Im Gastblog schreibt Florian Martek* über die schwierige Rolle der Väterkarenz in Österreich.

Mittlerweile, mit knapp über fünf Monaten, hat sich meine Tochter schon wieder so stark im Vergleich zum Beginn der Karenz vor sechs Wochen verändert. Im Herbst hatte sie noch einige Nächte mehr oder weniger durchgeschlafen, wir waren ganz gut erholt. Jetzt aber wird sie immer mobiler und hat ganz andere Bedürfnisse, was die Betreuung angeht.

Sie bekommt schon ein bisschen Beikost und trinkt jetzt wieder deutlich mehr, und das vor allem in der Nacht. Ich fühle mich jetzt fast wieder wie in den ersten Wochen nach der Geburt – als Zombie. Das Motto derzeit ist: Unterhaltung rund um die Uhr. Die Kleine möchte alles sehen, hören, riechen und fühlen. Ich habe diesen Ohrwurm von einem Song von Pink: "I'm not here for your entertainment" – das denke ich mir oft, wenn ich sie gefühlt den ganzen Tag durchgehend "bespaßt" habe. Und dann fällt mir ein: "Doch, eigentlich bin ich dazu da." Wenn man ein Kind hat, ist das in vielen Phasen einfach so. Auch die bisher so ruhigen Spaziergänge haben sich verändert, die Kleine schläft oft nur mehr kurz, und dann ist ihr schnell fad auf dem Rückweg.

Karenz bedeutet neben vielen anderen Aufgaben auch, zur "Bespaßung" gebraucht zu werden – etwa beim Singen.
Foto: https://www.istockphoto.com/de/portfolio/Hirurg

Anfangs war mir das Singen in der Öffentlichkeit noch peinlich. Singende Mütter mit Kinderwagen sind mir schon öfters begegnet, singende Väter noch nie. Dazu kommt, dass ich kein besonders guter Sänger bin. Aber Augen zu und durch, lieber viele Blicke auf mich ziehen, als ein schreiendes Kind zu schieben. Außerdem hat mir das auch schon ein paar durchaus respektvolle Blicke von anderen Müttern eingebracht. Vor allem, als ich singend mit meiner Tochter in der einen und dem Kinderwagen in der anderen Hand mühsam gegen den Wind ankämpfte. Denn aus dem "Wagerl" hat man nicht so eine gute Aussicht.

Gerade in letzter Zeit fühle ich mich schon manchmal überfordert, zumindest annähernd. Aber ich glaube, das geht auch allen Müttern mit Kindern in diesem Alter so, das bestätigen zumindest diejenigen Frauen aus unserem Freundeskreis. Und diese "Bespaßung" rund um die Uhr, die wird ja dann weniger notwendig sein, sobald das Kind krabbelt. Dann wird die Situation besser, einfacher oder zumindest anders, wie mir gesagt wurde.

Reaktionen auf meine Karenz

Mittlerweile haben uns fast alle alten Freunde und Bekannten besucht und unsere Tochter kennengelernt. Dabei hat sich gezeigt, dass die Reaktion auf meine Karenz ganz unterschiedlich ausfällt. Das Stadt-Land-Gefälle ist dabei schwächer ausgeprägt als erwartet, das Generationengefälle teilweise sehr stark. Enttäuscht war ich vor allem von vielen "Boomern", also der Generation meiner Eltern, geboren in den 1950ern bis Anfang der 1960er-Jahre. Gerade da hätte ich mehr Emanzipation von den Frauen erwartet, doch interessanterweise kamen viele skeptische Aussagen oder zumindest "Vibes" von ihnen.

Von den Männern kam viel Bewunderung – gekoppelt mit Verwunderung, die sich aber rasch auflöste, als wir von der peripartalen Depression meiner Frau erzählten. Wörter wie "cool" oder "stark" sind oft gefallen, dann kam oft die Frage, wie wir das mit dem Stillen machen – irgendwie auch klar, heutzutage denkt niemand daran, dass man sich bewusst gegen das Stillen entscheiden kann – da wird man schnell mal komisch angeschaut. Auch ich hatte mir vorher nie ernsthaft über Milchpulver und Fläschchen Gedanken gemacht. Ein Freund hat kürzlich zugegeben, er wusste gar nichts von der Existenz von Säuglingsanfangsnahrung.

Am meisten freute mich die Bewunderung der gleichaltrigen Frauen, zumindest am Anfang. Gleichzeitig machte es mich auch nachdenklich. Mir wurde wieder klar, dass diese Bewunderung auf die traurige Tatsache zurückzuführen ist, dass selbst in meiner Generation teilweise noch sehr konservative Familienbilder verbreitet sind und extrem wenige Männer so früh schon in Karenz sind.

Die Schwierigkeiten des österreichischen Modells

In Zahlen gibt es in Österreich nur in zwei von zehn Partnerschaften überhaupt Väterbeteiligung. Nur zwei Prozent der Väter unterbrechen die Erwerbstätigkeit für drei bis sechs Monate, lediglich ein Prozent für mehr als sechs Monate. Zwar hat sich die Zahl der Väter, die in Karenz gehen, zwischen 2006 und 2018 mehr als verdoppelt, doch scheint auch der danach eingeführte Papamonat nicht die gewünschten Auswirkungen zu haben. Denn wer als Vater zur Geburt des Kindes einen Monat daheim bleibt und den Familienzeitbonus in Anspruch nimmt, wird danach "bestraft", wenn er auch in Karenz geht: Der Betrag wird dann nämlich wieder vom Kinderbetreuungsgeld abgezogen. Doch die Alternativen sind, entweder Urlaub zu verbrauchen (den der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin natürlich ablehnen kann) oder diesen Monat sozusagen gratis daheim zu bleiben. Das österreichische Modell ist also äußerst dürftig.

Im Vorzeigeland Island hat jeder Elternteil Anspruch auf sechs Monate Karenz, wobei sechs Wochen getauscht werden können. Nimmt der Vater diese nicht in Anspruch, verkürzt sich die Dauer der bezahlten Karenz dramatisch. So gehen mehr als 90 Prozent der Männer in Island in Karenz.

Gesellschaftliche Akzeptanz

Andere Gründe, die ich persönlich von Bekannten und Arbeitskollegen gehört habe, gibt es zur Genüge. Der Hauptgrund scheint der Verdienst zu sein, denn auch unter Akademikern verdienen Männer im Durchschnitt immer noch mehr. Und bei der derzeitigen Deckelung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes von knapp 70 Euro pro Tag ist es auch verständlich, dass man nicht auf viele Hundert Euro Haushaltseinkommen im Monat verzichten will oder kann. Und eine Ausgleichszahlung, um besserverdienende Väter zu motivieren, in Karenz zu gehen, gibt es mit Ausnahme des kaum genutzten Partnerschaftsbonus nicht.

Ein weiterer Grund, den ich schon öfters gehört habe, ist, dass die Akzeptanz für Papamonat und Väterkarenz in vielen Firmen leider noch gering zu sein scheint. Einige Bekannte befürchten Nachteile bei ihren Aufstiegschancen. Sie berichten von Kollegen, die nach einer Karenz bei Beförderungen übergangen wurden. Oder von Führungskräften, die in Meetings den Papamonat beziehungsweise Kollegen, die ihn in Anspruch nehmen wollen, belächeln. Und leider gibt es auch in meiner Generation immer noch viele Väter, die es sich selbst gar nicht zutrauen, sich monatelang alleine um das Kind zu kümmern. Diese Väter kann ich in den nächsten Beiträgen hoffentlich ansprechen und motivieren. (Florian Martek, 30.1.2023)