Die neuesten Klimadaten passen nahtlos in das Muster der vergangenen Jahre und beweisen einmal mehr: Der Planet Erde wird immer heißer. Der am Donnerstag von der US-Klimabehörde NOAA präsentierte jährliche Klimabericht reiht das Jahr 2022 unter die sechs wärmsten Jahre seit Beginn der Messungen ein. Die Nasa siedelt das vergangene Jahr sogar auf Platz fünf an. Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt die Weltwetterorganisation (WMO), die ihre Daten am Donnerstag in Genf vorgestellt hat. Demnach lag die globale Durchschnittstemperatur etwa 1,15 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850–1900).

Im Vergleich zum 20. Jahrhundert lagen die durchschnittlichen Oberflächentemperaturen der Erde laut NOAA im Vorjahr immer noch um 0,86 Grad Celsius höher. 2022 war darüber hinaus das 46. Jahr in Folge, in dem die globalen Temperaturen über dem Durchschnitt des 20. Jahrhunderts lagen. Die zehn wärmsten Jahre wurden dabei allesamt seit 2010 beobachtet. Die Nasa, deren Forschende eine eigene Analyse durchführten, stellt das Vorjahr auf dieselbe Stufe mit 2015, womit es das fünftheißeste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn wäre. Auch nach den Copernicus-Daten der Europäischen Kommission war 2022 das fünftwärmste Jahr in der jüngeren Geschichte der Erde.

Globale Temperaturabweichungen 2022 im Vergleich zu den durchschnittlichen Temperaturen von 1991 bis 2020. Rote Flächen zeigen eine Erwärmung der Temperatur in Celsius an.
Grafik: Noaa

La Niña verhinderte Schlimmeres

Das wärmste Jahr bisher war 2016 mit plus 1,3 Grad, gefolgt von 2019 und 2020. Dass 2022 den Rekord von 2016 nicht brach, lag nach Angaben der WMO wahrscheinlich am Wetterphänomen La Niña, das einen kühlenden Effekt hat. Bei La Niña verändert sich Luft- und Wasserströmung im und über dem Pazifik. 2022/23 ist ungewöhnlicherweise der dritte Winter in Folge mit La-Niña-Effekten. Sie dürften mit 60-prozentiger Wahrscheinlichkeit bis März anhalten, so die WMO. 2016 war dagegen vom La-Niña-Gegenstück, El Niño, geprägt, das eher zu einer höheren globalen Durchschnittstemperatur beiträgt.

Im Zehnjahresdurchschnitt 2013 bis 2022 lag die globale Durchschnittstemperatur bei 1,14 Grad über dem vorindustriellen Niveau. In den zehn Jahren von 2011 bis 2020 waren es 1,09 Grad, wie die WMO weiter berichtete. Der Trend werde sich fortsetzen, weil sich in der Atmosphäre Rekordmengen an Treibhausgasen befinden. Die Folgen würden immer deutlicher. WMO-Chef Petteri Taalas verwies auf die Rekordhitze 2022 unter anderem in China, Europa, Südasien sowie Nord- und Südamerika und die anhaltende Dürre am Horn von Afrika. Hitze und Dürren gab es immer. Aber der menschengemachte Klimawandel trägt dazu bei, dass Wetterextreme schwerer und häufiger werden.

Die Weltkarte zeigt einige der wichtigsten Klimaereignisse des vergangenen Jahres.
Grafik: NOAA

Rekord in den Ozeanen

Für einen Rekord sorgte der globale Wärmeinhalt der Ozeane, der sogenannte OHC-Wert. Laut NOAA übertraf die in den oberen 2.000 Metern der Ozeane gespeicherte Wärmemenge den bisherigen Spitzenwert aus dem Jahr 2021. Die vier höchsten OHC-Werte sind alle in den letzten vier Jahren (2019–2022) aufgetreten.

Auch die jährliche antarktische Meereisausdehnung lag 2022 mit 10,6 Millionen Quadratkilometern auf einem rekordverdächtigen Tiefstand. Nur das Jahr 1987 hatte eine geringere jährliche Ausdehnung. Im Jahr 2022 gehörte die Ausdehnung in jedem Monat zu den fünf kleinsten für den jeweiligen Monat, wobei die Monate Februar, Juni, Juli und August die niedrigste monatliche Ausdehnung in den Aufzeichnungen aufwiesen. In der Arktis betrug die durchschnittliche jährliche Meereisausdehnung etwa 10,7 Millionen Quadratkilometer. Sie rangiert dadurch an 11. Stelle der geringsten durchschnittlichen jährlichen Meereisausdehnungen zwischen 1979 und 2022.

Globale durchschnittliche Temperaturanomalien zwischen 2017 und 2021. Europa und die Arktis sind demnach von der Erwärmung besonders betroffen.
Illustr.: Nasa

Durchschnittlich viele Wirbelstürme

Bei den tropischen Wirbelstürmen lag 2022 nahe am Durchschnitt: Weltweit kam es zu 88 benannten Stürmen, wovon 40 die Stärke eines tropischen Wirbelsturms erreichten. Die globale akkumulierte Wirbelsturmenergie (ACE) – ein integriertes Maß für die Stärke, Häufigkeit und Dauer von Tropenstürmen – war die viertniedrigste seit 1981.

Insgesamt weist die Fieberkurve der Erde deutlich steiler nach oben als noch vor einigen Jahren befürchtet: Laut einem im August 2021 veröffentlichten Bericht des Weltklimarats IPCC werde die Erde schon gegen 2030 um 1,5 Grad Celsius wärmer sein im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter – und damit zehn Jahre früher als noch 2018 prognostiziert.

Zeitverlauf der Konzentration von Kohlendioxid und Methan seit 2003.
Grafik: Institut für Umweltphysik der Universität Bremen

Fatale Treibhausgasbilanz

Dass sich am globalen Temperaturtrend so schnell nichts ändern wird, zeigen auch die neuesten Treibhausgasbilanzen auf Basis vorläufiger Analysen von Satellitendaten. Wie Forschende der Universität Bremen berichteten, seien die atmosphärischen Konzentrationen der beiden wichtigen Treibhausgase Kohlenstoffdioxid und Methan 2022 weiter stark angestiegen. Die Zunahme beider Gase in der Atmosphäre ist dabei ähnlich hoch wie in den vergangenen Jahren. Der Methan-Anstieg erreicht allerdings nicht die Rekordwerte der Jahre 2020 und 2021.

"Der Methan-Anstieg bleibt 2022 mit etwa 0,6 Prozent sehr hoch, liegt aber unterhalb der Rekordwerte der vergangenen beiden Jahre", sagte Michael Buchwitz vom Institut für Umweltphysik der Uni Bremen. "Unsere Vermutung dafür ist, dass es einerseits mehr Emissionen gegeben hat, gleichzeitig aber die atmosphärische Methansenke abgenommen hat. Der CO2-Anstieg ist mit etwas über 0,5 Prozent ähnlich hoch wie in den vergangenen Jahren." (tberg, red, 12.1.2023)