Vorstand Gerhard Krisch und der künftige Sportvorstand Jürgen Werner waren nicht bei allerbester Laune.

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Wien – Jürgen Werner will es wissen. Der 61-Jährige hat sich Austria Wien als Sportvorstand angeboten. Und er wird diesen Job bekommen. Noch ist die Entscheidung nicht amtlich, der Aufsichtsrat muss die Personalie abnicken – ein Formalakt, die neun Mitglieder stecken die Köpfe zusammen und fertig. Bisher gab der Oberösterreicher in Favoriten zumindest offiziell nur den Berater und Investor, nun setzt er sich ans Ruder: "Ich bin kein Feigling, der aus der zweiten Reihe schießt."

Man hat Werner schon glücklicher gesehen als am Donnerstag in der Generali-Arena: "Die Reaktionen haben mich betroffen gemacht". Anfang Dezember hatte die Austria Trainer Manfred Schmid einvernehmlich vor die Türe gesetzt. Eine Entscheidung, die unter Fans kollektiv auf Ablehnung stieß, sie schäumten vor Wut, zerschnitten ihre Abos, kündigten Mitgliedschaften.

Kein Satan

"Als wäre ich der leibhaftige Satan", sagt Werner. In der Kommunikation sei einiges schiefgelaufen. Doch welche Kommunikation hätte dieses PR-Fiasko verhindern können? Diese Frage konnte der künftige Vorstand dem STANDARD nicht konkret beantworten: "Ich bin kein PR-Profi." Werner, das ist offenkundig, erwartet sich etwas mehr Dankbarkeit: "Wenn wir nicht investiert hätten, würde ein arabischer oder amerikanischer Inhaber hier sitzen. Bitte das im Hinterkopf zu behalten."

Viola TV

Im Mediencenter der Austria prallten an diesem Morgen zwei Welten aufeinander, Innen- und Außensicht. "Krone"-Journalist Peter Klöbl lieferte sich Wortgefechte mit Austria-Vorstand Gerhard Krisch. "Wir haben Schmid nicht rausgeekelt", betonte Krisch mehrfach. Klöbl gab Kontra. Ein offener Schlagabtausch in der Winterpause. Krisch bekräftigte den freundschaftlichen Umgang mit dem Ex-Trainer. Es hätte Auffassungsunterschiede gegeben. Und überhaupt: Die sportliche Kompetenz im Verein sei auch dank Aufsichtsrat Sebastian Prödl mehr als gegeben.

Keine Schmutzwäsche

Der 73-fache ÖFB-Teamspieler Prödl wiederum wollte dem STANDARD die Vorgänge im Verein nicht erklären: "Ich möchte mich nicht öffentlich äußern." Es ist jedenfalls kein großes Geheimnis, dass es zwischen Vereinsführung und Trainer Brösel gegeben hat. "Wir werden keine Schmutzwäsche waschen", sagt Krisch. "Ich will Schmid nicht ans Bein pinkeln", sagt Werner. Für die Trennung habe es triftige Gründe gegeben: "Man setzt sich nicht zum Spaß einem Shitstorm aus."

Werner fühlt sich generell missverstanden. Er wolle keinen LASK 2.0 aus der Austria machen, Red Bull Salzburg könne man auch nicht imitieren, "aber ich will einen proaktiven Fußball mit hoher Intensität sehen. Ich bin überzeugt, dass wir die Spieler dafür haben." Dass nicht alle Neuverpflichtungen die Erwartungen erfüllten, blieb auch Werner nicht verborgen. Mit Liverpool-Leihgabe Billy Koumetio wird nach einer Lösung gesucht. Marko Raguž – 1,3 Millionen Euro Ablöse, null Einsatzminuten – liegt dem Investor schwer im Magen.

Keine einfache Zeit

Wie geht es bei der Austria weiter? Sportdirektor Manuel Ortlechner ("Er ist keine Marionette") bleibt im Amt, der neue Trainer ("Die Gespräche sind fortgeschritten") muss spätestens zum Trainingsauftakt am 3. Jänner präsentiert werden. Die bangen Zeiten kommen erst im April, dann vergibt die Bundesliga die Lizenzen. Bei einem Schuldenberg von rund 70 Millionen Euro und einem Jahresminus von sieben Millionen braucht die Austria gute Argumente. Krisch ist Realist: "Das wird eine Herausforderung." (Philip Bauer, 22.12.2022)