Immer mehr Raucher heaten – was das konkret für die Gesundheit bedeutet, ist aber noch nicht klar.

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Es tut sich was unter den Rauchern. Seit einiger Zeit sieht man immer mehr von ihnen heaten, anstatt zu pofeln. Dafür wird ein relativ kurzes Tabakröllchen in eine Halterung, die ähnlich aussieht wie ein Lippenstift, gesteckt, man drückt einen Knopf, sobald es vibriert, kann man am Filterstück anziehen wie bei einer normalen Zigarette. Der Tabak wird aber nicht verbrannt, sondern auf 250 bis 300 Grad erhitzt, dabei entsteht ein Aerosol, das man dann inhaliert. Es enthält das freigesetzte Nikotin und Geschmacksstoffe, aber es entstehen weder Kohlenmonoxid noch andere Verbrennungsstoffe. Finger und Atem riechen nicht mehr nach Zigarette, es bleibt auch im Mund kein schlechter Nachgeschmack zurück.

Dieses Heaten wird als die "gesündere Alternative" zur Zigarette vermarktet, bei der wesentlich weniger Schadstoffe und krebserregende Substanzen freigesetzt werden als beim Rauchen. Die diesbezügliche Evidenz stützt sich in erster Linie auf Studien, die von den Herstellern und Vermarktern finanziert wurden. So viel dürfte aber klar sein: Das Aerosol von Tabakerhitzern enthält weniger Schadstoffe als Tabakrauch, wie das deutsche Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft schreibt. Und es erklärt weiter: Das Aerosol enthält auch Substanzen, die im Tabakrauch nicht vorliegen, darunter auch mindestens eine schädliche. Die Konsumentinnen und Konsumenten sind zwar einer geringeren Schadstoffbelastung ausgesetzt als beim herkömmlichen Rauchen, trotzdem ist die Schadstoffbelastung nicht zu vernachlässigen. Die langfristigen gesundheitlichen Folgen sind derzeit unbekannt.

Expertinnen und Experten sind sich deshalb einig, dass Heater definitiv kein Lifestyleprodukt sind. Doch wie soll man dieses Gerät einordnen, das nicht wenige Raucher als willkommene Alternative zur klassischen Zigarette sehen? In Deutschland benutzen bereits rund sechs Prozent der Menschen Tabakerhitzer, wie die Debra Study (Deutsche Befragung zum Raucherverhalten) zeigt. In Österreich dürften die Zahlen ähnlich sein. Was ist dran an diesem Trend?

Rauchähnliches Erlebnis

Beliebt ist das Heaten vor allem deswegen, weil es dem Rauchen vom Erlebnis her am ähnlichsten ist. Man hält den Heater zwar nicht zwischen Zeige- und Mittelfinger, sondern greift ihn, weil er schwerer ist als eine Zigarette, eher mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger, aber abgesehen davon ist das Gefühl sehr ähnlich. Anwendende berichten außerdem, dass sie für die gleiche Wirkung Tabaksticks (so werden die "Zigaretten" genannt) mit weniger Nikotingehalt benötigen. Studien dazu gibt es allerdings keine, das sind in erster Linie Erfahrungsberichte.

Handfeste Zahlen zur gesundheitlichen Wirkung des Heatens gibt es kaum. Und wenn doch, ist der Großteil von den Herstellern finanziert. Eine Untersuchung, an der auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) beteiligt war, kam im Jahr 2018 zu dem Ergebnis, dass der Gehalt an Aldehyden wie Formaldehyd um 80 bis 95 Prozent niedriger liegt als bei herkömmlichen Zigaretten. Flüchtige organische Verbindungen waren um 97 bis 99 Prozent reduziert. Bei all diesen Verbindungen handelt es sich um krebserregende Stoffe.

Nicht untersucht hat das BfR die Mengen möglicher Schadstoffe, die speziell im Aerosol von Tabakerhitzern erhöht sein könnten, wie Propylengykol, Glyzerin und Acetol. Hier sind definitiv weitere unabhängige Studien nötig, um das Risiko besser abschätzen zu können. Außerdem fehlen generell Langzeitdaten, da Heater noch nicht so lange am Markt sind.

