Die EU-Spitzen Charles Michel (li.) und Ursula von der Leyen (re.) mit Generalsekretär Jens Stoltenberg (Mitte) im Nato-Hauptquartier in Brüssel.

Foto: EPA / Stephanie Lecocq

Die Europäische Union und die Nato wollen ihre sicherheitspolitische und militärische Bindung intensivieren und strukturell weiter ausbauen. Die Kooperation solle qualitativ "auf eine neue Stufe gehoben werden", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag bei der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und dem ständigen Ratspräsidenten Charles Michel.

In vierzehn Punkten ist festgeschrieben, auf welchen Gebieten man gemeinsam sicherheitspolitischen Herausforderungen begegnen will. Kontext ist der "wachsende geostrategische Wettbewerb" mit Russland und China, etwas, was bereits beim Nato-Gipfel im vergangenen Jahr strategisch neu festgelegt wurde. Die Allianz wird in dem Papier, an dem Experten und Politiker mehr als ein Jahr gearbeitet haben, das wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine aber aufgeschoben und überarbeitet werden musste, als "Fundament der kollektiven Verteidigung" bezeichnet.

Die europäischen Staaten sollen ihre Armeen verstärken, aufrüsten, und miteinander kompatibel machen. Das soll vor allem in Hinblick auf die Unterstützung der US-geführten Nato passieren. Die "stärkere und fähigere europäische Verteidigung" soll das Bündnis ergänzen und mit ihr "interoperabel" sein.

Armeen verzahnen

Als die neuen Herausforderungen werden der Kampf gegen Cyberangriffe genannt wie die Gefahr von Attacken gegen kritische Infrastrukturen. Eine engere Kooperation sei im Weltraum sowie beim Kampf gegen den Klimawandel und "die Manipulation von Informationen und Einmischung aus dem Ausland" erforderlich. Das alles findet sich auch in der im Vorjahr beschlossenen erneuerten Nato-Strategie wieder.

Die EU-Nato-Erklärung ist das dritte Abkommen dieser Art zum Ausbau militärischer Kooperation von zwei Organisationen, die beide ihr Hauptquartier in der belgischen Metropole haben. Sie sind formell im Grunde strikt getrennte internationale Körperschaften, die aber über die große Mehrzahl ihrer jeweiligen Mitgliedsländer seit Jahrzehnten eine enge transatlantische Partnerschaft bilden. 21 von 30 Nato-Mitgliedern gehören auch der EU an. Mit den bald zu erwartenden Beitritten von Schweden und Finnland zur Allianz blieben dann nur noch Malta, Österreich, Zypern und Irland als bündnisfreie EU-Staaten übrig.

Mit dem Ukraine-Krieg rückt die Union wieder näher an die Schutzmacht USA heran. Noch Ende 2021 wurde beim EU-Gipfel beschlossen, die "militärische Autonomie" der EU zu stärken, in Richtung einer eigenen EU-Armee zu gehen, eine gemeinsame Militärindustrie aufzubauen. Der Krieg brachte jedoch eine "Zeitenwende".

Hilfe für die Ukraine

Von der Leyen wie Stoltenberg betonten, wie wichtig es sei, der Aggression aus Russland entgegenzustehen. Sie kündigte weitere EU-Sanktionen gegen Moskau an, aber auch gegen Belarus und den Iran – alles Staaten, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützten. Der Druck müsse verstärkt werden. Stoltenberg forderte mehr militärische Unterstützung für die Regierung in Kiew.

Dieser Krieg, der größte auf dem Kontinent seit 1945, sei "entscheidender Wendepunkt für die euroatlantische Sicherheit und Stabilität", der die "Bedeutung des transatlantischen Bandes unter Beweis stellt", heißt es in der Erklärung. (Thomas Mayer, 10.1.2023)