Krise? Welche Krise? Weder der Ukraine-Krieg und die damit verbundene Energiekrise, noch die grassierende Inflation und Rezessionsängste konnte der Branche bisher zusetzen. Zu diesem Schluss kann man kommen, wenn man sich die nackten Zahlen anschaut: Noch nie wurden in Franken gerechnet so viele Schweizer Uhren ins Ausland exportiert wie im 2022. Die Uhrenexporte knackten den Rekord des letzten Jahres bereits nach elf Monaten, wie die zuletzt vom Schweizerischen Uhrenverband publizierten Daten zeigten. Sie kletterten um 12 Prozent auf 22,8 Mrd. Franken (23,11 Mrd. Euro); im gesamten Jahr 2021 waren es noch 22,3 Mrd.

Allen voran in den USA ist die Nachfrage nach Schweizer Uhren groß. In den Monaten Jänner bis November 2022 sind Uhren im Wert von 3,58 Mrd. Franken in die USA verschifft worden. Das waren knapp 28 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit verlässt etwa jede sechste Uhr die Schweiz in Richtung USA.

Boom in den USA

"Die Nachfrage und das Wachstumspotenzial in den USA ist riesig", sagte dazu Nick Hayek, Chef des Uhrenkonzerns Swatch, in einem Interview mit "Bloomberg TV". Die US-Konsumentinnen und -Konsumenten kauften weiterhin Produkte, die "Emotionen und Freude" verbreiten, ist Hayek überzeugt.

"Vor allem die jüngere Generation hat das zum Teil das große Prestige, die Tradition und das Know-how, welches in Schweizer Uhren steckt, erkannt", versucht ZKB-Luxusgüterexperte Patrik Schwendimann den Erfolg der Branche in den USA zu erklären. Dort würden nicht nur Luxusuhren, sondern auch Uhren aus den unteren Preissegmenten gut verkauft. Die USA haben damit China als wichtigsten Absatzmarkt für Schweizer Uhren den Rang abgelaufen.

Andere asiatische Märkte wie Japan (+19 Prozent auf 1,6 Mrd.) oder Singapur (+26 Prozent auf 1,5 Mrd.) holen nun auf. Und auch Europa erholt sich weiter vom Corona-Einbruch aus dem Jahr 2020. Das zeigt sich besonders stark in Großbritannien, Deutschland und Frankreich, wo die Schweizer Uhrenexporte im Jahresverlauf um ein Fünftel und mehr zulegen konnten. Dabei dürfte Europa auch von der Reiselust der US-Touristen profitieren.

Vorsichtige Töne

In diesem Jahr rechnen Experten allerdings mit einer Wachstumsabschwächung im Geschäft mit Luxusgütern. Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy etwa erwartet eine Normalisierung des Wachstums, vor allem in den USA. Er rechnet für das laufende Jahr aber bei den Uhrenexporten mit einem Plus im tieferen bis mittleren einstelligen Prozentbereich. Preiserhöhungen dürften da eine wichtige Rolle spielen und China könnte je nach Corona-Lage zur Stütze werden.

Vorsichtige Töne schlägt auch Jean-Daniel Pasche, Präsident des Uhrenverbands (FH), an. "Wir rechnen mit einer Fortsetzung des positiven Trends, das aber in einem unsicheren Umfeld", sagte er im Interview mit Keystone-SDA. Während das Geschäft in Russland, das vor dem Krieg rund ein Prozent am Exportvolumen ausmachte, praktisch zum Erliegen kam, hofft Pasche etwa auf eine Erholung in China. Dort beginnt am 22. Jänner das auch für die Uhrenbranche wichtige Neujahrsfest.

Vor diesem Hintergrund startete in dieser Woche die LVMH Watch Week in Singapur, wo die Uhrenmarken des größten Luxuskonzerns der Welt – Bulgari, Hublot, TAG Heuer und Zenith – die ersten Uhrenhighlights des noch jungen Jahres präsentierten. Hier eine Handvoll Schmankerl:

TAG Heuer Carrera Chronograph 60th Anniversary

Foto: TAG Heuer

60 Lenze zählt die Carrera heuer, ein Klassiker, entworfen von Jack Heuer. Grund genug die Uhrenikone mit einer eigenen Jubiläumsausgabe zu feiern. Und so blicken uns bei der auf 600 Stück limitierten TAG Heuer Carrera Chronograph 60th Anniversary "Panda"-Augen treuherzig an. Die schwarzen Hilfszifferblätter, die dem 39-Millimeter-Edelstahl-Chronografen diese "tierische" Anmutung verleihen, sind eine Reminiszenz an die ursprüngliche Heuer Carrera 2447 SN aus den 1960ern. Auch am klassischen Profil hat man nicht herumgedoktert, der "Heuer"-Schriftzug wurde ebenso vom Original übernommen, wie "Carrera" direkt darüber. Weitere Vintage-Merkmale vervollständigen den Retro-Look: die Drücker, die beige Leuchtbeschichtung und der elegante konzentrische Ring um das Zifferblatt.

