In keinem Zeitraum in keinem Land sind mehr Menschen gleichzeitig unterwegs als während des chinesischen Neujahrsfests.

REUTERS/Aly Song

Dieses Jahr sind es aber möglicherweise etwas weniger als vor Corona.

REUTERS/Tingshu Wang

Für Schnelligkeit und Prosperität steht der Hase auch bei den chinesischen Tierkreiszeichen. