Ständige Aussetzer beim Videochat, Qualitätsprobleme beim Filmstreaming oder auch ein regelmäßiger Totalausfall der Internetverbindung: Der Ärger der von solchen Phänomenen Geplagten ist zwar nachvollziehbar, oft richtet er sich aber an die Falschen. Ist doch oftmals gar nicht der jeweils genutzte Dienst schuld. In vielen Fällen ist es das eigene WLAN, an dem es hapert.

Das hat mehrere Gründe. Zum Teil liegt es schlicht an billiger und veralteter Hardware, zudem ist Funk nun einmal eine für Störungen durch andere Geräte sowie die WLANs der Nachbarschaft anfällige Technologie. Dass WLAN-Router dann oftmals wenig attraktiv sind und entsprechend irgendwo in einem Kasten versteckt werden, schadet natürlich noch weiter – stört das doch die Verbreitung der Funkwellen.

Bessere Router zahlen sich aus

Alles Probleme, die moderne WLAN-Systeme anzugehen versuchen. So können etwa Mesh-Router über die Kombination mehrerer Basisstationen ein Netz über die gesamte Wohnung spannen und versprechen, so auch den letzten Winkel zu erreichen. Dazu kommen aber natürlich auch immer wieder neue WLAN-Standards sowie aktuell sogar ein komplett neuer Frequenzbereich.

Der Nest Wifi Pro in seinem natürlichen Habitat.
Foto: Proschofsky / STANDARD

All das will Google bei seinem neuesten Mesh-WLAN-System kombinieren – dem Nest Wifi Pro. Ein Neuling in dieser Sparte ist Google übrigens nicht, es ist bereits die vierte Generation an Mesh-Routern, die das Unternehmen anbietet. Im Vergleich zum 2019 vorgestellten Nest Wifi (also ohne "Pro") hat sich dabei hardwaremäßig einiges getan.

Nest Wifi Pro

Herausragendes Merkmal ist die Unterstützung von Wifi 6E und damit der derzeit aktuellen Generation des WLAN-Standards. Diese zeichnet sich vor allem durch eine Neuerung aus: Zum ersten Mal seit rund 20 Jahren wird ein komplett neuer Frequenzbereich unterstützt, und zwar jener rund um 6 GHz.

Denn auch wenn der Name anderes suggeriert, der Vorgänger Wifi 6 konnte das noch nicht, der war noch auf die bisherigen Frequenzen bei 2,4 und 5 GHz beschränkt – die hier aber natürlich parallel ebenfalls unterstützt werden, nur damit keine Missverständnisse entstehen. Es handelt sich beim Nest Wifi Pro also um einen Triband-Router, der automatisch auswählt, welcher Frequenzbereich für welches Gerät je nach Standort und Auslastung gerade am besten ist.

Vorteile

Das 6-GHz-Spektrum schafft nun nicht nur zusätzlichen Platz für die Datenübertragung, es sind auch breitere Kanäle (bis zu 160 MHz) möglich, was wiederum höhere Datenraten verspricht. Vor allem aber: Derzeit ist in diesem Bereich praktisch nichts los. Die Chance, damit Nachbarn in die Quere zu kommen, liegt selbst im innerstädtischen Bereich praktisch bei null. In Österreich ist dieses Phänomen besonders ausgeprägt, wurde der entsprechende Frequenzbereich doch gerade erst für die WLAN-Nutzung freigegeben.

Die aktuelle Realität im innerstädtischen Raum in Wien. Ein entscheidender Vorteil von 6 GHz ist, dass es derzeit schlicht niemand nutzt.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Das Ausharren Österreichs hat aber noch eine anderen – indirekten – Vorteil. Gibt es so doch bereits einige Geräte, die tatsächlich Wifi 6E unterstützen. Dazu zählen neben einzelnen Laptops und Fernsehern vor allem viele High-End-Smartphones in dieser Riege. Diese profitieren von einem entsprechenden Router also umgehend. Also zumindest, wenn "High End" nicht "Apple" heißt, beim iPhone lässt man sich in dieser Hinsicht etwas länger Zeit. Bei anderen Herstellern wie Samsung oder Google wird der 6-GHz-Bereich aber bereits genutzt.

Preisfrage

Der Nest Wifi Pro ist nun zwar nicht der erste Router, der Wifi 6E unterstützt, er ist derzeit aber einer der günstigeren. Wobei das wirklich relativ zu sehen ist, denn der Preis von 219,99 Euro für ein Gerät sowie 329,99 Euro für ein Zweierpack ist natürlich noch immer kein Schnäppchen.

