Nach der wochenlangen, sichtlich geplanten Eskalation hat der serbische Präsident Aleksandar Vučić kurz vor Neujahr und dem orthodoxen Weihnachtsfest die Kosovo-Krise vorerst beendet, indem er am Mittwoch veranlasste, dass die Aktivisten, die unter seiner Kontrolle stehen und seit drei Wochen im Nordkosovo Barrikaden errichteten, diese innerhalb von 48 Stunden abbauen müssen.

Italienische Kfor-Soldaten in der Nähe einer Straßensperre, die in der geteilten Stadt Mitrovica errichtet wurde, am 29. Dezember 2022
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Zwei Lastwagen wurden in der Folge aber nicht beseitigt, sondern niedergebrannt. Insgesamt waren 13 Stellen nicht mehr passierbar, weil die Aktivisten Lkw-Anhänger und Baumaschinen quer über die Straßen gestellt hatten. Diese Methode wurde von serbisch-nationalistischen Aktivisten seit den 1990er-Jahren wiederholt angewendet. Die Aktivisten forderten, dass der ehemalige Polizist Dejan Pantić, der am 10. Dezember verhaftet worden war, weil er verdächtigt wird, ein Wahllokal angegriffen zu haben, freigelassen werde.

Hausarrest

Am Mittwoch wurde Pantić aus der Polizeihaft in den Hausarrest geschickt. Westliche Diplomaten hatten sich im Hintergrund für eine "Lösung" eingesetzt. Der kosovarische Premier Albin Kurti zeigte sich überrascht über die Entscheidung des Gerichts und kritisierte indirekt, dass es politischen Einfluss gegeben haben könnte. Der Justizrat des Kosovo beschuldigte Kurti daraufhin, sich in die Justiz einzumischen. Am Donnerstag wurde indes der Grenzübergang Merdare wieder geöffnet und Vučićs Befehl, die serbische Armee in Kampfbereitschaft zu versetzen, widerrufen.

Allerdings gibt es nach wie vor ein institutionelles und sicherheitsdienstliches Vakuum im Kosovo, weil sämtliche Serben, die unter Vučićs Kontrolle stehen, Anfang November alle kosovarischen Institutionen verließen – auch die Polizei.

Serbische Aktivisten stellten zudem die Bedingung, dass keine anderen kosovarischen Sicherheitskräfte in den Norden entsandt werden, was allerdings das Gewaltmonopol des kosovarischen Staates untergräbt. Die EU und die USA erklärten am Mittwoch, dass die kosovarischen Behörden von einer Strafverfolgung der serbischen Aktivisten, die friedlich protestierten, absehen werden. Vučić sagte, dass die serbischen Aktivisten Garantien von der EU und den Nato-geführten Kfor-Truppen zu ihren Bedingungen erhalten hätten.

Nordkosovo abriegeln

Allerdings zitierte er auch einen Brief, der ihm zufolge von den Aktivisten auf den Barrikaden verfasst worden war. Darin heißt es: "Wenn die Verhaftungen andauern, der anhaltende Terror gegen das serbische Volk anhält, werden wir den Norden des Kosovo für immer von Prishtinas diskriminierenden Institutionen abriegeln." (Adelheid Wölfl, 29.12.2022)