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Die Österreicher kaufen mittlerweile knapp 40 Prozent ihrer Schuhe online. Sneaker schlagen klassische Lederware.

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Die Filiale am Graben zählte einst zu den umsatzstärksten Standorten von Salamander. Dieser Tage räumt der Schuhhändler im Herzen Wiens aber das Feld. In seine Fußstapfen soll der Luxusriese Yves Saint Laurent steigen, erfuhr DER STANDARD. Die Franzosen wollen offenbar vom Goldenen Quartier etwas näher ins Zentrum rücken. Der Konzern gibt sich dazu diskret – Anfragen werden in Österreich traditionell keine beantwortet.

Hart am Absprung soll Salamander auch wenige Häuserblocks weiter in der Kärntner Straße sein, berichten Immobilienexperten. Interesse an der begehrten Lage soll eine Zahnarztgruppe rund um Dr. Smile zeigen. Diese aber weist Spekulationen darüber entschieden zurück.

Standorte in Wiens erstem Bezirk sind für Händler Aushängeschilder. Für Alteingesessene machen langfristige Verträge die Mieten dafür in der Regel halbwegs leistbar. Wer immer ihnen nachfolgt, wird ein Vielfaches bezahlen und vor allem immense Ablösen hinblättern müssen.

Warum Salamander in der Innenstadt auf die Bremse tritt, liegt aus Sicht von Marktkennern klar auf der Hand: Das Unternehmen brauche, wie so viele durch die Corona- und Energiekrise gebeutelte Einzelhandelsketten, frisches Geld.

Vielen geht die Kraft aus

Kaum eine Branche wurde in Europa von den Einbrüchen im privaten Konsum stärker getroffen als jene der Textilanbieter. Wer mehr Geld für Lebensmittel, Strom, Gas und Betriebskosten ausgeben muss, hat wenig Spielraum für spontane Einkäufe. Der kleine Luxus, etwa in Form neuer Schuhe, bleibt versagt. Im Städtetourismus fehlen vielen Händlern kapitalstarke Russen.

Die Margen der Betriebe sind oft zu gering, um die gestiegenen Kosten rund um Energie, Logistik, Mieten und Personal abzufedern. Ohnehin mageres Eigenkapital wurde aufgezehrt. Ein Teil der staatlichen Hilfen verpuffte. Ausreißer, wie der Boom der Fahrräder im Sportartikelhandel, erwiesen sich als Strohfeuer. Und die Aussicht auf Erholung im laufenden Jahr ist bisher gering. Die Geschäfte im Jänner erweisen sich als zäh. Ein Strukturwandel ist im Gange, Konzentrationsprozesse bahnen sich an.

Vorerkrankungen

Finanziell eng wird es vor allem für Unternehmen mit Vorerkrankungen. Ein langjähriges Sorgenkind ist die Schuhbranche. Stationäre Händler haben Milliardenumsätze an Internetriesen wie Zalando und Amazon verloren. Regiodata-Chef Wolfgang Richter zufolge laufen in Österreich bereits gut 37 Prozent des Schuhgeschäfts online. Der Marktforscher rechnet damit, dass dieser Anteil auf 50 Prozent steigt und primär reinen Webanbietern zufließen wird.

Textilketten wie H&M, die im großen Stil Schuhe in ihre Regale holen, wachsen als zusätzliche Rivalen heran. Noch mehr aber werden klassische Lederschuhe von bunten Sneakers verdrängt, die in der Produktion deutlich günstiger sind.

Wer nicht alle Prozesse bis hin zur Fertigung selbst in der Hand hat oder wie Deichmann, Europas Platzhirsch am Schuhmarkt, über eigene Marken verfügt, hat finanziell rasch das Nachsehen. Ins Straucheln gerieten erst jüngst drei deutsche Traditionshäuser: Nach Görtz meldeten Salamander und Klauser Insolvenz an. Alle drei wollen sich über ein Schutzschirmverfahren sanieren.

Salamander wie Klauser gehören dem deutschen Schuhproduzenten Ara. Salamander war bereits 2009 in Konkurs, der Konzern stand bis dahin im Eigentum des Luxusartikelriesen Egana Goldpfeil.

Weniger Geschäfte

In Österreich ist Salamander seit Ende der 60er-Jahre vertreten. Das Unternehmen sei hierzulande weitgehend autark von Deutschland, sagen Konzernkenner. Dennoch mehren sich Spekulationen über die Zukunft der nunmehr 21 österreichischen Filialen, die 2011 um die Vertriebslinie Delka ergänzt wurden.

Von einer möglichen Zusammenlegung der Marken ist ebenso die Rede wie vom Rückzug aus Österreich. Salamander selbst war trotz mehrfacher Nachfrage für Stellungnahmen vorerst nicht erreichbar.

In der Bilanz 2021 weist das Unternehmen seit 2012 fast durchgängig Verluste aus. Fast sieben Millionen waren es 2020, rund 1,66 Millionen im Jahr darauf. Sechs Filialen wurden 2021 geschlossen. Der Umsatz sank um 14 Prozent auf 22 Millionen Euro. Die Cofag gewährte aufgrund der Lockdowns, die bis zu 75 Verkaufstage kosteten, Zuschüsse von mehr als drei Millionen Euro, geht aus dem Lagebericht hervor.

Fortführung prognostiziert

Die Geschäftsleitung verspricht den gut 200 Mitarbeitern darin eine Fortführung des Betriebs und stellte für 2022 ein leicht positives Jahresergebnis in Aussicht.

Österreichs Schuhmarkt wog im Vorjahr laut Regiodata 1,5 Milliarden Euro Umsatz. Konsumenten sparten bei Schuhen aufgrund der Pandemie um 17 Prozent ein. Die gesamte Verkaufsfläche reduzierte sich zugleich um 9,5 Prozent. Auslöser dafür war vor allem der Ausstieg von CCC. Wo zuvor Schuhe verkauft wurden, bietet Pepco nun Diskontware feil. (Verena Kainrath, 13.1.2023)