Doch kommen wir zunächst einmal zu den Äußerlichkeiten – stellt doch Google den Anspruch, Wert auf ein gefälliges Äußeres zu legen, damit diese Geräte eben nicht irgendwo versteckt werden, sondern offen im Raum stehen und so ihre volle Leistung entfalten können. Das ist beim Vorgänger auch tatsächlich sehr gut gelungen – beim Nest Wifi Pro hingegen eher mäßig.

Ersteindruck

Zwar gibt es keine nach außen sichtbaren Antennen, dafür ist das Design in Form eines überdimensionierten "Tic Tac" gerade aufgrund seines Hochglanzlooks sicherlich Geschmacksfrage. Dass in Österreich lediglich Weiß als Farbe zur Wahl steht, hilft ebenfalls nicht. Um Welten besser als all die spinnenartigen Monster, die sonst so für das WLAN sorgen, ist das aber allemal.

Um das größenmäßig einordnen zu können: Einer dieser Router ist 130 x 117 x 85 Millimeter groß, das Gewicht liegt bei 595 Gramm. Nach außen sichtbar ist eine kleine LED, die über verschiedene Farben den aktuellen Status des Geräts signalisiert. Leuchtet diese weiß, ist üblicherweise alles okay. Für Räume, in denen so ein dauerhaftes Licht als störend empfunden wird, kann die LED aber auch deaktiviert werden – die nötigen Informationen gibt es ohnehin in der zugehörigen App. Ansonsten sind auf der Rückseite noch der Stromanschluss sowie zwei Gigabit-Ethernet-Ports angebracht – einer für das eingehende Netz, einer, um dieses weiterzureichen.

Keine Kombination mit alter Hardware

Eine wichtige Anmerkung noch: Ließen sich frühere Hardwaregenerationen der Google-Router kombinieren, ist das beim Nest Wifi Pro nicht der Fall. Das liegt laut Google daran, dass die gesamte Mesh-Kommunikation über das 6-GHz-Netz läuft, da dort am wenigsten Störungen zu erwarten sind. Vorhandene Google Wifis oder Nest Wifis können also nicht mit dem neuen Nest Wifi Pro kombiniert werden.

Das hat den Vorteil, dass selbst Netzwerke, wo keine Endgeräte mit Wifi-6E-Support genutzt werden, von den zusätzlichen Frequenzen profitieren, indem die interne Kommunikation flotter und stabiler ist. Gleichzeitig führt es aber eben dazu, dass solche Netzwerke nicht mehr mit älteren Routergenerationen gemischt werden können, die schlicht nicht die passende Hardware haben.

Schwaches Signal

Wer die Spezifikationen nicht im Detail gelesen hat, der dürfte bei der ersten Nutzung des Nest Wifi Pro eine Enttäuschung erfahren. Die Flächenabdeckung ist nämlich kaum besser als beim Vorgänger. Google selbst spricht von 120 Quadratmetern mit einem Gerät, in der Kombination aus zweien sind es dann bis zu 220. Vor allem aber sind das Maximalwerte, die in der Praxis nicht erreicht werden – insbesondere die dicken Wände eines Altbaus schlucken sehr viel Signalstärke.

Zum Vergleich ein Blick auf einen der direkten Konkurrenten, den Eero Pro 6E, der mit bis zu 190 Quadratmetern wirbt – dafür aber auch erheblich mehr kostet. Ab 360 Euro für einen einzelnen Router zahlt man für diesen derzeit und damit also mehr als für das Doppelpack von Google.

Geschwindigkeit

Der Nest Wifi Pro wirbt mit einer Gesamtgeschwindigkeit des Netzwerks von 4,2 Gbit/s – also AXE4200. Auch in dieser Hinsicht steht man nicht an der Spitze aktueller Router, der neueste Netgear Orbi verspricht etwa AXE11000 – also bis zu 11.000 Mbit/s. Beim Preis sind wir dann aber endgültig in komplett anderen Regionen angelangt, ein Dreierpack dieser Hardware wird um knapp 2.000 Euro gehandelt.

