Michael Wimmer setzt sich auf den Schleudersitz in Favoriten.

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Der neue Trainer der Wiener Austria heißt Michael Wimmer. Und dieser Michael Wimmer, das ist wenige Minuten nach seinem Antritt am Dienstag in der Generali-Arena klar, wird das Wesen von Pressekonferenzen nicht revolutionieren. "Ich stehe für einen frechen, zielstrebigen Fußball mit hoher Intensität", sagt der 42-jährige Deutsche. "Als Trainer ist mir der Umgang mit Menschen sehr wichtig", sagt er auch. Und: "Generell geht es mir darum, dass die Jungs unbekümmert Fußball spielen." Zumindest verbal betritt der Mann kein Neuland.

Als Fußballer war Wimmer keine große Nummer, er kickte in den Niederungen des bayrischen Fußballs für den FC Dingolfing und den FC Ismaning. Egal, spätestens seit José Mourinho und Julian Nagelsmann weiß man, dass ein guter Coach keine Vorgeschichte als Dribblanski benötigt. Als Trainer hat sich Wimmer seine Sporen im Jugendbereich des 1. FC Nürnberg verdient. Anschließend war er beim FC Augsburg und beim VfB Stuttgart als Co-Trainer tätig, ehe er im Herbst des vergangenen Jahres beim VfB als Interimslösung zum Cheftrainer aufstieg. Seine Bilanz war mit vier Siegen und drei Niederlagen ansprechend.

Vertrag bis 2025

Im Grunde ging alles sehr schnell. Den Erstkontakt zwischen Austria und Wimmer gab es kurz vor Weihnachten, noch vor Neujahr war alles unter Dach und Fach. Der Vertrag läuft bis Juni 2025. Falls der am Rande der Insolvenz wandelnde Verein dann noch existiert. Und das ist alles andere als gesichert. Was führt einen ambitionierten Trainer also an den Verteilerkreis? Vereinsliebe kann es nicht sein, was dann? "Ich habe Megabock auf das Projekt", sagt der Nachfolger von Manfred Schmid. Es sei die Lust an der Aufgabe. Wohlgemerkt im Sinne von Arbeitsauftrag, nicht Kapitulation.

Anfang Dezember wurde der von den Anhängern verehrte Schmid abserviert. Seither heißt es, man wolle "keine Schmutzwäsche waschen". Dies kommt, auch wenn Details fehlen, einem Waschen von Schmutzwäsche gleich. Sanfter Waschgang, aber dennoch. "Wir wissen, dass das eine unpopuläre Entscheidung war", betont Sportdirektor Manuel Ortlechner. Die Reaktionen seien heftig gewesen, das müsse man schlucken können. Nun aber habe man den richtigen Mann gefunden: "Michael Wimmer passt genau in unser Anforderungsprofil. Er will einen Fußball spielen, der intensiv, mutig, dynamisch und zielstrebig ist."

Mit fortdauernder Pressekonferenz beschleicht einen das Gefühl, dass nicht nur die Jobs von Anwälten und Buchhaltern durch das Aufkommen künstlicher Intelligenz gefährdet sein könnten. "Ich bin von dem Kader überzeugt", sagt Wimmer. Sinn und Zweck des Spiels seien die Tore. "Wir haben einen spannenden Kader", sagt Ortlechner. Größter gemeinsamer Nenner von Trainer und Sportdirektor: Man will Spieler entwickeln, Erfolge feiern. Man will zeigen, dass die Austria nach wie vor für einen technisch gepflegten Fußball steht.

Der Unmut der violetten Fans hat sich indes nicht gelegt. Abos und Mitgliedschaften wurden nach der Trennung von Schmid zu Hunderten gekündigt. Es wird kein leichtes Unterfangen, das Vertrauen der Anhänger im Frühjahr zurückzugewinnen. "Ich möchte jedem Fan ein bisschen die Angst nehmen. Wir wollen unsere eigene Identität finden, nicht Red Bull Salzburg oder den LASK kopieren", sagt Ortlechner. Investor Jürgen Werner steht derweil im Hintergrund und nickt zustimmend. In den kommenden Wochen soll Werner als Sportvorstand vom Aufsichtsrat abgesegnet werden. Neuverpflichtungen sind in der Winterpause kein Thema. Im Gegenteil, der geliehene und glücklose Innenverteidiger Billy Koumetio kehrt zu Liverpool zurück.

Erstes Training

Schon am Dienstag leitete Wimmer das Mannschaftstraining. Nicht mehr dabei ist der bisherige Co-Trainer Cem Sekerlioglu, er hat ebenfalls den Weisel bekommen und wurde durch den 46-jährigen Türken Ahmet Koc ersetzt. Die Saison startet am 12. Februar mit einem Heimspiel gegen Austria Klagenfurt. Es ist die richtungsweisende Partie des Siebenten gegen den Sechsten. Wimmer sagt, was jeder Trainer sagen würde, was jeder Trainer sagen muss: "Wir wollen gewinnen." (Philip Bauer, 3.1.2022)