Markierte Skitourenrouten wie hier im Rahmen des Projektes "Sanfter Winter" von Gosau (OÖ) auf die Goiserer Hütte sind ein Beitrag dazu, das Skitourengehen im Gelände in naturverträgliche Bahnen zu lenken.

Foto: Thomas Neuhold

Gesperrte Skigebiete oder Maskenpflicht in der Gondel – die Corona-Jahre haben den Skitourensport im Allgemeinen und die Pistentouren im Besonderen gewaltig beflügelt: Im vergangenen Jahr seien knapp 30 Prozent aller verkauften Ski Tourenski gewesen, sagt Gernot Kellermayr, der beim Verband der österreichischen Sportartikelerzeuger die Statistik führt.

Das mache allein für Österreich 65.000 verkaufte Paar Tourenski in der Saison 2020/21. Der Handelsumsatz im Bereich Tourenski, -bindung und -schuh habe in Österreich etwa 180 Millionen Euro betragen.

40 Prozent Frauen

Was Handel und Industrie auch freut: Die Klientel ist jung und wird weiblicher. Mittlerweile liegt nach Schätzungen des Vereins Skibergsteigen Österreich (Skimo) das Durchschnittsalter der Aktiven bei 36 Jahren, der Frauenanteil bei 40 Prozent oder mehr. Die Community hat auch Geld: Skitourenausrüstungen sind aufgrund des höheren Technologieeinsatzes teurer als die reinen Pistenprodukte; die Wertschöpfung ist höher.

In der ersten Saison nach Corona dürfte nun der Plafond erreicht sein, sagen Industrie wie Sportartikelhandel. Die Zuwächse würden wieder linear ausfallen – bestenfalls. Immerhin gingen bereits über 700.000 Österreicher und Österreicherinnen Ski- oder Pistentouren. In dieser Zahl nicht enthalten sind beispielsweise Gäste aus dem benachbarten Bayern, die die Berge in Tirol oder Salzburg zusätzlich bevölkern.

Pistengehen gegen Gebühr

Besonders auffallend sei der Zuwachs in den vergangenen Jahren im Bereich der Pistentouren gewesen, sagt Skimo-Chef Karl Posch. Das heißt, die Sportler und Sportlerinnen gehen zwar aus Fitnessgründen mit Fellen an den Skiern bergauf, fahren aber dann die Pisten hinunter, verlassen also nie den gesicherten Skiraum.

Dieser Trend hat in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder zu Nutzungskonflikten mit den Liftgesellschaften geführt. Die Pistengeher und -geherinnen wurden oft als "Schmarotzer" gesehen und entsprechend rüde behandelt. Inzwischen wurde aber auch in den Skigebieten das touristische Potenzial entdeckt, und viele Regionen bieten eigens angelegte Aufstiegsrouten; natürlich gegen Pisten- oder zumindest Parkplatzgebühr.

Pistentouren werden beworben

Mancherorts werden die Pistentouren sogar offensiv beworben. Das Kitzsteinhorn beispielsweise wirbt mit einem besonderen Trainingseffekt durch die Höhenlage und bietet zudem für die Fellgehergemeinde eigenen Menüs in der Gastronomie an.

Skitourengeher und Skitourengeherinnen sind oft auch gerne gesehene Gäste wie hier auf der Goiserer Hütte, zu der eine markierte Skiroute von Gosau (ÖÖ) aus führt.
Foto: Thomas Neuhold


Und für manche Skidestination dürfte das Tourengehen überhaupt die Rettung bedeuten. Im wieder einmal stillgelegten Salzburger Skigebiet Gaißau-Hintersee (Tennengau und Flachgau) kostet die Tagesgebühr für einen Parkplatz zwölf Euro. Die Einnahmen teilen sich Gemeinde und Grundeigentümer.

Lenkungseffekte

Der anfängliche vor allem via Facebook und Co kommunizierte Unmut über die Höhe der Parkplatzgebühr hat sich rasch wieder gelegt. Das wohl auch, weil die Gebühren prominente Fürsprecher haben.

Beispielsweise Günter Karnutsch – bis vor kurzem Präsident der Salzburger Bergführer: Er sieht in den Parkgebühren einen Lenkungseffekt. Der Obolus, egal ob im Pistenbereich oder an Ausgangspunkten klassischer Skirouten im Gelände, motiviere die Leute zu Fahrgemeinschaften und zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel, sagt Karnutsch im STANDARD-Gespräch.

"Diese Parkgebühren müssen schmerzen, um die Menschen zum Nachdenken zu bringen." Den mobilen Ansturm einzudämmen sei eine Ganzjahresaufgabe, sagt Karnutsch. Im benachbarten Bayern, in Berchtesgaden, gebe es winters wie sommers schon lange keine Gratisparkplätze mehr.

Sanfter Winter

Als eines der Vorzeigeprojekte für Skitouren, die auch weniger Geübte abseits der Piste unternehmen können, gelten jene fünf Touren, die die Region Dachstein-Salzkammergut im Rahmen des Projektes "Sanfter Winter" ausgesucht und markiert hat. Für einen neuen Loipenplan und die Skirouten haben die Touristiker 100.000 Euro im Rahmen eines EU-Projektes investiert.

Von Jägerschaft über Naturschutzbehörde bis zu Gemeinden und Alpenverein gebe es inzwischen eine breite Zustimmung für die Routen, heißt es vonseiten des Tourismusverbandes. Der Gast habe lediglich die Parkgebühr am Start zu entrichten. "Langfristig ist es unser Ziel, dass wir uns in Richtung Skitouren-Destination weiterentwickeln und ein Angebot für mehrere Skitourentage bieten wollen", sagt Christopher Unterberger von der Region Dachstein-Salzkammergut. (Thomas Neuhold, 26.12.2022)