Gutes Rad ist eben teuer: Ein passables E-Bike oder ein brauchbares Lastenrad kosten rasch einen vierstelligen Betrag. Aber zweieinhalbtausend Euro oder noch deutlich mehr auf die Budel zu legen ist nicht jedermanns Sache. Klar: Händler bieten Ratenzahlungsmodelle an. Aber wirklich schlau – im Sinn von günstig – fühlt sich privates Abstotterkaufen selten an.

Gefühlt gleich doppelt unschlau wird ein teurer Vollpreiskauf, sobald Kolleginnen und Kollegen schwärmen, wie sie vergleichsweise kostensparend ihre Mobilität managen, seit sie ein über den Arbeitgeber geleastes Firmenauto nutzen.

Nach dem Dienstwagen wird auch das Dienstrad immer beliebter. Rund 10.000 gibt es aktuell in Österreich – und den Firmen, die Jobräder anbieten, rennen die Unternehmen die Bude ein.
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Klar fallen da Kosten an. Die werden über das Gehalt gegenverrechnet. Doch in Summe fährt man besser: Steuerersparnis, Großabnehmerrabatte übers Unternehmen, attraktive Servicepackages, günstige Versicherungsmodelle: Nicht nur Roland Romano, der Sprecher der Radlobby Österreich, nennt den privat genutzten Firmenwagen "eine versteckte Subvention fossiler Mobilität". Dass 2018 fast jedes zweite neu zugelassene Auto in diese Kategorie fiel und dieser Anteil laut Romano derzeit sogar bei rund 80 Prozent liegt, mag vieles sein – Zufall ist es keiner. Und es hat, genauer betrachtet, auch mit den Fahrrädern zu tun.

Prestige der Förderung

Denn eine Förderung hebt auch das Prestige eines Fahrzeugs. Damit fällt dann der Umstieg leichter, weil das neue Fahrrad und das Fahren als gewollt erlebt werden – derselbe Effekt wie beim Auto.

Über Überlassungsverträge mit Fahrrädern unterwegs zu sein, die der Arbeitgeber stellt, ist an sich nicht neu. Das geht seit mehreren Jahren. Theoretisch zumindest, denn fiskalische, lohnverrechnungstechnische, arbeits- und sozialrechtliche Fragen aber auch Haftungsregularien rangierten für viele Unternehmen bis ins erste Quartal des Vorjahrs zwischen komplex und undurchschaubar. Doch im Februar kam Dynamik ins Thema.

Klima- und Finanzministerium schraubten an Formulierungen und stellten Details klar. Die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder reichte sie an ihre Mitglieder weiter: dass bei Diensträdern auch bei gänzlich privater Nutzung der Vorsteuerabzug zulässig ist etwa. Oder dass dem Dienstnehmer trotz Dienstrads die Pendlerpauschale zusteht. Plötzlich waren nicht nur junge Start-ups interessiert, auch die HR-Abteilungen großer Firmen wurden hellhörig: Kann man da den eigenen Leuten etwas Gutes tun, ohne an Kosten und Aufwand zu ersticken? Man kann: Dienstradleasing begann in Österreich stark Fahrt aufzunehmen.

Steigende Nachfrage

"Jedes zweite größere Unternehmen", schätzt Gilbert Gugg, "beschäftigt sich mittlerweile mit dem Thema." Gugg soll im Auftrag des Klimaministeriums bei Herry Consult als "marktneutrale Informationsstelle" dafür sorgen, dass aus Frage- Rufzeichen werden, aber auch helfen, die Vorteile des Mitarbeiterradleasings zu betonen. Die in Sachen Verkehrswende-Lobbyismus eher unverdächtige Steuerberaterkammer fasst in ihrem internen Mitglieder-Infoschreiben trocken zusammen: "Es stehen die Mitarbeiter weniger im Stau, haben weniger Parkplatzbedarf, bleiben gesünder und schonen die Umwelt ... Darüber hinaus erzielt man Effekte der Mitarbeiterbindung." Außerdem: "Politisch erscheint die Zurverfügungstellung von Dienstfahrrädern durchaus erwünscht."

Die Zielgruppe, so Gugg, "ist riesig: Es geht um alle Pendlerwege unter zehn Kilometern." Anders gesagt: "Wir gehen davon aus, dass mittelfristig jedes zweite E-Bike ein geleastes Firmenrad sein wird", erklärt Edwin de Jong. Er ist Geschäftsführer von Jobrad Österreich, nach eigenen Angaben Marktführer einer bunten Szene, in der die Firmennamen meist auf diversen Kombinationen von "Rad", "Job", "Dienst", "Lease", "Firmen", "Bike" und Ähnlichem basieren. Weiß man, dass 2020 in Österreich laut Verband der Sportartikelhersteller 496.000 Fahrräder verkauft wurden und davon 200.000 Pedelecs waren, wird klar, wieso: Der gesamte Radverkaufsumsatz 2020 betrug 878 Millionen Euro. 70 Prozent der (deutschen) Diensträder sind E-Bikes. Der Durchschnittspreis eines E-Bikes betrug 2020 in Österreich 3012 Euro. Und Unternehmen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufs Firmenrad setzen wollen, brauchen Hilfe.

