Der von Zaha Hadid konzipierte Sprungturm am Bergisel ist ein Wahrzeichen Innsbrucks. Ein Wahrzeichen für österreichische Erfolge ist er schon länger nicht mehr.

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Blick auf die Bergiselschanze und Innsbruck.

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Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Aber es ist Andreas Widhölzl zu verzeihen, wenn er sich, zu seinen Empfindungen angesichts seiner Heimschanze befragt, in seliger Erinnerung ein wenig vergaloppiert hat. "Mir persönlich wird der Bergisel immer in Erinnerung bleiben, weil ich hier bei der Tournee der erste Tiroler war, der gewinnen konnte. Seit Andreas Hofer, wenn man so will", sagte also der Chefcoach der österreichischen Skispringer, die sich am Mittwoch, (13.30 Uhr, ORF 1) im Heimspiel ob Innsbruck um den ersten Podestplatz im Rahmen der 71. Vierschanzentournee bemühen.

Heikle Sprengung

Als Widhölzl am Bergisel siegte – drei Tage nach der Jahrtausendwende auf dem Weg zu seinem Tourneesieg –, war das Ende der anlässlich der Olympischen Spiele 1964 und 1976 um- und ausgebauten Schanze von 1933 längst beschlossene Sache. Schon 1999 hatte der internationale Skiverband Fis mit dem Entzug der Sprungtauglichkeit aus Sicherheitsgründen gedroht – die alte Anlage war der Weitenjagd im V-Stil nicht mehr gewachsen.

Sieben Architekturbüros wurden zum Wettbewerb für den Neubau geladen, die Jury entschied für den Entwurf der Stararchitektin Zaha Hadid. Im März 2001 begannen die Bauarbeiten samt heikler Sprengung des alten Schanzenturms in unmittelbarer Nähe der Brennerautobahn.

Traumblick

Hadids mit dem Staatspreis für Architektur ausgezeichnete Anlage wurde um moderate zwölf Millionen Euro realisiert. Am 4. Jänner 2002 feierte der Deutsche Sven Hannawald auf seinem Weg zum allerersten Grand Slam aus vier Erfolgen bei ein und derselben Tournee den ersten Sieg auf dem neuen Bakken mit der umwerfenden Aussicht.

Weshalb die Feier eines 20-Jahre-Jubiläums, die am Dienstagabend am Fuß des 50 Meter hohen, von einem Café gekrönten Sprungturms mit allerlei Prominenz aus Sport, Kultur und Politik zelebriert wurde, ein wenig schräg wirkte. Die Unschärfe bleibt auch angesichts der Tatsache, dass die als neues Wahrzeichen der Stadt geltende Anlage nach eineinhalbjähriger Bauzeit erst am 14. September 2002, also mehr als neun Monate nach dem ersten großen Springen, offiziell eröffnet worden war.

Toni Innauer erklärt die Besonderheiten der Bergiselschanze.



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Den Humor von Christoph und Lollo, die ebenfalls am Dienstagabend im Treibhaus zu Innsbruck ihre Schispringerlieder zum Besten gaben, hat die verspätete Festivität sicher getroffen.

Weniger spaßig ist die sportliche Aussicht auf das mittwöchige Springen. Der letzte Sieg eines Österreichers in Innsbruck liegt immerhin schon zehn Jahre zurück. Gregor Schlierenzauer beschloss 2013 eine Serie von fünf Heimtriumphen, die Wolfgang Loitzl 2009 begonnen hatte. Der gewann nach einem Innsbruck-Sieg die Tournee ebenso wie Thomas Morgenstern 2011 und Schlierenzauer 2013.

Traumserie

Auf Schlierenzauers ersten Bergisel-Triumph folgte 2010 der Tourneesieg von Andreas Kofler, 2012 verhielt es sich genau umgekehrt. Ohne Erfolg in Innsbruck gewannen noch Thomas Diethart 2014 und Stefan Kraft 2015 die Tournee – seither schaut der Österreichische Skiverband (ÖSV) beim alljährlich vierteiligen Hochamt der Skispringerei quasi durch die Röhre. Lediglich Kraft 2017 in Oberstdorf und Daniel Huber im Vorjahr in Bischofshofen kamen noch zu Tournee-Tagessiegen.

Auch die Qualifikation vor der dienstägigen Festivität ließ nicht auf einen Innsbrucker Jubiläumssieg zehn Jahre nach Schlierenzauer schließen. Zwar zeigte sich Kraft mit Rang sechs gleichauf mit Jan Hörl von seinem Pech in Garmisch-Partenkirchen erholt, die absolute Spitze, die diesmal Dawid Kubacki verkörperte, ist aber ein gutes Stück weit weg. Nach seinem Flug auf 128 Meter muss der polnische Weltcup-Führende eigentlich nur auffrischenden Wind fürchten, der für Mittwoch angesagt ist. Schon im Vorjahr hatte Föhn ein Springen am Bergisel verhindert. Es wäre auch schon das 21. auf der neuen Schanze gewesen. (Sigi Lützow, 4.1.2023)

Ergebnisse der Qualifikation für den dritten Bewerb der Vierschanzentournee in Innsbruck

1. Dawid Kubacki (POL) 126,8 Punkte/126 Meter
2. Kamil Stoch (POL) 122,8/126
3. Anze Lanisek (SLO) 116,1/121
4. Marius Lindvik (NOR) 114,1/122,5
5. Johann Andre Forfang (NOR) 113,6/122
6. Stefan Kraft (AUT) 113,4/121 und Jan Hörl (AUT) 113,4/123

Weiters:

10. Michael Hayböck 107,9/120,5
12. Daniel Tschofenig 105,5/118,5
14. Manuel Fettner 104,6/118
33. Clemens Leitner 94,8/114
44. Philipp Aschenwald 88,6/110

Die K.-o.-Duelle der Österreicher im ersten Durchgang am Mittwoch (13.30 Uhr):

Clemens Leitner – Ziga Jelar (SLO)
Manuel Fettner – Fatih Arda Ipcioglu (TUR)
Daniel Tschofenig – Ren Nikaido (JPN)
Michael Hayböck – Constantin Schmid (GER)
Philipp Aschenwald – Jan Hörl
Stefan Kraft – Pius Paschke (GER)