Ana Kutschat promovierte an der Universität Göttingen, jetzt forscht sie in Wien zur Entstehung von Leukämie.

Foto: Gilbert Novy

Leukämie ist eine der häufigsten Krebsformen bei Kindern unter 15 Jahren. Um ihre Entstehung zu verstehen, untersucht ein Team von Forschenden, darunter Ana Kutschat, am St. Anna Kinderkrebsforschungszentrum und am Zentrum für Molekulare Medizin (Cemm) in Wien die damit verbundenen Risikofaktoren und ihren Einfluss auf epigenetischer Ebene.

Im Mittelpunkt der Forschung steht die Untersuchung von B-Lymphozyten, einer Unterart der Blutzellen. Das Ziel von Kutschat ist es, ein Verständnis dafür zu bekommen, wie sich Mutationen in B-Lymphozyten auf die Entwicklung von Leukämie auswirken. In der menschlichen Zelle sind nicht alle Gene aktiv, und sie werden durch äußere Einflüsse verstärkt oder herunterreguliert.

Überraschende Erkenntnisse

Das Ziel der Epigenetik ist es also, die Wechselwirkung zwischen Genexpression – wie ein Gen zum Ausdruck kommt und in Erscheinung tritt – und den Umweltfaktoren zu verstehen. Dabei spielt die "Junk-DNA" eine wichtige Rolle. "Die DNA trägt die Gene in sich, und ein großer Teil davon wurde früher als ‚Junk-DNA‘ bezeichnet. Dieser Teil konnte bisher noch nicht codiert werden, und nun fängt man an zu erkennen, dass er nicht einfach so existiert, sondern dass er auch Gene steuern und Krankheiten verursachen kann", sagt Kutschat.

Bei Krebs kann man häufig feststellen, dass die Zelle durch die Veränderung dieser Bereiche in der Lage ist, die Genexpressionen zu verstärken oder herunterzuregulieren, um damit schneller wachsen zu können. Dies führt dazu, dass die einst gesunde Zelle zu einer bösartigen Zelle wird. Nun untersucht die gebürtige Brasilianerin Mutationen in der Junk-DNA welche mit Leukämie im Kindesalter in Zusammenhang stehen.

Genetische Risikofaktoren

Es wird systematisch versucht, die Mutationen und die exakten Positionen auf der Junk-DNA herauszufinden, die krebserregende Gene steuern. Daraufhin wird eine Screeningmethode entwickelt, mit welcher die Mutationen in der Junk-DNA, die zu einer bösartigen Entwicklung von B-Lymphozyten führen, identifiziert werden. Damit sollen die wichtigsten Risikofaktoren für die Entwicklung der Krankheit besser charakterisiert werden.

Weiters geht es darum, im lebenden Organismus, in diesem Fall in Mäusen, das Gen auszuschalten, das mit dem höchsten Risiko verbunden ist. Es ist noch nicht zur Gänze bekannt, was die fehlschaltende Regulation dieses Gens auf der Ebene des Organismus bedeutet. Es wird untersucht, wie sich B-Lymphozyten in der Abwesenheit des Gens entwickeln, ob es Veränderungen gibt und wie diese zu Leukämie führen können.

"Ich möchte immer erst einen ganzheitlichen Blick darauf haben und dies dann auf die Epigenetik übertragen." Kutschat ist als Postdoc im Team von Davide Seruggia und erhielt für ihr hier beschriebenes Projekt das Marie-Skłodowska-Curie-Stipendium, ein Förderprogramm der EU. (Karin Grabner, 8.1.2023)