Alexander Lukaschenko, hier bei einem Treffen mit Wladimir Putin Ende Dezember, hat das Gesetz bereits am 3. Jänner unterzeichnet.

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Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat neben Sanktionen gegen den russischen Staat und Personen aus dem Umfeld des Kreml auch zu Strafmaßnahmen gegen Belarus geführt. Der nördliche Nachbar der Ukraine befindet sich in einer "Staatenunion" mit Russland, ist aber nicht direkt an der Invasion beteiligt. Allerdings wird der Angriff logistisch unterstützt, und das russische Heer verwendet das Territorium für das Abfeuern von Raketen und nutzte es im Frühjahr 2022 auch als Aufmarschgebiet für den Vorstoß in Richtung Kiew.

Als Konsequenz der Sanktionen und des Rückzugs einiger Unternehmen sind auch verschiedene Softwareprodukte sowie zahlreiche Musik- und Filmwerke nicht mehr legal in Belarus erhältlich. Deshalb behilft man sich nun mit der De-facto-Legalisierung von Piraterie.

Geld für Rechteinhaber – theoretisch

Am 20. und 21. Dezember passierte ein entsprechendes Gesetz die beiden Kammern des Parlaments. Es sieht vor, dass Software sowie "audiovisuelle Produktionen" aus "unfreundlichen Ländern" künftig straffrei und ohne Zustimmung des Rechteinhabers verwendet werden können, selbst wenn diese nicht offiziell verkauft oder lizenziert werden. Diktator Alexander Lukaschenko unterzeichnete die Vorlage am 3. Jänner, seitdem ist sie gültiges Gesetz und wirksam bis 31. Jänner 2024. Als "unfreundliche Staaten" werden Länder bezeichnet, die Sanktionen gegen Belarus erlassen haben.

Das bedeutet allerdings nicht, dass die Verwendung der Inhalte und Programme deswegen kostenfrei ist. Stattdessen sollen Nutzer Zahlungen an die nationale Patentbehörde abführen. Diese soll als eine Art Treuhänder fungieren. Rechteinhabern wird drei Jahre Zeit eingeräumt, das Geld einzufordern. Nach Ablauf der Frist wird es ins Budget des Staates überführt.

Ob diese Kompensation tatsächlich in Anspruch genommen und funktionieren wird, steht in Zweifel. Zudem ist unklar, wie viel die Lizenzinhaber überhaupt erhalten können. Denn der Preis der jeweiligen Produkte wird vom Repräsentantenhaus von Belarus festgelegt. Welche Kriterien dabei herangezogen werden und ob dazu auch der Marktpreis in anderen Ländern gehört, ist unklar.

Haken

Zudem gibt es weitere Haken. Denn der Patentbehörde wird das Recht eingeräumt, für ihre Tätigkeit als Treuhänder bis zu 20 Prozent des Betrags einzubehalten. Zudem nutzt die Behörde Konten bei der Belarusbank. Diese befindet sich fast vollständig in Staatsbesitz und ist ebenfalls von Sanktionen betroffen.

Torrentfreak hat im Gesetzestext auch die Erlaubnis unlizenzierter Parallelimporte zur "Sicherung der wirtschaftlichen Stabilität" sowie "Vermeidung oder Reduktion kritischer Versorgungsengpässe am Markt für Nahrungsmittel oder anderer Produkte" entdeckt. Sofern es im Rahmen solcher Einfuhren zu Verstößen gegen das Urheberrecht kommt, wird über diese ebenfalls hinweggesehen. Das gilt in diesen Fällen für alle Einfuhren und nicht nur für jene aus "unfreundlichen Staaten". (gpi, 9.1.2023)