Die beschriebenen Gemälde, ausgestellt im Belvedere.

Foto: Johannes Stoll, Belvedere

Manche Jubiläen werden werbewirksam zelebriert, andere gleich gar nicht thematisiert: etwa im Belvedere, das sich in einer aktuellen Ausstellung als zentraler Ort der Kunst mit 300-jähriger Tradition inszeniert. Anlass gibt die Fertigstellung der barocken Schlossanlage im Jahr 1723, die Prinz Eugen von Savoyen als Sommerresidenz erbauen ließ.

Beispielhaft für die wechselhafte Geschichte der Nutzung und die institutionelle Genese zu einem Bundesmuseum zeigt man Werke und Archivalien, die auch die Entwicklung der hauseigenen Sammlung dokumentieren: durch laufende Ankäufe, die mit der Gründung der Modernen Galerie 1903 (vor 120 Jahren) – als erstes zeitgenössisches Museum in Österreich – ihren Anfang nahmen, ergänzt um Schenkungen, Übernahmen aus anderen öffentlichen Sammlungen im Zuge inhaltlicher Erweiterungen, etwa anlässlich der Eröffnung des Barockmuseums im Unteren Belvedere 1923 (vor 100 Jahren).

Der erste Ankauf des Freundesvereins 1912: Ferdinand Georg Waldmüllers "Fronleichnamsprozession", das seit 110 Jahren als Dauerleihgabe im Belvedere gastiert.
Foto: : Belvedere Wien, Leihgabe des Vereins der Freunde der Österreichischen Galerie Belvedere

Rückkäufe restituierter Werke

Auch Rückkäufe sind vertreten, konkret solcher Werke, die in der NS-Zeit unrechtmäßig in den Bestand kamen oder jüdischen Sammlern im Zuge der Rückstellungsverfahren nach dem Zweiten Weltkrieg abgepresst worden waren und seit 1998 restituiert wurden.

Darunter mit Venus und Adonis eine Relieftafel des Bildhauers Jakob Gabriel Molinarolo aus der Sammlung von Alphonse Rothschild, die zusammen mit ihrem Gegenstück Venus und der tote Adonis 1999 bei Christie’s versteigert wurde: Für 194.000 Pfund oder umgerechnet 310.000 Euro wechselten sie in den europäischen Kunsthandel. Erst als sie der belgische Händler Axel Vervoordt 2002 bei der Kunstmesse Tefaf in Maastricht zum Verkauf anbot, schlug das Belvedere zu. Stolze 455.000 Euro mobilisierte der damalige Direktor Gerbert Frodl für den Ankauf.

In die Ära seiner Nachfolgerin Agnes Husslein fiel wiederum der Rückkauf eines vom Meister der Veitslegende 1470/80 doppelseitig bemalten Altarflügels, dessen Vorderseite das Martyrium des heiligen Veit zeigt. Die Tafel war einst in der Sammlung des Lederfabrikanten Frederick (Friedrich) Spiegler, wo sie von der Gestapo beschlagnahmt wurde. 1939 überwies sie die Reichskulturkammer an die Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums, 1953 wechselte sie ins Belvedere.

2001 hatte der Kunstrückgabebeirat die Restitution empfohlen, die sich jedoch aufgrund der Klärung der Erbfolge verzögerte. Die Übergabe an die Erbengemeinschaft erfolgte erst 2013. Für 60.000 Euro kehrte die Tafel kurz darauf in den Bestand des Museums zurück.

1912 gegründeter Freundesverein

Ein Jubiläum, mit dem nennenswerte Scherflein verknüpft waren, die zur laufenden Erweiterung des Sammlungsbestandes beitrugen, blieb aktuell jedoch gänzlich unerwähnt: die Gründung des Staatsgalerievereins, die sich vergangenes Jahr zum 110. Mal jährte.

Der Vorschlag war von Felix Baron von Oppenheimer gekommen, der als Vizepräsident innert kürzester Zeit eine Heerschar an prominenten Gönnern, die als Mitglieder einen jährlichen Beitrag von 500 Kronen oder einen einmaligen von 5000 Kronen leisteten, für die Idee gewann. Die auf diese Weise generierten Mittel bildeten die Grundlage für Ankäufe von Kunstwerken, die der Freundesverein dem Museum als Schenkung überließ oder auch als Dauerleihgabe zur Verfügung stellte.

