-Chefin

Thematisiert wurden auch die Spenden von Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner (Strabag), ohne die es die Neos laut Meinl-Reisinger nicht gäbe. Gefragt, ob sich die Neos deshalb bei Beschlüssen zur Strabag der Stimme enthielten, verneinte sie. Das sei "zu weit weg".

Allerdings konnte man die Parteichefin am Dienstag auch höchst überrascht erleben: Dass ihr eigener Planungssprecher im zuständigen Gemeinderatsausschuss für die Flächenwidmung des Heumarkts gestimmt habe, habe sie nicht gewusst. Im Gemeinderat hätten die Neos dann aber dagegen gestimmt, sagte Meinl-Reisinger aus. Sie selbst habe eine Einbindung der Bürger verlangt. Das hatte sie auch der damaligen Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) mitgeteilt. Die daraufhin den "schönen Satz" gesagt habe: "Aber da wissen wir nicht, was rauskommt."

Dasselbe gilt für den 23. Jänner: An dem Tag soll noch ein Zeuge befragt werden, und dann dürfte das Gericht sein Urteil verkünden. (Renate Graber, Fabian Schmid, 20.12.2022)