Elon Musk verwendet gerne technische Fachbegriffe – ob er auch immer weiß, was dahintersteht, ist eine andere Frage.

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Um eines gleich unmissverständlich festzuhalten: Der CEO eines Unternehmens muss sich natürlich nicht mit technischen Details der eigenen Services auskennen, dafür gibt es in jeder Firma üblicherweise andere. Elon Musk stellt sich aber gerne als Ausnahme von dieser Regel dar und wirft schon mal mit Fachbegriffen um sich – was von vielen seiner Fans auch geschätzt wird. Vor allem aber trifft er offenbar zunehmend auch technische Entscheidungen im Alleingang, und da wäre es natürlich gut, wenn dieses Wissen auch wirklich vorhanden und nicht nur vorgetäuscht wäre.

Alles von vorne?

Aktuell ist der Twitter-Chef etwa regelmäßig damit beschäftigt, über die Codequalität des Kurznachrichtendiensts zu lästern. Das war schon kurz nach dem Beginn seiner Regentschaft so, aktuell ist das aber so weit eskaliert, dass Musk davon überzeugt ist, die Codebasis von Twitter müsse komplett neu geschrieben werden, um irgendwie für die Zukunft fit zu sein.

Das wiederum sorgt bei vielen echten Experten für Verwunderung, immerhin gibt es gute Gründe, warum so große Projekte wie Twitter nicht einfach mal komplett neu geschrieben werden. Handelt es sich bei so etwas doch um ein extrem aufwendiges – und somit auch langwieriges – Projekt, mit dem man sich vor allem erst recht wieder viele neue Probleme einfängt und wo oft unklar ist, ob dann das Ergebnis wirklich so viel besser ist.

Viel Meinung

Da ergab es sich hervorragend, dass Musk am Donnerstag an einem Twitter Space von Softwareentwickler George Hotz teilnahm und dort die Möglichkeit nutzte, um wieder einmal über den real existierenden Twitter-Code herzuziehen. Um in der weiteren Entwicklung eine hohe "Geschwindigkeit" (im Original "velocity") zu erreichen, bräuchte es einen kompletten Rewrite, weil sonst die "Komplexität des Stacks" das verhindern würde, zeigte sich Musk dabei überzeugt.

Das klingt nicht nur für Außenstehende nach einem Buzzword-Fest, also nutzte Netflix-Entwickler Ian Brown die Gelegenheit, um mal nachzufragen, was das eigentlich heißen soll – und wie das konkret aussehen würde. Musk reagierte ausweichend, bezeichnete den "Stack" von Twitter aber als "verrückt" und darum nicht reformierbar.

Stack, Stack, Stack

Das brachte ihm allerdings nur eine weitere Nachfrage ein. Brown wollte wissen, was denn diesen "Stack" eigentlich seiner Meinung nach so "verrückt" macht. Darauf folgte, was wohl nur als betretenes Schweigen bezeichnet werden kann, unterbrochen vom Lachen eines weiteren Anwesenden. Statt zu antworten, wechselte Musk in den Angriffsmodus und wollte wissen, wer die Person eigentlich sei, um ihn dann als "Trottel" zu beschimpfen.

Weitere Nachfragen, doch zu erklären, wie der Stack überhaupt bei Twitter aufgebaut sei, ignorierte Musk. Der Fragende hingegen dürfte die Antwort sehr genau wissen, hat Brown doch in früheren Jahren ebenfalls als Entwickler bei Twitter gearbeitet.

George Hotz

Eine besondere Note verleiht dem Vorfall, dass er ausgerechnet in einem Twitter Space von George Hotz stattfand – war der unter dem Pseudonym "geohot" agierende Hacker, der in früheren Jahren durch das Knacken der Sicherheitssysteme des iPhones Bekanntheit erlangte und zuletzt mit seiner Firma Comma AI an selbstfahrenden Autos forschte, doch bis vor kurzem bei Twitter beschäftigt.

Am Mittwoch gab Hotz allerdings seinen Rückzug bekannt, er könne realistisch keinerlei Einfluss nehmen. Das klang vor wenigen Wochen noch ganz anders. Musk hatte Hotz nämlich extra geholt, um quasi im Alleingang die seit Jahren schwache Twitter-Suche zu bereinigen. Aus diesem Projekt ist nun aber nichts geworden. (red, 22.12.2022)