Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und der in der Causa Prikraf mitangeklagte Privatklinikbetreiber Walter Grubmüller (li.) wurden am Wiener Straflandesgericht freigesprochen.

Foto: Apa/ Eva Manhart

Ein nächster juristischer Erfolg für den über das Ibiza-Video gestolperten Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache: Er und Privatklinikbetreiber Walter Grubmüller sind am Dienstag am Wiener Straflandesgericht in der Neuauflage des sogenannten Prikraf-Prozesses freigesprochen worden. In dem Verfahren ist es um einen vermuteten Gesetzeskauf gegangen. Der Vorwurf lautete, dass Grubmüller der FPÖ 12.000 Euro gespendet haben soll, damit sich Strache für die Aufnahme von Grubmüllers Klinik in den Prikraf, den Privatkliniken-Finanzierungsfonds, starkmacht. Ein Initiativantrag im Parlament soll laut der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) die Gegenleistung für diese finanziellen Spenden gewesen sein. Im ersten Verfahren wurden Strache und Grubmüller schuldig gesprochen, in der Instanz wurde jedoch eine Neuauflage verfügt.

Und dieses Mal sah das Gericht keinen Beweis für Korruption. Es sei auch nicht erwiesen, dass Strache von der Spende vor dem Initiativantrag überhaupt gewusst habe.

"Massengeschäft" Anträge

Derlei Anträge seien ein "Massengeschäft", würdigte die Richterin Berichte von Zeuginnen und Zeugen über die Praxis im Nationalrat. Das Gericht betonte außerdem, dass es sich hier keineswegs um einen Freispruch im Zweifel handle, "sondern im Großen und Ganzen, weil der Tatbestand nicht erfüllt ist". Die von der WKStA vorgelegten Beweise würden "bei weitem nicht ausreichen". Wäre dies der Fall gewesen, hätte die Richterin "ohne mit der Wimper zu zucken" die beiden Angeklagten auch verurteilt.

VIDEO – Heinz-Christian Straches erste Reaktion: "Ich nehme den Freispruch heute mit einem lachenden und einem weinenden Auge dankbar entgegen"
DER STANDARD

Die Staatsanwaltschaft, die nach dem Urteilsspruch keine Erklärung abgab, hat nun drei Tage Bedenkzeit, um Rechtsmittel einzulegen. In seinem Schlussplädoyer räumte der Vertreter der WKStA ein, dass es kein "todsicheres Beweismittel" für eine mögliche Vorteilsannahme durch Strache für den Initiativantrag gebe – dies sei aber das Wesen bei korruptem Verhalten, werden doch so gut wie nie Verträge abgeschlossen. Der Initiativantrag der FPÖ sei ein "politisches Zeichen" an Grubmüller gewesen, dass man sich um dessen Anliegen kümmere. Die Anklagebehörde beantragte abermals Schuldsprüche in der Causa wegen Vorteilsannahme. Freisprüche forderten die Verteidiger beider Angeklagten. "Diese Zusammenhänge zwischen Spende und Tätigwerden des Herrn Strache, die gibt es nicht", sagte Grubmüllers Anwalt.

Beide Freigesprochenen – sie bestritten stets die Vorwürfe der Bestechlichkeit und Bestechung und bekannten sich daher auch nicht schuldig – zeigten sich nach dem Urteilsspruch sichtlich erleichtert. Strache sah den Ausgang des Prozesses "mit einem lachenden und einem weinenden Auge". Das Urteil nehme er "dankbar entgegen", es sei ein "äußerst faires und korrektes" Verfahren gewesen. Dessen Anwalt Johann Pauer sprach von einem "Verfahren, wie man es sich vorstellt, ruhig und gelassen".

Überraschende Vertagung

Im Erstverfahren waren Strache und Grubmüller im August 2021 zu bedingten Haftstrafen von 15 beziehungsweise zwölf Monaten verurteilt worden. Dagegen legten die beiden schließlich Rechtsmittel ein. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hob daraufhin das Urteil auf – unter anderem deshalb, weil entlastende Chats nicht ausreichend berücksichtigt worden waren.

Aus diesem Grund wurde der Prozess im November des Vorjahres am Wiener Landesgericht neu aufgerollt. Eigentlich hätte damals auch schon das Urteil fallen sollen – doch der Prozess wurde überraschend auf 10. Jänner vertagt. Grund dafür: Die WKStA hatte kurzfristig Beweisanträge gestellt und weitere Zeugen, unter anderem die FPÖ-Abgeordneten Erwin Angerer und Peter Wurm, geladen.

Die beiden, die den Initiativantrag zum Prikraf mitunterzeichnet hatten, wurden am Dienstag dann einvernommen. Angerer schilderte noch einmal die Praxis bei Initiativanträgen. Über Hintergründe zur besagten Initiative konnte er nicht viel sagen. Wurm konnte sich "ganz ehrlich nicht an diese spezielle Geschichte" erinnern. Er betonte, dass dies inhaltlich immer eine Forderung der Freiheitlichen gewesen sei.

Als letzter Zeuge wurde schließlich der SPÖ-Abgeordnete Christoph Matznetter befragt. Als Wirtschaftskammerfunktionär habe er die Praxis im Prikraf sonderbar und unfair gefunden, sagte er. (Sandra Schieder, 11.1.2023)