Die steigenden Zinsen, die Inflation, die verschärften Kreditvergaberegeln ab August 2022 haben den heimischen Immobilienmarkt stark verändert.

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2023 wird ein spannendes Jahr am Immobilienmarkt, so viel ist sicher. Denn der zuletzt gesehene stetige, während der Corona-Pandemie zu einem wahren Preissprung angewachsene Aufwärtstrend bei den Preisen neigt sich nun dem Ende zu. Es dürfte vielmehr sogar wieder nach unten gehen, das lassen jedenfalls die vom Maklernetzwerk Remax alljährlich im Kreis der eigenen Maklerinnen und Makler durchgeführten Befragungen für den Remax Real Estate Future Index (RREFIX) erwarten.

Preisprognose für 2023: Minus 6,8 Prozent

Die Nachfrage dürfte demnach heuer über sämtliche Segmente des Immobilienmarkts betrachtet sogar zweistellig zurückgehen, nämlich um 11,2 Prozent, erläuterte Anton Nenning, Managing Director bei Remax Österreich, die jüngsten Erkenntnisse. Das Angebot sollte hingegen um 7,6 Prozent zulegen, was auf einen Preisrückgang von 6,8 Prozent im Jahr 2023 hinauslaufen dürfte.

Die Nachfrage werde damit so stark sinken wie noch nie seit dem Start des hauseigenen Indizes vor mittlerweile 13 Jahren, sagte Nenning. "Das sind schon erhebliche Trendwendungen, aber noch lange kein Fall für den Notarzt." Denn zunächst würden damit bloß die 2022 erzielten Wertsteigerungen wieder "aufgefressen" werden: 2022 war es noch um 7,1 Prozent nach oben gegangen, "2023 werden die Preise wieder auf dem Niveau von 2021 sein".

Auch Einfamilienhäuser werden billiger

Bei Einfamilienhäusern wird erwartet, dass das Angebot um 6,8 Prozent steigt, die Nachfrage aber um 8,4 Prozent sinkt – und die Preise um 6,2 Prozent nach unten gehen werden. Generell sei der leichte Trend der Stadtflucht, der in der Pandemie kurz aufgekommen war, vorbei, sagte Nenning. "Die Devise lautet wieder: zurück in die Stadt." Damit gehe auch ein Boom bei Mietwohnungen einher – eine Folge der im August 2022 verschärften Kreditvergaberegeln.

Genau deshalb wird auch bei Eigentumswohnungen heuer ein preisliches Minus erwartet, das aber mit 6,0 Prozent nicht ganz so hoch ausfallen dürfte wie bei den Einfamilienhäusern. Doch die Nachfrage wird auch hier zurückgehen, davon gehen die rund 600 Remax-Maklerinnen und -Makler aus. Das Angebot hingegen dürfte um 6,5 Prozent steigen. Im mittleren Segment sollte es laut RREFIX am stärksten wachsen, im obersten Segment am geringfügigsten. Und die Nachfrage nach Eigentumswohnungen dürfte vor allem im oberen und im mittleren Preissegment stark (um 9,5 bzw. 9,9 Prozent), im unteren Preissegment in geringerem Ausmaß zurückgehen (4,6 Prozent). "Das mittlere Preissegment ist am stärksten in der Veränderung", erklärte Nenning.

Bei Baugrundstücken werden noch die geringsten Veränderungen erwartet, hier sollten auch die Preise nochmals leicht zulegen (0,4 Prozent), obwohl auch hier ein stärkerer Nachfragerückgang erwartet wird (4,8 Prozent).

Baugrundstücke, Mietwohnungen in zentraler Lage sowie Mietwohnungen am Stadtrand, das sind auch die einzigen Teilsegmente des RREFIX, in denen man bei Remax für 2023 noch leichte Preissteigerungen sieht. Alle anderen Segmente (von insgesamt 17), insbesondere jene der Gewerbeimmobilien, haben bei den Preiserwartungen ein Minus davor.

