Bei der Sitzung des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen am 14. Dezember wurde für einen Ausschluss des Iran aus der UN-Frauenkommission gestimmt.

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Genf/Teheran – Nach internationaler Kritik am gewaltsamen Vorgehen iranischer Sicherheitskräfte gegen Demonstranten sind drei Mitglieder einer UN-Untersuchungsmission ernannt worden. Wie der UN-Menschenrechtsrat am Dienstag bekanntgab, sollen die drei Frauen Shaheen Sardar Ali aus Pakistan, Viviana Krsticevic aus Argentinien sowie Sara Hossain aus Bangladesch als Vorsitzende die unabhängige Untersuchung leiten.

Die Mission soll mutmaßliche Menschenrechtsverstöße im Iran untersuchen, Beweise sammeln, analysieren und sichern, "auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit in etwaigen Gerichtsverfahren", wie es hieß.

Der UN-Menschenrechtsrat hatte Ende November wegen anhaltender Gewalt des iranischen Sicherheitsapparats gegen friedlich demonstrierende Menschen eine unabhängige Untersuchung beschlossen. Der Rat aus 47 Ländern stimmte Ende November mit 25 zu sechs Stimmen dafür, bei 16 Enthaltungen. Die hohe Zahl der Zustimmungen übertraf die Erwartungen der westlichen Länder. Deutschland und Island hatten eine entsprechende Resolution eingereicht. Erst vergangene Woche hatte die Mehrheit der Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialrats für einen Ausschluss des Iran aus der UN-Frauenkommission gestimmt.

Teheran verurteilt "Einmischung in innere Angelegenheiten"

Teheran verurteilte den Schritt als Einmischung in die inneren Angelegenheiten und kündigte bereits an, der Mission keinen Zugang zum Land zu gewähren. Auslöser der landesweiten Proteste war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb Mitte September im Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war. Nach Einschätzung von Menschenrechtlern wurden mehr als 500 Demonstranten getötet.

In den sozialen Medien gab es Kritik an der Auswahl der Mitglieder. Dutzende Nutzer etwa störten sich daran, dass eine pakistanische Expertin die Untersuchungen mitleiten soll, während das Land im Menschenrechtsrat gegen die Resolution gestimmt hatte. Nach Angaben der UN wurde im Auswahlverfahren Wert auf hochqualifizierte und unparteiische Mitglieder gelegt.

Dissident und Studentenführer enthaftet

Majid Tawakoli, einer der bekanntesten Dissidenten des Iran, ist indes am Montag nach dreimonatiger Haft aus dem berüchtigten Evin-Gefängnis entlassen worden. Sein Bruder Mohsen veröffentlichte auf Twitter ein Bild, auf dem Tawakoli vor dem Gefängnis einen Blumenstrauß hält. Tawakoli, der seit den Studentenprotesten im Jahr 2009 zu den prominentesten Regierungsgegnern im Iran zählt, wurde demnach auf Kaution freigelassen.

Tawakoli war bereits kurz nach Beginn der Mitte September vom Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini ausgelösten Proteste verhaftet worden. Infolge der Proteste nahmen die iranischen Behörden mehrere prominente Anwälte, Schauspieler, Kulturschaffende, Journalisten und Aktivisten fest. Insgesamt wurden nach Uno-Angaben bisher mindestens 14.000 Menschen festgenommen.

Tawakoli verbrachte einen großen Teil der vergangenen eineinhalb Jahrzehnte im Gefängnis. Bekannt wurde er als Studentenführer während der Massenproteste nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2009. 2013 wurde er mit dem von norwegischen Studierenden verliehenen "Student Peace Prize" ausgezeichnet.

"Wir freuen uns über diese Nachricht, aber unsere Freude wird erst vollkommen sein, wenn all die lieben Menschen, die im Gefängnis sind, freigelassen werden", schrieb Majid Tawakolis Bruder Mohsen auf Twitter. Ende November war nach zweimonatigem Hungerstreik bereits der ebenfalls zu Beginn der Proteste festgenommene prominente Menschenrechtsaktivist Hossein Ronaghi freigelassen worden.

Weitere bekannte Gefangene

Andere bekannte Gefangene bleiben indes hinter Gittern: Unter ihnen sind Menschenrechtsanwalt Mostafa Nili sowie die Journalistinnen Nilufar Hamedi und Elaheh Mohammadi, die mit ihren Recherchen zur Enthüllung der Todesumstände Mahsa Aminis nach deren Polizeigewahrsam beigetragen hatten. Am vergangenen Wochenende wurde im Iran Taraneh Alidoosti festgenommen, eine der bekanntesten Schauspielerinnen des Landes. (APA, dpa, red, 20.12.2022)