"Summ, summ, summ, Bienchen, summ herum." Das harmlose Kinderliedchen beschwört heute auch bedrohliche Bilder herauf. Intensive landwirtschaftliche Nutzung von Wiesen und Feldern, Pestizide, Schädlinge wie die Varoamilbe – Bienen leben wie andere Insekten unter verschärften Bedingungen. Die Artenvielfalt ist bedroht, das Problem erkannt.

Der Einsatz von Pestiziden, wozu Neonicotinoide zählen, wurde auf EU-Ebene mehrfach beschränkt. 2018 wurde etwa verfügt, dass die Insektizide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam auf Äckern nicht mehr ausgebracht werden dürfen. Mit Thiamethoxam rücken Rübenbauern Blattläusen zu Leibe, andere Landwirte setzen die Gifte gegen Drahtwürmer oder Kartoffelkäfer ein. Der Kollateralschaden: Neonics können Insekten schon bei geringer Dosis lähmen, töten oder sie der Orientierung berauben.

Bienen haben es wie andere Insekten schwer. Die Artenvielfalt ist bedroht.
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Vollständig verbannt sind die Mittel trotz des Verbots nicht. Landwirte können eine Notfallzulassung beantragen – und sie tun das auch. Österreich in besonderem Ausmaß kritisiert die NGO Global 2000 und legt zum Beleg die Studie "Verbannte Pestizide" der Dachorganisation Pan Europe vor. Demnach sei Österreich mit 20 Notfallzulassungen in den Jahren 2019 und 2020 negativer Spitzenreiter, gefolgt von Finnland (18) und Dänemark (17). Länder wie Holland (5), Frankreich (4), Schweden (1) gingen mit dem Thema weit zurückhaltender um, Malta und Luxemburg hätten in diesem Zeitraum hingegen ganz auf den Einsatz verzichtet.

Zuckerrübenanbau in Niederösterreich

Global 2000 ließ für den Report Bodenproben aus Zuckerrübenanbaugebieten in Niederösterreich untersuchen. Konkret Erdproben aus einem Zuckerrübenanbaugebiet im Marchfeld, eine Schlammprobe aus einem Abwasserauffangbecken der Agrana-Zuckerfabrik in Tulln.

Eine Ausnahme vom Verbot erwirken Produzenten durch einen Antrag auf Notfallzulassung beim Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES).
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Die heimischen Produzenten hatten in der Rübenrüsselkäferplage 2018 nach Neonicotinoiden verlangt. Das Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) gab dem Antrag statt, seither wurde die Praxis Jahr für Jahr verlängert. Ein Fehler, wie Global-2000-Umweltchemiker Helmut Burtscher-Schaden urteilt.

Das Landwirtschaftsministerium kontert, das Prozedere der Notfallzulassung sei EU-weit geregelt, Österreich halte sich an die Vorschriften. Zudem habe man 2019 und 2020 nur für vier Neonicotinoide Notfallzulassungen erteilt. Burtscher hofft nun dennoch auf den EuGH. Am 19. Jänner werde der Gerichtshof "ein möglicherweise richtungsweisendes Urteil zur Rechtmäßigkeit von wiederkehrenden Notfallzulassungen sprechen".

Sein Appell an Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP): Dieser möge dem "lockeren Umgang mit Notfallzulassungen von gefährlichen Pestiziden endlich ein Ende setzen." (Regina Bruckner, 13.1.2023)