Washington – Nach dem Fund von Geheimdokumenten in einem ehemaligen privaten Büro Joe Bidens sollen Medienberichten zufolge weitere Regierungsunterlagen gefunden worden sein. Sie seien von Biden-Mitarbeitern bei der Durchsuchung eines zweiten Standorts entdeckt worden, berichteten mehrere US-Medien am Mittwochabend unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen.

Eine Bestätigung aus dem Weißen Haus gab es dafür zunächst nicht. Viele Fragen zu dem neuen Fund waren noch offen – darunter der Inhalt der Dokumente sowie der genaue Fundort und der Zeitpunkt. Dem Sender NBC zufolge handelt es sich aber erneut um Geheimunterlagen. Erst am Montag war öffentlich geworden, dass Biden geheime Unterlagen aus seiner Zeit als US-Vize unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama in seinen privaten Büroräumen im Penn Biden Center in der Hauptstadt Washington aufbewahrt hatte. Biden habe die Räumlichkeiten nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Vizepräsidenten 2017 bis etwa 2020 genutzt, hieß es aus dem Weißen Haus. Seine Anwälte hatten die Dokumente bei der Schließung des Gebäudes entdeckt.

Diese Unterlagen seien umgehend dem Nationalarchiv übergeben worden. Bei den Dokumenten handelt es sich Berichten zufolge um mindestens zehn geheime Papiere, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe. Es sollen unter anderem Dossiers über andere Staaten dabei sein. Biden hatte sich als Reaktion auf den am Montag bekannt gewordenen Fund überrascht gegeben. Er wisse nicht, wer die Dokumente dorthin gebracht habe oder was sie beinhalteten. Gleichzeitig versprach der Demokrat "volle Kooperation" bei den Untersuchungen.

Die Situation ist für Biden politisch heikel, denn als bei seinem Vorgänger Donald Trump im Sommer Geheimdokumente gefunden wurden, kritisierte Biden Trump heftig. Dennoch existieren nach allem was bislang bekannt ist Unterschiede: Trump zeigte sich deutlich weniger kooperativ, ignorierte Aufforderungen zum Herausrücken der Dokumente, sodass letzten Endes nach einem monatelangen Streit mit dem Nationalarchiv das FBI kommen musste, während Bidens Team die Dokumente nach dem Fund freiwillig wieder retournierte.

Republikaner wollen "Antworten verlangen"

Dass nun mutmaßlich weitere Unterlagen bei Biden gefunden worden sind, bestärkt die Republikaner dennoch in ihren Attacken gegen den aktuellen Präsidenten. Viele werfen Biden Heuchelei vor. Trump teilte auf dem von ihm mitbegründeten Netzwerk Truth Social Berichte zu dem neuem Fund. Die Abgeordnete aus der Führung der Republikaner im Repräsentantenhauses, Elise Stefanik, schrieb am Mittwoch auf Twitter: "Wir werden Antworten verlangen, die Politisierung des korrupten FBI und des Justizministeriums stoppen und die Biden-Verbrecherfamilie zur Verantwortung ziehen."

Der Fund von Regierungspapieren aus seiner Amtszeit als Vize bringt US-Präsident Joe Biden in eine missliche Lage.
Foto: AP / Susan Walsh

Im Repräsentantenhaus wollen die Republikaner mit ihrer zurückeroberten Mehrheit Biden ohnehin mit Untersuchungen vor sich hertreiben. Sie haben nun etwa die Befugnis, Personen vorzuladen oder Dokumente anzufordern. In verschiedenen Gremien soll beleuchtetet werden, wie Biden den Abzug aus Afghanistan abgewickelt hat. Auch die Geschäftsbeziehungen von Bidens Sohn Hunter und die nun aufgetauchten Geheimunterlagen werden Thema sein.

"Das FBI hat das Haus des ehemaligen Präsidenten Trump durchsucht (...) Es gibt einen Sonderermittler, der ermittelt. Wir haben jetzt zwei verschiedene Orte, an denen Joe Biden geheime Dokumente hatte, aber es ist nichts passiert", sagte der republikanische Vorsitzende des wichtigen Ausschusses für Aufsicht und Reformen, James Comer, am Mittwochabend dem Sender ABC. Es gebe eine Doppelmoral im Umgang mit Biden und Trump.

Kein Kommentar vom Weißen Haus

Das Weiße Haus wich am Mittwoch kritischen Frage zu dem ersten Fund aus und verwies lediglich auf eine Erklärung von Montag. Sprecherin Karine Jean-Pierre weigerte sich, sich darüber zu äußern, warum das Weiße Haus den Fund nicht selbst und auch deutlich früher öffentlich gemacht hatte. Die Unterlagen waren im November kurz vor den Zwischenwahlen entdeckt worden – Medien machten dies schließlich öffentlich.

Trump hatte bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus im großen Stil Regierungsdokumente mit in sein privaten Anwesen Mar-a-Lago in Florida genommen, darunter etliche Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe. Die Bundespolizei FBI hatte das Anwesen in Florida im August durchsucht und diverse Verschlusssachen beschlagnahmt. Der von Biden ernannte Justizminister Merrick Garland setzte einen Sonderermittler ein, der klären soll, ob sich Trump eventuell strafbar gemacht hat. Republikanischer Druck könnte nun dazu führen, dass Biden eine ähnliche Untersuchung droht. In den USA müssen Regierungsdokumente in der Regel archiviert und für die Nachwelt aufgehoben werden. (APA, faso, 12.1.2023)