Herbert Fux und "Mundl" Karl Merkatz in "Ein Wiener geht nicht unter", Folge: "Der Jahreswechsel".

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Traditionen: Rituale, die seit Jahrhunderten von Generation zu Generation weitergegeben werden. Sinnstiftend, religiös, spirituell. Oder?

In unserem heutigen Zeitalter der digitalen Kommunikation hat sich etwas Neues in unser kollektives Kulturgedächtnis gebrannt: Silvesterfilmklassiker.

Gerade Deutsche, das Völkchen mit, wie böse Zungen meinen, wenig Humorverständnis, nehmen ihre Fernsehtradition am letzten Abend des Jahres sehr ernst. Rund 15 Millionen sahen sich dort am 31. Dezember 2021 den Sketch Dinner for One an. Eine beinahe ausgestorbene Art des Schauspiels ist hier zu beobachten: eine hervorragende Körpersprache und Mimik, die vielen heutigen Schauspielern aufgrund ihrer mit Botox gefüllten Gesichter wahrscheinlich kaum möglich wäre. Bei den sich wiederholenden Stolperern des Butlers über den Tigerteppich vergisst man wenigstens für 20 Minuten die Traurigkeiten des letzten Jahres.

Auch in Schweden versammeln sich Freunde und Familien zu Silvester gerne vor dem Fernseher und schauen Ivanhoe aus dem Jahr 1982. Es geht um duellierende Ritter, einen rettenden Robin Hood, fatale Liebe und Intrigen. Da sich diese Verfilmung nicht durch reißende Action auszeichnet, empfiehlt sich ein doppelter Espresso vor dem Genuss des zweieinhalbstündigen Ritterfilms.

Bevor Österreicherinnen und Österreicher zu Mitternacht Walzer tanzen, sitzen auch sie lachend vor dem Fernseher. Die Folge Jahreswechsel der Serie Ein echter Wiener geht nicht unter darf in dieser kleinen Aufzählung nicht fehlen. Mundls Chaos, Ausgelassenheit, Schnaps und Raketen – einmal noch stellvertretend Dampf ablassen, um entspannt und vielleicht nur wenig verkatert ins neue Jahr zu starten. (Natascha Ickert, 30.12.2022)