IVAS wurde an 70 Soldatinnen und Soldaten getestet – mit bescheidenem Erfolg.

Foto: Microsoft

Neuerlich gibt es schlechte Nachrichten für Microsofts ohnehin von Problemen geplagte Mixed-Reality-Sparte. Der Tech-Riese wollte im großen Stil AR-Brillen zum Stückpreis von rund 58.000 Dollar für die US-Armee liefern, doch jetzt stoppt der Kongress die weiteren Bestellungen, und die für 2023 dafür vorgesehenen 400 Millionen Dollar werden auf 40 Millionen gekürzt.

"Einsatzgefährdende körperliche Beeinträchtigung"

Das Integrated Visual Augmentation System (IVAS) sollte US-Soldaten ein Heads-up-Display bieten, wie es auch Jetpiloten besitzen. Damit sollten Kommandeure Soldaten direkt Informationen über Gelände, Feindpositionen oder Ähnliches auf eine Art Helmvisier projizieren können, gleichzeitig sollte das Display als Nachtsichtgerät dienen. Doch die erste Generation der High-Tech-Brillen kam bei den Trägerinnen und Trägern gar nicht gut an. In den ersten Feldtests aus dem Juni 2022 haben sich "einsatzgefährdende körperliche Beeinträchtigungen" der Soldatinnen und Soldaten eingestellt, wie das US-Pentagon berichtet. Die Brillen hätten vermehrt Kopfschmerzen, Übelkeit und Überanstrengung der Augen hervorgerufen. Kurz: Der Truppe wurde schlecht.

Deshalb wird Microsoft nun auch keine weiteren Bestellungen der Kampfbrillen erhalten, nachdem der US-Kongress den Antrag der US-Armee auf 400 Millionen US-Dollar für den Kauf von bis zu 6.900 Stück abgelehnt hat. Stattdessen erhält Microsoft 40 Millionen US-Dollar aus dem Beschaffungsfonds zur Entwicklung eines neuen Modells der Einsatzbrille, wie Armeesprecher David Patterson erklärte. Von den Geldern, die bereits im letzten Haushaltsjahr freigegeben worden waren, erhielt Microsoft 125 Millionen Dollar für die Weiterentwicklung des IVAS. Das überarbeitete Modell soll die Versionsnummer 1.2 tragen.

Gefechtsbrille ist eine modifizierte Hololens

Das IVAS ist eine speziell modifizierte Version der Hololens 2 von Microsoft. Eigentlich sollten die Soldatinnen und Soldaten die Brille während drei verschiedener 72-stündiger Einsatzszenarien tragen. Doch führte die Brille bei vielen Soldaten schon nach nur drei Stunden im Einsatz zu Übelkeit und Kopfschmerzen, wie Bloomberg berichtet.

Seit Beginn des Projekts ist die Entwicklung der Hololens von Problemen geplagt. Im Juni 2022 verließ der Miterfinder Alex Kipman das Unternehmen, nachdem er sich übergriffig gegenüber Angestellten verhalten haben soll. Kurz darauf berichtete "Business Insider", dass es für die Hololens 3 keinen "nennenswerten Fahrplan" gebe, stattdessen liege der Fokus darauf, die Brille für die US-Armee tauglich zu machen. Ursprünglich wurde die Hololens als Mittel zur Zusammenarbeit in weltweit verstreuten Teams entwickelt und sollte die Produktivität erhöhen und Microsofts Vision vom Metaversum zum Durchbruch verhelfen. Der Fokus auf die militärische Anwendung der Hololens ging auch intern nicht ohne Widerstände über die Bühne. So stellten sich schon 2019 50 Microsoft-Mitarbeiter gegen das Projekt und forderten den Rückzug des Unternehmens aus der Rüstungsbranche. (pez, 12.1.2023)