Dreht man den TAG Heuer Carrera Chronograph 60th Anniversary um, zeigt sich die moderne Machart der Uhr deutlicher. Der Gehäuseboden aus Saphirglas gibt den Blick auf das Heuer 02 frei, den hauseigenen Automatik-Chronografen mit 80 Stunden Gangreserve.

Hublot Big Bang Tourbillon Automatic Yellow Neon Saxem

Foto: Hublot

Bunt treibts Hublot schon seit einigen Jahren. Die Manufaktur ist schließlich nicht unbedingt für dezente Zurückhaltung bekannt. Heuer setzt man noch eins drauf und präsentiert ein besonders knalliges Exemplar seiner Big Bang. Deren transparentes Uhrengehäuse kommt in fluoreszierendem, metallischem, markantem Gelb daher. "Saxem" nennt sich das dafür herangezogene Material, das für Satelliten entwickelt wurde und bereits 2019 bei der Big Bang MP-11 verwendet worden war. Saxem steht für "Sapphire Aluminium oXide and rare Earth Mineral". Für diese Legierung wird Aluminiumoxid, der Hauptbestandteil von Saphir, mit seltenen Erden wie Thulium und Holmium sowie Chrom gemischt. So entsteht ein Material, das extrem robust ist und eine Brillanz aufweist, die intensiver ist als die von Saphir, verspricht Hublot.

Angetrieben wird der auf 50 Stück limitierte Zeitmesser vom automatischen Manufakturkaliber HUB6035. Hier hat Hublot einen technisch schwierigen Weg gewählt: einen automatischen Aufzug mit Mikrorotor. Man wollte wohl vermeiden, die Rückseite des Uhrwerks zu verdecken, wie es bei einem klassischen Rotor der Fall gewesen wäre. Zudem entschied sich die Manufaktur dafür, das gesamte Kaliber zu skelettieren. Selbst die Brücken sind aus Saphirglas gefertigt, damit das Kaliber – und vor allem das Tourbillon – zur Geltung kommt.

Zenith Defy Extreme Glacier

Foto: Zenith

Nach der Defy Extreme Desert (2021), legt Zenith mit der Defy Extreme Glacier eine Uhr nach, die von Gletscher-Landschaften inspiriert ist. Mittel zum Zweck ist ein kristalliner, halbtransparenter Naturstein, Chalcedon, der durch seinen blassblauen Farbton an Gletschereis erinnert. Er gibt dem Titangehäuse den intendierten, kühlen Touch. Und da jeder geschliffene und polierte Stein anders ist und leicht unterschiedliche Farben und Strukturen aufweist, ist jedes der 50 Exemplare der Defy Extreme Glacier im Grunde ein Unikat, argumentiert man bei Zenith.

Wer nichts mit solchen Äußerlichkeiten anfangen kann, wird sich vielleicht für die Mechanik des Zeitmessers begeistern können. Immerhin tickt in ihm das automatische Hochfrequenz-Chronografenwerk El Primero mit 1/100-Sekunden-Anzeige samt seiner beiden Regulierorgane, die mit 50 Hz für den Chronographen und 5 Hz für die Zeitmessung schlagen.

Bulgari Divas' Dream Mosaica Blue

Foto: Bulgari

Das Motto von Bulgari anlässlich der "Watch Week" lautet "Time is a Jewel". Könnte nicht passender sein – zumindest wenn man sich die Kreationen des römischen Juweliers mit starker uhrmacherischer Kompetenz ansieht. Darunter dieses funkelnde Prachtstück, das über und über mit Edelsteinen besetzt ist. Das fächerförmige Muster auf dem Zifferblatt soll an die Mosaike in den Caracalla-Thermen erinnern. Der Saphir-Farbverlauf kommt in Blautönen daher. Die Zeitanzeige rückt bei der 37-Millimeter-Weißgolduhr dabei irgendwie in den Hintergrund. Dreht man die Uhr um, enthüllt der transparente Gehäuseboden ein fein dekoriertes, mechanisches Uhrwerk (Kaliber BVL 191) mit Automatikaufzug. (max, APA, 13.1.2023)