Foto einer Demonstration gegen Kindesmissbrauch.

Foto: AFP/Prezioso

Die Vorwürfe gegen den österreichischen Schauspieler Florian Teichtmeister wiegen schwer. Sie haben eine Debatte rund um Material, das den Missbrauch von Kindern zeigt, entfacht. Während der Pandemie sind die Meldungen solcher Inhalte in die Höhe geschossen – die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Frage: Wie viele Meldungen und Anzeigen gab es im Vorjahr?

Antwort: Die Meldestelle Stopline für Darstellungen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und nationalsozialistische Wiederbetätigung zählte im Vorjahr über 33.000 Meldungen. Zum Vergleich: 2019 waren es noch rund 9.100 Meldungen, dann ging es stetig bergauf. Von den Meldungen 2022 wurden rund 4.000 Inhalte tatsächlich als problematisch erkannt. Bei einem überwiegenden Teil – mehr als 99 Prozent – handelte es sich um Darstellung sexuellen Kindesmissbrauchs. Auch das Bundeskriminalamt zählte mit über 1.921 Anzeigen Höchstwerte.

Frage: Warum sind die Zahlen so in die Höhe geschossen?

Antwort: "Eine eindeutige Antwort darauf gibt es nicht", sagt Barbara Schloßbauer, Projektleiterin der Stopline. Viele Menschen waren mehr zu Hause und öfters online – das könne auch dafür gesorgt haben, dass der Konsum illegaler Inhalte gestiegen ist. Gleichzeitig könnte aber auch die Zahl der Meldungen selbst aufgrund der zunehmenden Online-Präsenz vieler User gestiegen sein, sagt Stefan Ebenberger, Generalsekretär des Dachverbands Internet Service Providers (ISPA), welcher Stopline mitgegründet hat. Das Bundeskriminalamt verweist zudem auf verbesserte internationale Kooperationen. Auch sei der hohe Anstieg wohl auch darauf zurückzuführen, dass die Zahl der Tatverdächtigen, die selbst minderjährig sind, immer größer wird.

Verdächtige meist im Ausland

Frage: Auch Jugendliche verbreiten pornografische Inhalte von Minderjährigen?

Antwort: Im Vorjahr betrafen 1.073 der Anzeigen Personen, die selbst unter 18 Jahre alt sind. In den letzten Jahren hat sich die Zahl vervielfacht. Laut Bundeskriminalamt betrifft das etwa Jugendliche, die sich auf sozialen Medien Nacktbilder senden – oder pornografische Inhalte von Gleichaltrigen auf Messenger-Diensten schicken. So teilt etwa ein Jugendlicher oder eine Jugendliche ein derartiges Video in der Schulgruppe – und im schlimmsten Fall muss womöglich die ganze Klasse das Handy abgeben.

Frage: Was hat sich international getan?

Antwort: Sowohl das Bundeskriminalamt wie auch die großen sozialen Medien – beispielsweise Google und Facebook – sprechen über eine gute Kooperation gerade in der Verfolgung von Darstellungen, die Kindesmissbrauch zeigen. Das war nicht immer so. Hinzu kommt die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden. So wurden 2021 etwa vom US National Centre for Missing end Exploited Children (NCMEC) – einer von der US-Regierung finanzierten NGO zur Verfolgung von Kindesmissbrauch – rund 5.900 Verdachtsfälle an das Bundeskriminalamt übermittelt.

Wie Schloßbauer sagt, würden die wenigsten Inhalte, die bei Stopline gemeldet werden, tatsächlich aus Österreich stammen. Der Großteil, nämlich über 99 Prozent, sei auf ausländischen Servern zu finden. Die Arbeit der Meldestelle liege daher darin, Partner-Hotlines zu informieren, die wiederum mit Strafverfolgungsbehörden in Kontakt treten. Gibt es keinen Zugang zu einer Hotline in dem jeweiligen Land, werde das Bundeskriminalamt informiert, das wiederum Kontakte über Interpol und Europol herstelle.

Tatverdächtige immer schwieriger zu fassen

Frage: Ist die Zahl der Fälle mit erwachsenen Tatverdächtigen auch gestiegen?

Antwort: In der Zahl der Anzeigen spiegelt sich das nicht so eindrucksvoll wider, allerdings wohl in der Zahl der Meldungen bei Stopline. Ein großes Problem ist, dass Täterinnen und Täter für die Behörden immer schwieriger zu fassen sind: Noch vor wenigen Jahren wurden fast 90 Prozent aller illegalen Inhalte an Behörden in einem anderen Land weitergeleitet. 2021 konnte man hingegen bei mehr als 50 Prozent der Inhalte das Ursprungsland nicht mehr nachvollziehen. Der Grund: "Täter weichen immer mehr ins Darknet aus", sagt Ebenberger, der auch als ÖVP-Bezirksrat tätig ist. Dort bleibt ihre Identität meist verschleiert.

Frage: Welche Entwicklungen lassen sich noch beobachten?

Antwort: "Es wird zu einem immer größeren Thema, dass Konsumierende dazu animiert werden, auch selbst Missbrauchsvideos zu erstellen", erzählt Schloßbauer. Sie berichtet von Tätergruppen, die vermehrt auf exklusive Darknet-Foren setzen, auf die nur zugegriffen werden kann, wenn man selbst Inhalte beisteuert.

Frage: Wie können Ermittlungsbehörden Verdächtige im Darknet fassen?

Antwort: Die Behörden setzen auf verdeckte Ermittlungen, bei denen sich Beamte in die Foren einschleusen und so einen Zugang zu Tätern suchen – oder aber auf Fehler, etwa, wenn jemand kurzfristig die eigene Identität aus Versehen technisch offenlegt.

Frage: Was lässt sich künftig besser machen?

Antwort: Behörden setzen vermehrt auf internationale Zusammenarbeit – doch auch im Bereich der Prävention wird etwa in Deutschland viel investiert. Hierzulande gibt es mit der Männerberatung Wien eine eigene Anlaufstelle, unter anderem für Pädophile. Sie sollen lernen, mit ihrer Störung umzugehen, und Handlungen finden, mit denen sie ihr Bedürfnis ersetzen. Allerdings ist die Zahl der Therapieplätze beschränkt, bezahlt werden muss außerdem – bis auf Ausnahmefälle, etwa verurteilte Pädosexuelle – aus der eigenen Tasche. (Muzayen Al-Youssef, 16.1.2023)