Die Zielgruppe für Diensträder sind vor allem Menschen mit einem Pendlerweg, der kürzer als zehn Kilometer lang ist.
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Egal ob Jobrad oder Mitbewerber, erklärt de Jong, das System funktioniert stets ähnlich: Ein Arbeitgeber definiert über eine Job-Bike-Agentur Art und Preissegment der Räder im Portfolio, Versicherungs- und Serviceoptionen, Laufzeiten, Leasingvarianten & Co. Ab fünf Rädern freut er sich über Förderungen durch das Klimaministerium. Von dieser und den besseren Preisen die Unternehmen qua höhere Stückzahlen bekommen, profitieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Traumrad wird, analog zum Auto, um bis zu 40 Prozent günstiger als im "normalen" Verkauf.

Win-win-win-Situation

Diese Freude bei der Belegschaft schlägt sich auf das Image des Arbeitgebers nieder. Radfahren senkt durch das Plus an Bewegung aber auch die Zahl der Krankenstandstage. Und die Kosten fürs Fuhrparkmanagement sind niedriger. Beides unabhängig davon, wie Art, Dauer und Abwicklung der "Abzahlung" oder "Abarbeitung" des Rades oder die Modalitäten bei einem eventuellen Verlassen der Firma geregelt sind: "Gut für die Firma, die Mitarbeiter und die Verkehrswende: eine Win-win-win-Sache", freut sich Radlobby-Kopf Romano. Allerdings gibt es noch einen offenen Punkt: Meist wird das Firmenrad als Gehaltsumwandlung definiert und in Raten vom Gehalt abgezogen. Bei Menschen, die exakt nach Kollektivvertrag bezahlt werden, würden da Mindestgehälter unterschritten. Das geht nicht. Daran tüfteln Arbeitsrechtlerinnen und -rechtler gerade.

Dennoch wurden österreichweit schon 10.000 Diensträder auf die Straße gebracht. Durchschnittspreis: 4000 Euro. Doch das ist erst der Anfang, denn in Deutschland findet Bikeleasing schon auf einem ganz anderen Level statt. Normalerweise passt bei Zahlen- und Marktgrößenvergleichen zwischen den beiden Ländern der Faktor zehn. Doch hier ist Österreich zehn Jahre hintennach: Der Faktor lautet 100, denn der deutsche Bundesverband Zukunft Fahrrad errechnete 2022 einen Ist-Stand von einer Million deutschen Diensträdern.

Pionier Ulrich Prediger

Dabei begann alles sehr klein: 2007 ärgerte sich ein gewisser Ulrich Prediger, dass sein Dienstwagen nur herumstand, weil er meist mit dem Rad zur Arbeit fuhr. Er gründete Jobrad Deutschland und heimste Gründer- und Ökopreise ein. Faktisch biss er aber auf Granit: Die in den 1990er-Jahren Gesetz gewordenen Steuerprivilegien für Dienstwagen waren auf Fahrräder nicht anwendbar.

Bis 2012. Da wurden der deutsche Dienstwagen und das deutsche Dienstrad steuerlich gleichgestellt. Heute gibt es bei 50.000 Unternehmen Leasingrad-Möglichkeiten. Allein bei der Deutschen Bahn wurden 40.000 Räder ausgerollt. Auch große Autohersteller sind auf den Firmenbike-Zug aufgesprungen. 2022 stiegen an Spitzentagen bis zu 1500 Deutsche erstmals auf ein Dienstrad, Jobrad hat deutschlandweit 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Zielgruppe der "Berechtigten" wird auf fünf Millionen geschätzt.

Österreich hinkt nach

Von alledem ist man hierzulande weit weg. Jobrad Österreich startete 2022. Seine derzeit 20 Mitarbeiter, sagt de Jong, kommen mit der Arbeit kaum nach: "Die Unternehmen rennen uns die Bude ein." Und das sei gut so: "Wir wollen Menschen aufs Rad bringen, die Verkehrswende ist gelebter Klimaschutz", betont Josefine Wickenbrock.

Ihre Position, Referentin für politische Kommunikation, gibt es bei anderen Firmen-Leasingbike-Agenturen nicht, obwohl sie wichtig wäre: Wo mehr Menschen Rad fahren, muss nicht nur an der Infrastruktur, sondern auch am Bewusstsein mancher politischer Player gearbeitet werden. Aber das ist eine andere Geschichte. Oder vielleicht ja auch nicht. (Tom Rottenberg, 12.1.2023)