Am Mittwoch forderte Wladimir Putin von der russischen Armeespitze Reaktionen auf vermehrte Kritik, er bekräftigte aber dennoch einmal mehr, dass Russland den Krieg gewinnen werde.

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Moskau – Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich bei einer Rede vor der Militärführung überzeugt gezeigt, dass Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine gewinnt. "Ich bin sicher, dass wir Schritt für Schritt alle unsere Ziele erreichen", sagte er am Mittwoch in einer vom Fernsehen übertragenen Sitzung des russischen Verteidigungsministeriums. Zugleich kündigte er an, die "Kampfbereitschaft" der Atomstreitkräfte zu verbessern. Die Armee soll auf 1,5 Millionen Mann aufgestockt werden.

Seine Rede begann er mit einer Schweigeminute für die im Krieg getöteten Soldaten. Den Krieg bewertete er allerdings als wertvolle Erfahrung für den weiteren Aufbau des eigenen Militärs. Seinen Angriffskrieg gegen das Nachbarland verglich Putin mit dem Vaterländischen Krieg 1812 gegen Napoleon sowie mit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg.

Keine finanziellen Grenzen für Armee

Der 70-Jährige forderte ein höheres Tempo bei der Aufrüstung und Modernisierung der Streitkräfte. Als Beispiel nannte der Kreml-Chef den Einsatz von Drohnen. Das gilt bisher als ein Schwachpunkt der russischen Streitkräfte. Drohnen müssten auf allen Ebenen der Kampfführung verfügbar sein, sagte Putin. "Jeder Soldat muss die Möglichkeit haben, Informationen von Drohnen zu bekommen." Für die weitere Aufrüstung der Armee gebe es "keine finanziellen Beschränkungen", betonte der Kreml-Chef, der auch ankündigte, dass Russlands Hyperschallrakete RS-28 Sarmat (in der Nato-Klassifikation auch SS-X-30 Satan II) in naher Zukunft einsatzbereit sein würde. Ferner kündigte Putin an, dass Anfang Jänner die Fregatte Admiral Gorschkow der russischen Marine über die neue Hyperschallrakete Zirkon verfügen werde. Zirkon gehört zu einer neuen Gruppe von Waffen, die Moskau in den vergangenen Jahren entwickelt hat.

Die Rakete Sarmat hat eine Reichweite von 18.000 Kilometern und ist mit mehreren Atomsprengköpfen bestückbar. Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte, dass im kommenden Jahr 22 Startrampen für Interkontinentalraketen in Betrieb genommen werden sollen, darunter für die Typen Sarmat, Avantgarde und Jars. In Dienst gestellt werden sollen außerdem drei Langstreckenbomber vom Typ Tupolew Tu-160M, fünf U-Boote und zwölf Kriegsschiffe.

Armee solle Kritik berücksichtigen

Russland hatte Sarmat während des Krieges in der Ukraine im April getestet. Mit der Rakete kann Russland sowohl über den Nord- als auch über den Südpol angreifen und Ziele weltweit erreichen. Putin hatte erklärt, dass es noch auf lange Zeit nichts geben werde auf der Welt, was der Rakete ebenbürtig sei. Der Komplex habe "beste taktisch-technische Eigenschaften und ist in der Lage, alle modernen Mittel der Raketenabwehr zu überwinden".

Von der Armeespitze forderte Putin eine Verbesserung der militärischen Leistungen in der Ukraine. Dabei verwies Putin auf nicht näher bezeichnete Probleme und verlangte, konstruktive Kritik sollte beachtet werden. "Ich fordere das Verteidigungsministerium auf (...) auch die Kritik zu berücksichtigen und rechtzeitig und korrekt zu reagieren", sagte Putin. Auch mit der russischen Regierung sympathisierende Blogger haben sich in der Vergangenheit bestürzt über die Leistung der russischen Generäle geäußert. Zudem wurde die Aufgabe von eroberten Gebieten nach ukrainischen Offensiven kritisiert.

Knapp ein Drittel mehr und auch jüngere Soldaten

Im weiteren Verlauf der im Fernsehen übertragenen Sitzung kündigte Verteidigungsminister Schoigu an, die Streitkräfte des Landes zahlenmäßig deutlich auf 1,5 Millionen aufzustocken. Das entspricht einer Aufstockung von 350.000 Soldaten. Vor allen bei den Zeitsoldaten soll deutlich nachgelegt werden. Deren Zahl soll auf 695.000 steigen.

Zugleich wird auch der Alterszeitraum, in dem junge Männer als Wehrpflichtige eingezogen werden können, erweitert. Schoigu schlägt als Höchstgrenze 30 Jahre vor. Bisher wurden in Russland vor allem junge Männer nach Vollendung des 18. Lebensjahres einberufen. Der Kreml-Chef erklärte sich mit den Vorschlägen einverstanden.

Aggressor bleibt für Russland "der Westen"

"Die wachsende Präsenz des Westens an unseren Grenzen und denen von Belarus sowie die Bereitschaft des Westens, die Militäroperationen in der Ukraine maximal zu verlängern, um unser Land zu schwächen, rufen eine besondere Besorgnis hervor", sagte Schoigu. Putin nannte den Konflikt in der Ukraine "eine gemeinsame Tragödie". Diese sei aber nicht das Ergebnis der russischen Politik, sondern "der Politik von Drittländern", sagte der Kreml-Chef mit Blick auf die westliche Unterstützung für die Ukraine.

Dies alles dient nach Schoigus Angaben dem notwendigen Ausbau der Streitkräfte wegen der Nato-Erweiterung. Daher forderte der 67-Jährige, gerade im Nordwesten Russlands an der Grenze zu den potenziellen neuen Nato-Staaten Schweden und Finnland neue Einheiten aufzustellen. In den besetzten südukrainischen Städten Mariupol und Berdjansk sollen Marinestützpunkte eingerichtet werden, so Schoigu. Diese sollen die russische Flotte mit Notrettungs- und Reparaturdiensten unterstützen. (APA, 21.12.2022)