In allen Bundesländern wird es günstiger

Preisrückgänge dürfte es somit auch in sämtlichen neun Bundesländern geben, wie Remax-Österreich-Chef Bernhard Reikersdorfer erläuterte. Auch bei Einfamilienhäusern sollte es überall bergab gehen, am geringfügigsten in Wien (4,7 Prozent), am stärksten in Vorarlberg (11,7 Prozent).

Die Preise sollten sich heuer also auf dem 2021er-Niveau einpendeln. Was die Transaktionen betrifft, so gab es bereits 2022 einen Rückgang auf 145.000 österreichweit. Und auch der Wert der verkauften Immobilien dürfte nach vorläufigen Zahlen 2022 schon wieder leicht geschrumpft sein, von 43,1 Milliarden Euro (2021) auf rund 42 Milliarden Euro. Genauere Zahlen will Remax im März präsentieren.

Der Markt änderte sich fundamental

Alles in allem war 2022 damit "ein noch immer sehr gutes Jahr", wie Reikersdorfer resümierte. "Im ersten Halbjahr war das Angebot noch sehr knapp, die Preise stiegen auf ein historisches Hoch." Eigentumswohnungen wurden nochmals um 9,6 Prozent teurer, verglichen mit dem ersten Halbjahr 2021. Bei Einfamilienhäusern war der Preissprung mit 13,1 Prozent sogar nochmals zweistellig. "Speziell der Einfamilienhausmarkt hatte mit einem massiv knappen Angebot zu kämpfen."

Doch dann kamen die Herausforderungen im zweiten Halbjahr: die steigenden Zinsen, die Inflation, die verschärften Kreditvergaberegeln ab August. Die Nachfrage ging schlagartig zurück, das Angebot hingegen stieg. Der Markt hatte sich fundamental geändert. "'Neuer Preis / Preisreduktion', das hat man vorher nur sehr selten gelesen."

Derzeit sind österreichweit 135.800 Immobilien, über alle Kategorien betrachtet, online am Markt – ein signifikanter Anstieg zum Vorjahr (97.600) von rund 39 Prozent. Im Bereich der Wohnimmobilien sind es derzeit 91.000 Angebote, im Vergleich zu vor einem Jahr (66.600) ein Plus von 36,6 Prozent. "Diese Steigerungen sind im Wesentlichen auf das zweite Halbjahr zurückzuführen", sagte Reikersdorfer. Es kommen also mehr Immobilien auf den Markt, "aber auch die längere Verwertungsdauer wirkt sich hier aus". Diese Kombination führte bereits Ende 2022 zu einem Abflachen der Preiskurve.

2022 war noch ein Rekordjahr für Remax

Für Remax wurde 2022 aber trotz aller Herausforderungen noch zum "mit Abstand erfolgreichsten Jahr in der Firmengeschichte". Der Honorarumsatz konnte um 9,75 Prozent gesteigert werden, 11.000 Transaktionsseiten hat man getätigt, das waren um 4,1 Prozent mehr als 2021, und das Volumen der gehandelten Immobilien belief sich auf 2,5 Milliarden Euro, was einem Plus von 9,5 Prozent entspricht.

Rund tausendmal kam bei Transaktionen auch das "Digitale Angebotsverfahren" (DAVE) zum Einsatz, das Remax seit vier Jahren verwendet. Das damals ausgegebene Ziel, jede fünfte Wohnimmobilientransaktion damit abzuwickeln, wurde laut Reikersdorfer immerhin "fast, aber nicht ganz" erreicht. Die Marktentwicklung spiele hier natürlich eine große Rolle, im zweiten Halbjahr 2022 war es schon schwierig, ausreichend viele Interessenten für einen Deal zu finden. Das Tool werde gerade "an die neuen Marktgegebenheiten angepasst".

Anpassung der KIM-VO erwartet

Apropos: Mit einer Anpassung vulgo Erleichterung der strengen Kreditvergaberegeln ("KIM-VO") rechnet Reikersdorfer "spätestens mit Ende des ersten Quartals". Dann sollten also seiner Erwartung zufolge zumindest die bisher nicht erlaubten Zwischenfinanzierungen berücksichtigt werden können. Aber fix ist das freilich noch nicht. (Martin Putschögl, 4.1.2023)