Hinweise auf Lungenschädigung

Solche Studien durchzuführen sei aber schwierig, sagt der Pharmakologe Bernd Mayer von der Uni Graz. Aussagekräftige und vergleichbare, wissenschaftlich fundierte Langzeitstudien müsste man ja mit Nichtrauchern durchführen, das sei ethisch nicht zulässig. "Ich gehe davon aus, dass die Abhängigkeit von Nikotin aufrecht bleibt, allerdings kann es sein, dass man weniger Nikotin benötigt. Denn im Zigarettenrauch sind Stoffe drin, die den Dopaminabbau blockieren, dadurch ist der Trend zur Abhängigkeit bei der klassischen Zigarette so hoch." Mayer betont, dass die Vermarktung als "gesündere Alternative" einfach nicht richtig ist, das impliziere ja, dass Rauchen gesund sein könnte. "Und das kann es niemals sein. Aber es ist eine Schadensreduktion, man kann so viele Todesfälle verhindern."

Dass es beim Heaten in erster Linie um Schadstoffreduktion geht, betont auch Lungenfacharzt Wolfgang Popp: "Es ist nicht gesünder, aber weniger schädlich. Deshalb besteht die begründete Hoffnung, dass man dadurch viele Lebensjahre dazugewinnen kann." So gebe es etwa statistische Daten aus Japan, wo das Heaten schon sehr verbreitet ist, die zeigen, dass seither die Zahl der Tabakanwender insgesamt zurückgegangen ist. Und medizinische Daten deuten an, dass sowohl medizinische Behandlungen von COPD-Betroffenen (COPD: Chronic Obstructive Pulmonary Disease, dt.: dauerhaft atemwegsverengende Lungenerkrankung) zurückgegangen sind als auch Behandlungen von Herz-Kreislauf-Problemen.

Die positive Wirkung auf COPD zeigt auch eine kleine italienische Untersuchung, die auf PubMed veröffentlicht wurde. Insgesamt 38 COPD-Betroffene, die weiter rauchten, wurden über 36 Monate untersucht, 19 konsumierten herkömmliche Zigaretten, 19 heateten. In der Heater-Gruppe gab es im Schnitt einen erheblichen Rückgang der jährlichen COPD-Exazerbationen, also der Verschlimmerung der Symptome.

Popp plädiert dafür, Heater und andere Nikotinprodukte als Alternativen zu sehen: "Natürlich wäre es besser, man würde zu rauchen aufhören. Und vor allem der Jugendschutz ist wichtig, hier braucht es eine ordentliche Reglementierung. Aber einem Nikotinsüchtigen zu sagen hör doch auf, das ist in etwa so, wie wenn man einer depressiven Person sagt, sie soll doch weniger depressiv sein."

Es gibt aber auch Hinweise aus Tierversuchen und Studien in Zellkulturen, dass jene Lungenzellen, die zu schweren Erkrankungen wir COPD, Lungenkrebs oder Lungenentzündung führen und das Asthmarisiko erhöhen können, erheblichen Schaden nehmen können beim Heaten. Die Auswirkungen sollen sogar ähnlich sein wie beim klassischen Rauchen, wie eine Untersuchung von Forschenden aus Australien und Indien zeigt, die im Fachblatt " ERJ Open Research" publiziert wurde.

Geschäftsmodell der Tabakindustrie

Definitiv nicht als Alternative zum Rauchen sieht Lisa Brunner vom Institut für Suchtprävention der Sucht- und Drogenkoordination Wien das Heaten. "Das wird oft auch verkauft unter dem Begriff der Nikotin-Entwöhnung. Aber das ist in Wirklichkeit eine Umdeutung von Begriffen aus dem Suchtbereich. Greift man statt zur Zigarette zum Heater, ist das keine Entwöhnung, sondern einfach der Konsum eines anderen Produkts. Entwöhnung bedeutet, man ist frei von Sucht und lebt gänzlich ohne Nikotin."

