Wer soll all die PV-Anlagen montieren, die zum Gelingen der Energiewende nötig sind? Ein Aktionsplan der Regierung soll den Fachkräftemangel in diesem Bereich lindern.
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Die Bundesregierung will mit einem Maßnahmenpaket den Arbeits- und Fachkräftemangel in Österreich verringern. Herzstück des sogenannten Just-Transition-Aktionsplans Aus- und Weiterbildung ist eine ausgeweitete finanzielle Unterstützung für Arbeitssuchende, die sich neuen Berufsfeldern – besonders im Bereich der Energiewende – zuwenden wollen. "Damit die Energiewende gelingt, brauchen wir viele helfende Hände", sagt die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler. Es gehe darum, dafür die nötigen Jobpotenziale zu heben.

Der türkise Arbeitsminister Martin Kocher berichtet von "sehr vielen offenen Stellen in klimarelevanten Berufen", nämlich derzeit 11.300, Tendenz steigend. Um diese Arbeitsplätze mit ausgebildeten Leuten besetzen zu können, wird der Bildungsbonus verlängert und ausgebaut. Derzeit erhalten Jobsuchende in Aus- oder Weiterbildung zusätzlich zum Arbeitslosengeld jeweils 68 Euro für die ersten drei Monate, ab dem vierten Monat gibt es 180 Euro. Künftig sollen für längere Ausbildungen ab dem zweiten Jahr Zahlungen von "mehr als 300 Euro pro Monat" möglich werden. "Es geht darum, keine existenziellen Probleme zu bekommen, wenn man eine längere Ausbildung macht, weil das Arbeitslosengeld zu wenig ist", sagt Kocher.

"Zukunftsfittere Arbeitskräfte"

Als konkretes Beispiel, wie Arbeitskräfte über den Aktionsplan "zukunftsfitter" werden können, nennt Gewessler eine Dachdeckerin. Um den zunehmenden Ausbau von PV-Anlagen mittragen zu können, benötige diese entsprechende Fachkenntnisse. "Sie muss wissen, wie man Sonnenkraftwerke installiert", sagt die Umweltministerin über die Weiterbildungsoffensive.

Zudem kündigt Kocher an, laufend neue Ausbildungsinhalte bei Lehrberufen zu integrieren. "Es wird bei Lehrberufen automatisch mehr Inhalte in diesem Bereich geben", sagt er mit Blick auf die anstehende Energiewende. Insgesamt umfasst der Aktionsplan 37 Einzelmaßnahmen in den Bereichen Bildung, Unternehmen, Rahmenbedingungen und Kommunikation. "Es geht darum, dass diese Angebote auch angenommen werden", sagt Kocher.

Anspruch auf Weiterbildung

"Wir benötigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit ihren Fähigkeiten, ihren Kompetenzen und ihrer Motivation, um die Energiewende auch umzusetzen", sagt Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl. Sie begrüßt die Maßnahmen des Aktionsplans, die Nachfrage nach dem Bildungsbonus sei "riesengroß". Sie betont allerdings, dass dieser nur als erster Schritt gesehen werden könne. "Es ist dringend notwendig, auch die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen", sagt sie und pocht auf einen Anspruch auf eine Woche Weiterbildung pro Jahr während der Arbeitszeit für Arbeitnehmer. Dazu könne ein spezieller Fonds eingerichtet werden, in den alle Firmen einzahlen.

"Uns muss es gelingen, jungen Leuten zu sagen, geht in Elektrotechnik, in Installation und Gebäudetechnik", erklärt Petra Draxl, AMS-Chefin in Wien. Denn dies seien Berufe mit Zukunft. Sie sieht allerdings Bedarf für eine Modernisierung in der Aus- und Weiterbildung. "Wir brauchen noch eine Innovations- und Investitionsoffensive, damit die Ausbildungen State of the Art werden", sagt Draxl. Ihr Fazit: "Es gibt noch viel zu tun." (Alexander Hahn, 12.1.2023)