Auf der Rückseite finden sich zwei Gigabit-Ethernet-Anschlüsse.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Das sind jetzt alles nette, aber halt auch theoretische Werte, die kein solches System in der Praxis erreicht. Insofern ein Blick auf die Praxis: Im Wohnumfeld des Testers schlägt sich der Nest Wifi Pro durchaus gut. Beim Transfer einer großen Datei von einem Laptop mit WiFi-6-Support wurden bis zu 850 Mbit/s gemessen. Das allerdings sehr nahe beim Router, sonst waren es im Schnitt eher so 400 bis 500 Mbit/s – an einzelnen Stellen natürlich auch weniger.

Ein Eero Pro 6 erreicht im Vergleich zwar noch etwas mehr – je nach Abstand um bis zu 50 Prozent mehr –, trotzdem sind diese Ergebnisse der Google-Hardware durchaus okay. Etwas enttäuschend hingegen, dass auch mit einem Wifi-6E-kompatiblen Smartphone hier nicht mehr herausgeholt werden konnte.

Reale Nutzung

Viel wichtiger als solche Benchmarks ist aber die reale Nutzung. Im Test-Setup ist es jedenfalls so, dass es über Wochen eigentlich nie größere Probleme gab, auch mehrere 4K-Streams parallel problemlos liefen – und zwar egal wo in der Wohnung. Auch Stadia lief tadellos – also halt, bis der Service von Google seinem unrühmlichen digitalen Ende zugeführt wurde.

Hier macht sich nicht zuletzt bezahlt, dass der Nest Wifi Pro deutlich besser mit einer Vielzahl an Clients umgehen kann als etwa sein Vorgänger. Bis zu 100 Geräte pro Router gibt Google selbst als Obergrenze an. Das ist nicht zuletzt in Haushalten mit einer Fülle an unterschiedlichen Smart-Home-Devices wichtig.

Beschränkung

Doch noch ein Schwachpunkt: Etwas schade ist, dass lediglich Gigabit-Ethernet unterstützt wird. Zwar ist es in Österreich derzeit ohnehin kaum möglich, eine schnellere Internetanbindung zu bekommen, sollte das aber einmal der Fall sein, würde diese Geschwindigkeit durch den Nest Wifi Pro gedrosselt. Der Eero Pro 6E unterstützt hingegen Ethernet bis zu 2,5 Gbit/s und ist somit für all jene mit Ultra-Breitband-Ambitionen eine Wahl mit größerer Zukunftssicherheit.

An dieser Stelle eine kleine Zwischenbemerkung: Ob die geringe Signalstärke oder auch die schwächeren Ethernet-Ports – all das sind durchaus valide Entscheidungen mit dem Blick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis. Allerdings ist dann der Namenszusatz "Pro" reichlich irreführend. Wenn man sich die Hardware ansieht, handelt es sich dabei eigentlich eher um eine aktualisierte Variante eines Nest Wifi – und so sollte sie auch benannt sein. Aber gut, nachvollziehbare Benennungen waren ohnehin immer schon ein schwieriges Thema in dieser Branche.

Keine Trennung

Eine Trennung in Basisstation und Satelliten – wie es noch beim Nest Wifi der Fall war – gibt es übrigens nicht mehr, sämtliche Eckpunkte sind also gleich und somit auch gleich stark. Neben der besseren Abdeckung heißt dies, dass sie allesamt Ethernet-Anschlüsse aufweisen. Wer will, kann also jeden einzelnen davon auch via Kabel mit dem optimalen Signal versorgen, um die Qualität der real existierenden WLAN-Abdeckung noch weiter zu verbessern.

Kein Mikrofon

Umgekehrt heißt das auch, dass es kein Modell mit integriertem smartem Lautsprecher mehr gibt, die bisher die Satelliten auszeichneten. Das kann man betrüblich finden, gleichzeitig heißt das auch, dass hier kein Mikrofon verbaut ist, was für viele andere wiederum ein Gewinn sein mag.

Google Home

Die Verwaltung wird in der Google-Home-App übernommen.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Sowohl Einrichtung als auch Konfiguration des Nest Wifi Pro erfolgen über die Google-Home-App, die dann einen eigenen Bereich für sämtliche WLAN-Belange aufweist. Von dort können nicht nur allerlei Statistiken zum Datenverbrauch, sondern auch Informationen über die derzeit verbundenen Geräte sowie über die Qualität des Netzwerks abgefragt werden.

Letzteres soll auch dabei helfen, etwaige Probleme zu finden, so wird etwa dazu geraten, einzelne Eckpunkte anders zu positionieren, wenn die Verbindung nicht optimal ist. Manchmal ist das aber auch ein Hinweis darauf, dass eventuell über die Anschaffung eines zusätzlichen Routers nachgedacht werden sollte, um den Mesh-Verbund zu stärken. Zudem informiert die App auch sonst über allerlei Netzwerkprobleme, selbst vor beschädigten Netzwerkkabeln soll sie warnen.

