Laut Aktivisten versammelten sich Protestierende vor einem Gefängnis nahe der Hauptstadt Teheran (Symbolbild).

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Teheran – Im Iran hat die Justiz drei weitere Todesurteile im Zusammenhang mit den systemkritischen Protesten gesprochen. Wie das Justizportal Misan am Montag mitteilte, wird den Verurteilten zur Last gelegt, im November drei Sicherheitsbeamte in der Millionenstadt Isfahan im Zentraliran getötet zu haben. Gegen die Urteile kann noch Berufung eingelegt werden. Österreich, Deutschland, Frankreich, Dänemark und Norwegen zitierten die iranischen Botschafter in ihren Ländern in die Außenministerien.

In dem Prozess wurden zudem gegen fünf weitere Männer Haftstrafen verhängt, unter ihnen der Ex-Fußballprofi Amir Nasr-Asadani. Nasr-Asadani wurde in drei Anklagepunkten zu insgesamt 26 Jahren Gefängnis verurteilt. Ein weiterer Mann wurde demnach freigesprochen.

Medien: Zwei Exekutionen unmittelbar bevorstehend

Zuvor hatten zahlreiche Menschen gegen die bevorstehende Hinrichtung zweier junger Demonstranten protestiert. Prominente Aktivisten und Nutzer sozialer Medien berichteten in der Nacht auf Montag von Menschenmengen, die sich vor einem Gefängnis nahe der Hauptstadt Teheran versammelten. Auch Angehörige eilten demnach zur berüchtigten Gohardasht-Haftanstalt in Karaj, um gegen die Hinrichtung der beiden Verurteilten Mohammed G. und Mohammed B. zu demonstrieren.

Nutzer in Online-Medien hatten vorher gemeldet, dass deren Exekution unmittelbar bevorsteht. Nach Recherchen der "New York Times" ist Mohammed G. 19 Jahre alt. Er wurde in Karaj festgenommen. Die iranische Justiz hatte ihn zum Tode verurteilt, weil er ein Regierungsgebäude in Brand gesteckt und einen Sicherheitsbeamten verletzt haben soll. Mohammed B. (22) ist Friseur und wurde in Teheran kurz nach Ausbruch der Proteste Ende September festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, einen Polizisten überfahren zu haben.

Bereits am Samstag hatte der Iran zwei junge Männer erhängt. Mohammed-Mehdi K. (22) und Seyed-Mohammed H. (39) wurden für den Tod eines Sicherheitsbeamten bei Protesten im November verantwortlich gemacht. Im Zusammenhang mit den systemkritischen Demonstrationen waren auch im Dezember Todesurteile gegen zwei Männer vollstreckt worden.

Iranische Botschafter müssen sich erklären

Österreich, Deutschland, Frankreich, Dänemark und Norwegen zitierten die iranischen Botschafter in ihren Ländern in die Außenministerien. "Ich verurteile aufs Schärfste die Hinrichtung von #MohammadMehdiKarami & Seyyed #MohammadHosseini , die im Zusammenhang mit Protesten in #Iran festgenommen wurden. Der iranische Botschafter wurde heute vorgeladen. Österreich lehnt die Todesstrafe unter allen Umständen ab & setzt sich weltweit nachdrücklich für ihre Abschaffung ein", schrieb Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) auf Twitter.

Das iranische Regime setze "auf die Todesstrafe als Mittel der Unterdrückung. Das ist entsetzlich", twitterte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, dem iranischen Botschafter solle unmissverständlich klargemacht werden, "dass die brutale Repression, die Unterdrückung und die Terrorisierung der eigenen Bevölkerung sowie die jüngsten beiden Hinrichtungen nicht ohne Folge bleiben".

Dem Botschafter sei erklärt worden, dass Frankreich die Hinrichtungen und Repressionen im Iran aufs Schärfste verurteilt, teilte das Außenministerium in Paris am Montag mit. Zu den Todesurteilen und Hinrichtungen kämen weitere schwere und inakzeptable Verletzungen der Grundrechte und -freiheiten durch die iranischen Behörden hinzu. All dies sei keine Antwort auf die legitimen Freiheitsbestrebungen des iranischen Volkes. "Diese Hinrichtungen sind empörend", sagte Außenministerin Catherine Colonna. Frankreich lehne die Todesstrafe an jedem Ort und unter allen Umständen ab.

Rafsanjani-Tochter zu fünf Jahren Haft verurteilt

Die Tochter des früheren iranischen Präsidenten Akbar Hashemi Rafsanjani ist indes im Iran wegen "Propaganda" gegen die Islamische Republik und Vergehen gegen die nationale Sicherheit zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Dies teilte am Montag ihre Anwältin Neda Shams der Nachrichtenagentur AFP mit. Shams kündigte zugleich an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.

Faeseh Hashemi Rafsanjani war Ende September in der Hauptstadt Teheran festgenommen worden. Ihr wurde vorgeworfen, zur Teilnahme an den regierungskritischen Protesten aufgerufen zu haben. Die Frauenrechtlerin und frühere Abgeordnete Faeseh Hashemi Rafsanjani war bereits zuvor mehrfach ins Visier der iranischen Justiz geraten. Ihr Vater war von 1989 bis 1997 Präsident. Akbar Hashemi Rafsanjani galt als gemäßigt und setzte sich für eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen ein. Er starb im Jahr 2017.

Nach drei Wochen in Haft ist indes der Anwalt von zwei iranischen Journalistinnen, die wegen ihrer kritischen Berichte im Gefängnis sitzen, Medienberichten zufolge wieder frei. Der Anwalt Mohammed Ali Qamfirusi sei nach der Zahlung einer Kaution aus einem Gefängnis südlich der Hauptstadt Teheran entlassen worden, berichteten die iranische Nachrichtenagentur Ilna und die Zeitung "Shargh" am Montag. Iranische Medien hatten am 17. Dezember Qamfirusis Festnahme vermeldet, über die Vorwürfe gegen ihn wurde aber nichts bekannt.

ISW: Demos in 17 Städten

Bereits am Samstag hatte der Iran zwei junge Männer erhängt. Mohammed-Mehdi K. (22) und Seyed-Mohammed H. (39) wurden für den Tod eines Sicherheitsbeamten bei Protesten im November verantwortlich gemacht. Im Zusammenhang mit den systemkritischen Demonstrationen waren auch im Dezember Todesurteile gegen zwei Männer vollstreckt worden.

Die in Washington ansässige Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) berichtet indes, dass die regimekritischen Demonstrationen am Sonntag die größten seit mehr als einem Monat gewesen seien. Demnach gingen Iranerinnen und Iraner in mindestens 17 Städten auf die Straßen, um anlässlich des dritten Jahrestags des Abschusses einer ukrainischen Passagiermaschine durch Irans Revolutionsgarden (IRGC) zu protestieren.

"Menschlicher Fehler"

Bei dem Abschuss inmitten militärischer Spannungen mit den USA waren alle 176 Insassen gestorben. In einem Abschlussbericht sprach der Iran von einem "menschlichen Fehler" und erklärte sich bereit, Schadenersatz zu zahlen. Angehörige sind bis heute der Meinung, dass die Verantwortlichen nicht ausreichend zur Rechenschaft gezogen wurden.

Auslöser der landesweiten Proteste im Iran war der Tod von Mahsa Amini am 16. September 2022 in Polizeigewahrsam. Die iranische Kurdin war von der sogenannten Sittenpolizei wegen Verstoßes gegen die im Iran geltenden islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden. (APA, red, 9.1.2023)