Zeitweise waren rund 200 Rettungskräfte im Einsatz.

Foto: Reuters / Polizei Vorarlberg

Lech/Zürs – Nachdem im Vorarlberger Skigebiet Lech/Zürs am Sonntag kurzzeitig von einem der schlimmsten Lawinenunglücke der Geschichte mit zehn Verschütteten ausgegangen werden musste, kam nachts die endgültige Entwarnung: Niemand wird mehr vermisst, eine Person wurde schwer verletzt nach Innsbruck in die Klinik geflogen. Einsatzleiter Hermann Fercher spricht von einem "Zürser Weihnachtswunder".

Um 14.55 Uhr löste sich unterhalb des Trittkopfs eine Lawine. Ein Skifahrer filmte den Abgang aus sicherer Entfernung. "Wenn man das Video sieht, würde man nicht so einen glimpflichen Ausgang erwarten", sagt Fercher. Der Skifahrer verständigte den Notruf. Auf dem Video ist außerdem zu hören, wie er sagt er müsse den Skifahrern helfen und in Richtung der Unglücksstelle losfährt.

Das Video soll den Vorfall am Sonntag zeigen.

Auf dem Video sind zehn Skifahrer zu sehen, weswegen die Rettungskräfte nach so vielen Verschütteten suchten. Im Laufe des Abends stellte sich heraus, dass sechs Fahrer es selbstständig ins Tal schafften. Bis sich auch die letzten beiden gemeldet hatten, und somit Entwarnung da war, war es schon nach Mitternacht. Die beiden seien im Auto nach Hause gewesen und hätten erst dort angekommen den Zeugenaufruf mitbekommen.

"Staublawine" auf Piste 134

Ausläufer der Lawine, die im freien Gelände abgegangen ist, erreichten die Piste 134, wo die zehn Skifahrer unterwegs waren. Da es sich um eine so genannte "Staublawine" gehandelt habe, sehe das zwar spektakulär aus, sagt Fercher. Dass es aber nur noch die Ausläufer waren dürfte aber der Grund sein, warum letzten Endes alles einen recht glimpflichen Ausgang nahm.

Verschüttet wurde nur eine Person aus Deutschland. Bei den Fahrern handelt es sich nicht um eine zusammengehörende Gruppe, die Skifahrer waren auf der normalen Piste unterwegs und trugen herkömmliche Ausrüstung, sagt Fercher. Alle zehn seien nach seinem Wissensstand Touristen.

Bis zu 200 Personen an Suche beteiligt

Am Montagvormittag wurde dennoch eine Sicherheitssuche gestartet, um definitiv ausschließen zu können, dass sich niemand mehr unter den Schneemassen befindet. Laut Fercher sei das ein übliches Prozedere. Zu Mittag wurde auch diese Suche für beendet erklärt. Der Geschäftsführer von Lech Zürs Tourismus lobt den Rettungseinsatz, an dem zeitweise bis zu 200 Personen und acht Helikopter beteiligt waren. Alles habe einwandfrei und rasch funktioniert.

Während sich die Touristen im beschaulichen Zürs noch von dem Schock erholen und die Hilfskräfte abziehen, nimmt die Alpinpolizei die Arbeit auf. Was offen ist ist nämlich die Frage, was zum Lawinenabgang führte. In dem Bereich waren nämlich Sonntagfrüh noch Sprengungen durchgeführt worden, da die Lawinenwarnstufe erheblich war. Dennoch ging um 14.55 Uhr Uhr die Lawine ab. "Bei der Ursachensuche geht es nicht darum, einen Schuldigen zu finden", sagt Fercher. Die Ermittlungen seien vor allem darum wichtig, um den Hergang zu rekonstruieren.

Lawinengefahr bleibt hoch

Die Lawinengefahr in Westösterreich blieb in höheren Lagen indes auch am Stefanitag heikel. Sowohl im Osten Vorarlbergs als auch im Westen Tirols galt oberhalb von 2.300 Meter Seehöhe erhebliche Lawinengefahr der Stufe drei – das ist jene Lawinenwarnstufe, bei der sich die meisten Lawinenunglücke zutragen. Klaus Drexel von der Bergrettung Vorarlberg appellierte an die Wintersportler, sich der Gefahren in der Natur stets bewusst zu sein.

Drexel wies im Gespräch mit der APA darauf hin, dass auch bei vergleichsweise geringer Schneelage Lawinenunglücke passieren können – wie der Lawinenabgang in Lech/Zürs am Sonntag bewiesen habe. "Die Natur kennt keine Grenzen", so der Bergretter. Auch wenn man sich auf einer Skipiste aufhalte, bewege man sich doch in alpinem Gelände. (Lara Hagen, red, 26.12.2022)