Mit der Essenslieferung für die Kindergärten des Vereins wurden vier Baufirmen beauftragt. Die Zahlungen für dieses Catering betrugen in drei Jahren 2,7 Millionen Euro – und erfolgten bar.

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Die Stadt Wien muss sich mit einem Fall von mutmaßlichem Fördermittelmissbrauch rund um einen privaten Kindergartenbetreiber beschäftigen. Der Stadtrechnungshof hat den Verein Minibambini mit mehreren Standorten im Westen Wiens einer stichprobenweisen Prüfung unterzogen und dabei zahlreiche Auffälligkeiten entdeckt. 2021 betrieb der Kindergarten 47 Gruppen an zehn Standorten, laut Vereinshomepage sind es aktuell zwölf Standorte. Die Einrichtungen werden wie zahlreiche andere private Kindergärten von der Stadt gefördert.

Der Prüfungszeitraum erstreckte sich über die Jahre 2019 bis 2021. Von der MA 10 (Kindergärten) erhielt der Verein in diesem Zeitraum Förderungen in Höhe von 15,6 Millionen Euro – darunter auch Anstoßfinanzierungen für zusätzliche Kindergartenplätze (1,1 Millionen Euro) sowie Covid-Sonderfinanzierungen (203.000 Euro).

Vier Baufirmen als Essenslieferanten

Bei der Prüfung stellte sich heraus, dass im Beobachtungszeitraum vier Baufirmen mit der Herstellung und Lieferung der Essensportionen für die betreuten Kinder beauftragt wurden. Diese Baufirmen hatten dafür aber keine Gewerbeberechtigungen. Drei dieser vier Firmen waren laut Finanzministerium Scheinfirmen. Alle vier beauftragten Baufirmen wurden zudem "infolge von Konkurseröffnungen innerhalb einiger Monate nach Ende der diesbezüglichen Vertragslaufzeiten aufgelöst bzw. amtswegig gelöscht".

Die Zahlungen für das Catering in Höhe von 2,7 Millionen Euro erfolgten ausschließlich bar über die Vereinskassa – was die Prüfer als "ungewöhnlich" werteten. Die Kindergartenbetreiber verteidigten sich damit, dass es zwar "unregelmäßig Mängel" gegeben habe: Bei der Qualität des Essens habe es aber keine Beanstandungen gegeben.

Familiäre Bande im Kindergartenverein

Die Prüfer kritisierten auch zahlreiche "In-sich-Geschäfte" zwischen den Familienmitgliedern, die den Verein führten. So vermieteten die Obfrau und die Kassierin des Vereins, übrigens die Tochter der Obfrau, Räumlichkeiten an den Verein Kindergarten Minibambini. Auch Inventar für 100.000 Euro wurde verkauft – was die Prüfer folgendermaßen beurteilten: "Die zugrunde liegende Inventarliste des Verkaufs ließ den StRH Wien an der Angemessenheit des vereinbarten Entgeltes zweifeln." Der Verein verwies auf eine Sanierung des Objekts durch die Vermieter – allerdings ohne Vorlage von Belegen.

Laut Stadt-RH wurden zudem großzügige "Darlehen" an Familienmitglieder gewährt. Rückzahlungen konnten aufgrund der mangelhaften Buchhaltung nicht kontrolliert werden.

Fünf BMWs für Kindergarten

Bei der Wahl von Dienstautos ließ sich der Kindergartenverein auch nicht lumpen. So wurden seit 2017 auch fünf BMWs und zwei Peugeots geleast. Ein BMW X5 wurde mit Anschaffungskosten von 106.000 Euro und einer Leasingrate von 1.036 Euro pro Monat angeführt, ein BMW 545e war mit Anschaffungskosten von 78.000 Euro gelistet.

Ein BMW wurde etwa von der Schwiegertochter der Obfrau gekauft und vom Verein als Leasingfahrzeug übernommen. Bei einem anderen vom Verein geleasten BMW war der Sohn der Obfrau zuvor Käufer des Fahrzeugs. Die vernichtende Kritik der Prüfer dazu: "Das Ausmaß der betrieblichen Nutzung der obengenannten Kfz konnte der StRH Wien aufgrund fehlender Aufzeichnungen wie z. B. Fahrtenbücher nicht überprüfen." Alleine die Kfz-Aufwendungen zwischen 2019 und 2021 – noch ohne Leasingvorauszahlungen – machten 229.000 Euro aus.

Dazu kommt, dass auch Verkehrsstrafen – teilweise in Niederösterreich – vom Kindergartenverein übernommen wurden, auch Zahlungen an die Asfinag waren darunter.

Prüfbericht wurde der Staatsanwaltschaft übermittelt

Die pädagogische Tätigkeit des Kindergartens war nicht Gegenstand der Prüfung. Die Stadt Wien verwies aber darauf, dass bei Kontrollen der MA 11 (Kinder- und Jugendhilfe) "keinerlei Mängel aus den Bereichen Kinderschutz oder pädagogische Bildungsarbeit festgestellt" worden seien, wie es in einer Stellungnahme aus dem Büro von Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) heißt.

Wie vom Stadt-RH angeregt, hat die Stadt nun einen externen Wirtschaftsprüfer beauftragt, um die Jahre 2019 bis 2021 des Kindergartenvereins zu prüfen. Der Verein wird allerdings bereits seit dem Jahr 2009 von der Stadt im Rahmen des Modells "Beitragsfreier Kindergarten" gefördert. Eine Prüfung der Geschäftsgebarung seit 2009 ist demnach vorerst kein Thema.

Zudem wurde der Bericht des Stadt-RH der Staatsanwaltschaft übermittelt. Laut dem Büro Wiederkehr sind jedenfalls aus dem Bericht "weitere Verdachtsmomente und mögliche Tatbestände ersichtlich".

Thema sind auch Rückforderungen: So fordert die Stadt 125.000 Euro einer Anstoßfinanzierung aus dem Jahr 2021 zurück, weil die neue Kindergartengruppe nicht fristgerecht eröffnet wurde. Auch die bezahlten Geldstrafen und Verwaltungsstrafen des Vereins – insgesamt rund 24.000 Euro – werden überprüft, auch hier ist laut Stadt eine Rückforderung möglich. Ob rechtswidriges Verhalten durch den Verein vorliegt, "ist nun durch die Gerichte zu klären".

Massive Kritik der Opposition

"Der systematische Missbrauch von Fördermitteln in Wiener Kindergärten wird auch unter den Neos nahtlos fortgesetzt", sagten ÖVP-Landesparteichef Karl Mahrer und ÖVP-Bildungssprecher Harald Zierfuß in einer gemeinsamen Aussendung. Die ÖVP fordert eine externe Wirtschaftsprüfung, die bis zum Jahr 2009 zurückreicht, und verlangt einen Sondergemeinderat.

Auch die Grünen sprechen von einem massiven Förderskandal: "Der Kindergartenverein, der offensichtlich von einer Familie geführt wird und über mehrere Jahre Fördermittel in Millionenhöhe erhielt, konnte unkontrolliert jahrelang Steuermittel lukrieren, die teilweise in die eigene Tasche gesteckt wurden", hieß es in einer Aussendung. Kritisiert wird die MA 10, die hier nicht früher eingegriffen habe, wie Martin Margulies formulierte.

FPÖ-Chef Dominik Nepp verwies auf ein "Multiversagen der rot-pinken Stadtverantwortlichen". Er forderte auch eine interne Prüfung im Bereich der MA 10. (David Krutzler, 16.1.2023)