Teile von Baiae versanken durch vulkanische Aktivität im Golf von Neapel und können heute per Tauchgang erkundet werden.

Foto: ANDREAS SOLARO

Vor 2.000 Jahren war Baiae das, was man heute wohl als Luxusresort bezeichnen würde. Die Reichen und Mächtigen tummelten sich hier, und angeblich sollen Mark Anton, Cicero und Julius Cäsar die Spas in den luxuriösen Villen genossen haben. Hauptattraktion waren aber die Thermalbäder mit ihren mosaikgefliesten Pools. Über die Jahrhunderte sackte das Las Vegas des alten Rom durch vulkanische Aktivität rund 20 Meter ab und wurde zur Hälfte vom Golf von Neapel verschluckt.

Heute ist Baiae einer der wenigen archäologischen Parks weltweit, die unter Wasser liegen. Rund 177 Hektar ist die versunkene Vergnügungsstadt groß und zu weiten Teilen noch hervorragend erhalten. Deshalb zieht der beliebteste Tourismus-Hotspot der Antike auch heute wieder Gäste an. Hobbytaucher können die untergegangenen Häuser und Thermalbäder erkunden.

Unterwassernetzwerk für Sensordaten

Als geschütztes Meeresgebiet muss der Standort permanent auf Schäden durch Taucher und Umweltfaktoren überwacht werden. Allerdings, erklärt Barbara Davidde, Italiens nationale Superintendentin für Unterwasser-Kulturerbe, "ist die Kommunikation unter Wasser eine Herausforderung."

Baiae ist vor allem für die Mosaike in den Thermalbecken bekannt.
Foto: ANDREAS SOLARO

Verkabelte Systeme arbeiten naturgemäß am zuverlässigsten, sind aber schwierig in der Handhabung und können in der archäologischen Stätte nur begrenzt eingesetzt werden. Drahtloses Internet funktioniert im Wasser nur sehr eingeschränkt, weil das Wasser die elektromagnetischen Wellen stört. Optische Wellen haben sich ebenfalls als wenig hilfreich erwiesen, weil Licht kaum effizient zur drahtlosen Unterwasserkommunikation eingesetzt werden kann. Wassertemperatur, Seegang und Salzgehalt stören die Verbindung zwischen den Geräten.

Also tat sich Davidde mit einer Gruppe von Ingenieuren zusammen, angeführt von Chiara Petrioli, Professorin an der Sapienza-Universität und Chefin von WSense, einem Start-up, das sich auf Unterwasserüberwachungs- und Kommunikationssysteme spezialisiert hat, berichtet "MIT Technology Review".

Ein Unterwassermodem von WSense.
Foto: WSense

Das Team von Petrioli hat ein Netzwerk aus akustischen Modems und drahtlosen Unterwassersensoren entwickelt, die in der Lage sind, Umweltdaten zu sammeln und sie in Echtzeit an Land zu übertragen. "Wir können den Standort jetzt jederzeit aus der Ferne überwachen", sagt Davidde.

Künstliche Intelligenz passt Datenübertragung ständig an

Eine künstliche Intelligenz ändert dabei ständig die Verbindungen im Netzwerk: Ändern sich die Meeresbedingungen, passt das System den Informationsweg von einem Knoten zum nächsten an. Auf diese Art kann das "Unterwasser-Wi-Fi" bis zu zwei Kilometer weit übertragen werden. Das System kann Daten mit einem Kilobit pro Sekunde zwischen Sendern senden, die einen Kilometer voneinander entfernt sind, und erreicht über kürzere Entfernungen mehrere zehn Megabit pro Sekunde, erklärt Petrioli.

Das mag vor allem auf längere Distanzen nach nicht viel klingen, aber die Bandbreite reicht aus, um Umweltdaten zu übertragen, die von am Meeresboden verankerten Sensoren gesammelt werden. Auch die Übertragung von Bildern von unterhalb der Meeresoberfläche ist damit möglich. Außerdem werden noch Messwerte von Wasserqualität, Druck, Lärm, Strömungen, Gezeiten und Temperatur überwacht.

Bei Baiae ermöglicht das Unterwasser-Internet die Fernüberwachung von Umgebungsbedingungen wie pH-Wert und Kohlendioxidgehalt. Sind diese Werte nicht im Idealbereich, können sie das Wachstum von Mikroorganismen beeinflussen, die wiederum die Artefakte zerstören könnten.

Augmented Reality für die Gäste

Das System ermöglicht es, auch direkt mit den Tauchern zu kommunizieren und deren Standort zu erfassen – für ein geschütztes Meeresgebiet mit 16.000 Besuchern jährlich unerlässlich, um die Besucherströme zu lenken.

Als nächsten Schritt wollen die Verantwortlichen ihr Unterwasser-WLAN in den kommenden Monaten den Gästen zugänglich machen. Während sie durch die 2.000 Jahre alte Vergnügungsstadt schwimmen, sollen ihnen Tablets per Augmented Reality 3D-Rekonstruktionen der Badeanlagen zeigen. (red, 4.1.2023)