Insgesamt seien die neuen Nikotinprodukte, egal ob E-Zigaretten, Nikotinpouches oder Heater, ein Riesengeschäft für die Tabakindustrie, mit dem sie ihre Verluste durch die abnehmende Zahl der Raucher wettmachen wollen. Brunner betont: "Rauchen ist inzwischen nicht mehr anerkannt, selbst die Tabakindustrie macht Kampagnen wie 'Unsmoke the World'. Aber gleichzeitig etabliert man neue Konsummethoden wie Heaten oder Dampfen und lädt diese Begriffe marketingtechnisch auf, damit sie cool wirken. Auch das ist eine Begriffsumdeutung."

Und Brunner weist darauf hin, dass man durch den Konsum der Industrie weiter zu Gewinnen verhilft: "Man sollte sich schon die Frage stellen, wem man sein Geld da anvertraut." Dabei gibt es evidenzbasierte Entwöhnungsprogramme, die gut funktionieren. "Hätten die das gleiche Marketingbudget wie die Tabakindustrie, dann wären hier die Erfolge sicher deutlich besser. Aber immer noch wissen viel zu wenig Menschen darüber Bescheid."

Bedenklicher Doppelkonsum

Ein weiterer Aspekt: Mehr als zwei Drittel der Anwendenden, nämlich 68 Prozent, betreiben einen dualen Konsum, sie rauchen herkömmliche Zigaretten und heaten. Sie inhalieren damit sowohl die Schadstoffe durch das Rauchen als auch jene durch das Heaten. Brunner weiß: "Dadurch kann sich der Nikotinkonsum womöglich noch einmal steigern, weil diese Raucherinnen und Raucher dann womöglich in Situationen heaten, in denen sie sonst nicht geraucht hätten." Nicht wenige heaten etwa in der Wohnung, da es ja keinen Rauchgeruch mehr gibt.

Am Ende bleibt die Tatsache, dass sowohl Rauchen als auch Heaten gesundheitsschädigend sind, bei Zweiterem ist noch nicht ganz klar in welchem Ausmaß. Und auch wenn die Schadstoffbelastung durch das Heaten deutlich geringer ist, konsumiert man weiter das Nervengift Nikotin, betont Brunner. "Es macht einfach keinen Sinn, den Zigarettenkonsum zu verringern oder zu beenden, aber weiterhin unkontrolliert das Suchtgift zu konsumieren. Genau hier hakt das evidenzbasierte Programm zur Rauchentwöhnung ein."

Tatsächlich sind 21 Prozent der Frauen und 29 Prozent der Männer in Österreich ehemalige Rauchende, von denen viele das Programm erfolgreich absolviert haben. Und ja, Brunner bestätigt, dass auch dabei mit Nikotinersatzprodukten gearbeitet wird, um die Sucht langsam auszuschleichen. Aber: "Dabei handelt es sich um Arzneiprodukte, deren Inhaltsstoffe klaren Regeln unterliegen. Das ist bei den Heatern und den dazugehörenden Tabaksticks nicht der Fall."

Der Vorteil bei der unterstützten Raucherentwöhnung, wie sie beispielsweise über das Rauchfrei-Telefon kostenlos angeboten wird: Man lernt dabei auch Techniken, wie man mit dem Craving, also dem intensiven Verlangen nach Nikotin, umgeht. Dazu gibt es auch Verhaltenstherapie, mit der man eingelernte Rituale verändern kann. Dieser Prozess ist kein einfacher, das weiß Brunner. Immer wieder kommt es zu Rückfällen, auch mehrfachen: "Das ist ein ganz normales Ereignis, wenn man zu Rauchen aufhört." Aber löst man sich von der Sucht, erspart das viel Leid, gesundheitliche Probleme und auch Geld – und das bringt am Ende des Tages nur Vorteile. (Pia Kruckenhauser, 17.1.2023)