Bereits im vergangenen Jahr war die Zahl der Kirchenaustritte mit 72.222 relativ hoch.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Wien – Die Zahl der Kirchenaustritte in Österreich ist auf einem neuen Rekordhoch: 90.808 Personen haben 2022 die katholische Kirche verlassen, besagt die am Mittwoch veröffentlichte Kirchenstatistik. Damit haben im vergangenen Jahr mehr Menschen die Kirche verlassen als 2010 mit 85.960. Einen einzelnen ausschlaggebenden Grund für die vielen Austritte scheint es nicht zu geben. Die Zahl der Katholiken schrumpfte gegenüber dem Vorjahr von 4,83 Millionen auf 4,73 Millionen (1,96 Prozent).

Bereits im vergangenen Jahr war die Zahl der Kirchenaustritte mit 72.222 relativ hoch und stellte damals den zweithöchsten Wert nach jenem im Jahr 2010 dar, als viele Menschen nach dem Bekanntwerden von Missbrauchsfällen der Kirche den Rücken gekehrt hatten.

"Für die aktuell hohen Austrittszahlen dürfte bei vielen Menschen eine Distanz zur Kirche ausschlaggebend sein, die durch die Pandemie in den vergangenen Jahren größer geworden ist", analysierte Kathpress die aktuelle Entwicklung.

Bekenntnislose sind zweitgrößte "Religionsgemeinschaft"

Auch immer weniger Protestanten gibt es in Österreich. 2021 gab es 340.000 Evangelische (3,8 Prozent) – sowohl Lutheraner als auch Reformierte. 50 Jahre davor waren es noch 447.100. Von den orthodoxen Kirchen weiß man über die Entwicklung nicht besonders viel, fehlen bis zur Jahrtausendwende doch valide Vergleichswerte.

Seit 2001 wuchsen die Gemeinschaften von rund 180.000 auf rund 437.000 im Jahr 2021 beziehungsweise von 2,2 auf 4,9 Prozent. Die zweitgrößte Gruppe neben den Katholiken stellen in Österreich im Vergleich zur Gesamtbevölkerung aber die Bekenntnislosen dar.

Schwierig ist auch die Erfassung der Muslime in Österreich, die ja keine "Kirche" darstellen, sondern nur zum Teil über Moscheenvereine in der Islamischen Glaubensgemeinschaft erfasst sind, deren genaue Zahl kann also aktuell nur geschätzt werden. Laut der Erhebung 2021 gab es in Österreich 745.600 Musliminnen und Muslime, was 8,3 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. 1971 waren es lediglich 22.300.

Die Zahl der Juden und Jüdinnen schrumpft hingegen, was auch auf Todesfälle zurückzuführen ist: von 8.100 im Jahr 2001 auf 5.400.

Kirchenbeitragseinnahmen auf 499 Millionen Euro gestiegen

Laut Angaben aus den katholischen Diözesen sei der Trend zum Austritt im letzten Jahr durch die angespannte wirtschaftliche Gesamtlage noch verstärkt worden. Und dies, obwohl die Diözesen den Menschen etwa wegen der Corona-Pandemie bei der Einziehung des Kirchenbeitrags entgegengekommen waren.

Die katholischen Diözesen in Österreich konnten für 2021 aber leichte Steigerungen beim Kirchenbeitragsaufkommen und insgesamt fast ausgeglichene Bilanzen verzeichnen. Das geht aus der österreichweiten kirchlichen Gebarungsübersicht hervor, die ebenfalls am Mittwoch via Kathpress veröffentlicht wurde. Der Großteil der Einnahmen der Diözesen stammt aus dem Kirchenbeitrag. 2021 waren es fast 499 Millionen Euro, was etwa drei Viertel der Gesamteinnahmen entspricht.

Einnahmequellen der Kirche

2020 lagen die Kirchenbeiträge noch bei knapp 484 Millionen Euro. Für 2022 liegt noch keine Endabrechnung vor, laut Auskünften aus den Diözesen gegenüber Kathpress dürften die Einnahmen nominell zwar stabil geblieben, aber nicht mehr gestiegen sein. Zwei Drittel der Budgets sichern die kirchliche Basisstruktur und die Seelsorge. So wurden laut Rechenschaftsbericht 2021 für die Pfarren und die pastoralen Aufgaben insgesamt über 440 Millionen Euro aufgewendet, was einem Anteil von rund 66 Prozent an den Gesamtausgaben entspricht.

Wichtigste Einnahmequelle der Diözesen ist der Kirchenbeitrag mit exakt 498,8 Millionen Euro und einem Anteil von 75,1 Prozent an den Erlösen und Erträgen. Die staatlichen Leistungen zur Abgeltung von NS-Schäden machen rund 59,5 Millionen Euro und somit 8,9 Prozent an den Einnahmen aus. Die restlichen 106,3 Millionen Euro und damit 16 Prozent der Einnahmen stammen aus der Vermögensverwaltung, aus Vermietungen, Leistungen, Subventionen und sonstigen Erträgen. (APA, red, 11.1.2023)