Die Polizei ist mit einem Großaufgebot in Lützerath zur Stelle.

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Es sind Bilder voller Symbolik, die einen nicht kaltlassen. Immer näher kommen die schier übermächtigen Schaufelbagger des Energieriesen RWE an das kleine Dorf Lützerath heran. Bald, wenn alles nach Plan geht, wird davon nichts mehr übrig sein. Häuser und Ställe werden dem Erdboden gleichgemacht, damit RWE an die Braunkohle darunter kommt. Heute hat die Polizei mit der Räumung begonnen.

VIDEO: Szenen der Räumung des Dorfes Lützerath – gewaltsame Zusammenstöße zwischen Polizei und Klimaaktivisten.
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Dass dies viele Menschen aufregt, ist verständlich. Dass sie gegen den Abriss von Lützerath demonstrieren, ebenfalls. Der Mensch und das Dorf müssen für die klimaschädliche Braunkohle weichen. Dieses Sinnbild taugt gut für den Protest, und dieser ist auch wichtig, damit Deutschland nicht nachlässt bei der Energiewende. Viel zu lange hat es sich auf russisches Gas verlassen.

Und dennoch ist der Widerstand der Aktivistinnen und Aktivisten in Lützerath auch kritisch zu betrachten – dann nämlich, wenn er nicht friedlich bleibt. Gerade erst haben die Silvesterkrawalle in Berlin viele Menschen entsetzt. Einsatzkräfte der Feuerwehr und der Polizei wurden angegriffen, man merkte: Da läuft etwas aus dem Ruder. So mancher greift zu harten Mitteln, einfach um gegen den Staat Dampf abzulassen.

Proteste haben schon viel erreicht

Sollte der Protest in Lützerath etwas erreichen, dann darf es dort, in dem kleinen Ort in Nordrhein-Westfalen, nicht auch zu solchen Szenen kommen. Das muss auch die Polizei wissen. Demonstrantinnen und Demonstranten haben in Deutschland schon viel erreicht, was allerdings gerne verschwiegen wird. Wenn Lützerath abgebaggert wird, dann bleiben fünf andere Dörfer im Rheinischen Revier bestehen. Der Kohleausstieg wird zudem von 2038 auf 2030 vorgezogen. Das mag dem einen oder anderen zu wenig sein, aber es ist nicht nichts.

Ihre weiteren Anliegen können die Umweltaktivisten nur durchsetzen, wenn sie die Unterstützung der breiten Bevölkerung haben. Fliegen Steine und Flaschen oder kommt es zu noch schlimmeren Szenen, dann ist das schädlich für die Rückendeckung aus der Mitte der Gesellschaft. (Birgit Baumann, 11.1.2023)