Smarte Integration

Parallel zum Hauptnetzwerk kann auch ein Gast-WLAN eingerichtet werden, dank Integration mit dem Google Assistant lässt sich dessen Passwort dann auch auf smarten Displays anzeigen – so man ein solches hat. Es gibt diverse Funktionen aus dem Bereich Kindersicherung, darunter die Möglichkeit, den Zugang zum WLAN zeitlich zu beschränken. Auch das ist übrigens wieder mit dem Google-Universum vernetzt, sodass dann dem smarten Lautsprecher befohlen werden kann, mal kurz das Netz zu pausieren, damit auch wirklich alle zum Essen kommen.

Dazu kann der Nest Wifi Pro einzelne Geräte oder auch generell Anwendungen wie Videochat priorisieren. Es ist möglich, ausgewählten Clients eine fixe IP zuzuweisen, die DNS-Einträge können ebenso individuell angepasst werden wie das Subnetz oder das Port Forwarding. All das auch von außen, funktioniert die Steuerung doch über einen Cloud-Service von Google. Das ist bequem, Profis werden hier aber sicherlich zahlreiche Optionen zu einer manuellen Anpassung des Routers ganz ohne App fehlen – aber die sind ehrlicherweise auch nicht die Zielgruppe.

Updates

Software-Updates werden automatisch installiert, und zwar, wenn das Netz gerade wenig bis nicht genutzt wird, um den Betrieb nicht zu stören. Das offizielle Update-Versprechen garantiert Aktualisierungen bis zum Oktober 2027. Erfreulicherweise hat Google dieses Versprechen in der Vergangenheit aber immer übererfüllt, so bekommt etwa der Google Wifi aus dem Jahr 2016 weiterhin neue Softwareversionen, obwohl die Garantie schon 2021 ausgelaufen ist.

Noch etwas zum Thema Sicherheit: Hierfür unterstützt der Nest Wifi Pro den WPA3-Sicherheitsstandard, der die Kommunikation mit Endgeräten besser absichert. Da dieser aber bei manchen – sehr alten – Clients für Probleme sorgen kann, lässt sich dieses Feature auch deaktivieren, wenn möglich sollte das aber vermieden werden.

Smart Home

Einige Detaileinstellungen und Statistiken in der Google-Home-App.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Eine der Besonderheiten des Nest Wifi Pro ist die Unterstützung für Smart-Home-Geräte – und zwar sowohl auf Soft- als auch auf Hardwareseite. Das Gerät bietet also nicht nur Unterstützung für den neuen Smart-Home-Standard Matter, es kann auch als "Border Router" agieren und so dabei helfen, die entsprechenden Signale in der Wohnung zu verbreiten und dann ohne Umweg über das Internet Licht und andere Geräte zu steuern.

Zu diesem Zweck ist die notwendige Hardware für die Unterstützung des Netzwerkstandards Thread verbaut, auch Bluetooth 5.0 unterstützt der Nest Wifi Pro. Und für all jene, die es besonders genau wissen wollen: Für die Rechenaufgaben ist ein Dual-Core-ARM-Prozessor mit bis zu 1 GHz Taktfrequenz verbaut, das RAM ist 1 GB groß, der lokale Datenspeicher umfasst 8 GB.

Stromverbrauch

Bleibt noch die Frage nach dem Stromverbrauch: Im Test variierte dieser zwischen sechs und acht Watt pro Router. Das ist eine Spur mehr als beim alten Nest Wifi, generell für so ein doch dauernd aktives Gerät aber durchaus in Ordnung.

Fazit

Der Nest Wifi Pro erweist sich als durchaus gute Wahl für einen modernen Mesh-WLAN-Router mit Wifi-6E-Support. Gibt es schnellere und stärkere Optionen? Natürlich, die kosten dann aber auch mehr – und zwar zum Teil erheblich.

Die Nutzung ist simpel, die Einrichtung ebenso, die Smart-Home-Features sind ein echter Pluspunkt für all jene, die an dem Thema Interesse haben. Wer eine generelle Aversion gegen Cloud-Anbindung und App-Steuerung im Allgemeinen und Google im Speziellen hat, für den ist der Nest Wifi Pro natürlich nichts. (Andreas Proschofsky, 18.3.2023)