"Wir brauchen Medien, die sich nichts gefallen lassen", hofft Daniela Kraus für 2023.

Foto: Concordia/Luiza Puiu, Illustration Armin Karner
Illustration: Armin Karner

Lustig wird's nicht, das Medienjahr 2023. So viel steht fest für Daniela Kraus, Generalsekretärin des Presseclubs Concordia, Mitbegründerin des Medienhauses Wien und langjährige Geschäftsführerin der Journalismus-Ausbildung Fjum. Viel Selbstbeherrschung würden alle brauchen, denen unabhängiger und guter Journalismus ein Anliegen ist, prognostiziert sie in der Etat-Umfrage.

DER STANDARD bittet zum Jahreswechsel Medienmenschen um ihre Prognose, was die Branche im Jahr 2023 erwartet.

Was wird die Medienlandschaft 2023 beschäftigen?

"Kopf-Tisch-Kontaktvermeidung. Wem vielfältiger, politisch und wirtschaftlich möglichst unabhängiger und guter Journalismus ein Anliegen ist – und die, die ihn professionell machen wollen –, wird viel Selbstbeherrschung brauchen. Ich fürchte, dass die ökonomischen Herausforderungen und versäumten Chancen der Digitalisierung jetzt voll zum Tragen kommen, wir sehen ja im Magazinbereich schon die ersten Schließungen.

Gleichzeitig wird die Politik weiter versuchen, die Medien mit Geld, Personalbesetzungen, Interventionen, strukturellem Umbau und über die Journalistenausbildung (im Media-Hub der 'Wiener Zeitung') steuerbar zu machen. Wir haben ja in den letzten Wochen die Methoden der Verövpnöung gut beobachten können.

Um das ORF-Gesetz wird es einen regen Kuhhandel geben. Personalbesetzungen und -entlassungen werden uns beschäftigen. Und dann werden wir wenig überraschend einen weiteren Vertrauensverlust beim Publikum zu beklagen haben. 2023: Lustig wird’s nicht."

Was sollte 2023 in Österreichs Medienlandschaft geschehen?

"Wir brauchen starke Neugründungen, die mit Mut, Renitenz und Resilienz politischen, weitblickenden, strukturkritischen, pointierten und frischen Journalismus machen. Wir brauchen Medien, die sich nichts gefallen lassen, die sich die 'Unabhängigkeit als Recht und Pflicht' an die Fahnen heften. Und wir brauchen Zusammenhalt unter den Journalistinnen und Journalisten, denen es auf die Nerven geht, dass ihnen von der Politik, manchmal leider auch von den eigenen Unternehmen Hürden in den Weg gelegt werden, statt dass ihre Arbeit bestmöglich gefördert und ans Publikum gebracht wird. Ich sehe keinen anderen Weg, wie man das Vertrauen der Leser-, Hörer-, Seherinnen wieder gewinnen könnte. Und außerdem gehören Publikums- und Stiftungsrat des ORF dringend entpolitisiert."

Was darf auf keinen Fall geschehen?

"Der Beschluss des Gesetzes zur 'Wiener Zeitung', weil die dortigen Pläne für die Journalistenausbildung auf Jahrzehnte zu einem noch engeren Verhältnis zwischen Medien und Politik führen. Und eine ORF-Gesetzesreform, die nicht maximale Bedeutung auf Unabhängigkeit und Zukunftsfähigkeit des ORF legt. Das 'Profil' darf nicht ruiniert werden."(red, 25.12.2022)