2016 kam dieses von Johann Gottfried Auerbach um 1725/30 gemalte Porträt von Prinz Eugen im Dorotheum zur Versteigerung. Den rund 84.600 Euro teuren Ankauf finanzierte der Freundeverein des Belvedere.
Belvedere

Die "erste Erwerbung des Staatsgalerievereines" vermeldete das Neue Wiener Journal am 8. Mai 1912: Ferdinand Georg Waldmüllers Kinder vor der Fronleichnamsprozession, ein Ankauf, der "durch das besondere Entgegenkommen des Vorbesitzers ermöglicht" worden sei und die "Waldmüller-Sammlung der Staatsgalerie aufs glückliche ergänzt". Dem Eintrag in der Online-Sammlungsdatenbank zufolge handelte es sich bei dem Vorbesitzer um Victor Mautner Ritter von Markhof.

Das in der aktuellen Ausstellung gezeigte Gemälde aus dem Jahr 1857 bildete auch den Grundstock einer Vereinssammlung, deren Werke zwar als Dauerleihgabe im Verfügungsbereich der Museen, jedoch im Eigentum des Freundesvereins verblieben.

Zahlreiche Ankäufe

Im zeitnahen Umfeld der Reorganisation der öffentlichen Sammlungen, zu denen mit dem Ende des Ersten Weltkrieges auch die habsburgischen gekommen waren, justierte sich der Staatsgalerieverein neu. Als "Verein der Museumsfreunde" kamen fortan auch andere Museen in den Genuss seiner Fördertätigkeit, die Sammlungen des Kunsthistorischen Museums (KHM) ebenso wie die Albertina, das Museum für angewandte Kunst oder das Museum für Volkskunde. Über Jahrzehnte kamen zig Objekte als Schenkungen oder mit finanzieller Unterstützung in deren Bestände. Ein nicht unerheblicher Beitrag angesichts sukzessiv schrumpfender Ankaufsbudgets.

Die Ausgliederung der Bundesmuseen aus der unmittelbaren Verwaltung des Bundes führte auch zu einer Veränderung des Freundeskreises, die manch einer bis heute als "feindliche Übernahme" zu interpretieren geneigt ist. Im Herbst 1999 benannte man sich in den "Verein der Freunde des Kunsthistorischen Museums in Wien" um und änderte dementsprechend auch die Statuten. Die dem KHM ursprünglich nur leihweise überlassenen Kunstwerke und Objekte wurden dem Museum 2016 geschenkweise überlassen. Wie berichtet, kappte das KHM im Herbst seine Kooperation mit dem Verein.

Der jüngste Ankauf des Freundesvereins: Für ihre Personale im Belvedere 21 schuf Maja Vukoje dieses Bild ("Untitled (SPA3)") das seit Oktober 2022 die Sammlung ergänzt.

"Unter Mitwirkung…."

Mit der Abspaltung hatten die anderen Museen 1999 quasi über Nacht keine Unterstützer mehr und gründeten sich neue Vereine. Jener der "Freunde der Österreichischen Galerie Belvedere" im März 2000. Wiewohl er das genau genommen formal nicht ist, versteht er sich als Rechtsnachfolger des ursprünglichen Vereins: insbesondere die Eigentumsfrage all seiner Dauerleihgaben betreffend, die im Belvedere beheimatet sind und laufend erweitert werden.

Bisweilen finanziert man auch Ankäufe, die offiziell lapidar nur "unter Mitwirkung" ausgewiesen werden: etwa im Falle des repräsentativen Porträts, das Johann Gottfried Auerbach vom einstigen Hausherrn Prinz Eugen in heroischer Pose 1725/30 malte und das 2016 im Dorotheum versteigert wurde. Abzüglich eines Rabatts vom Auktionshaus ließ der Freundesverein für das prachtvolle Großformat stattliche 84.587,62 Euro springen. (Olga Kronsteiner, 13.1.2023)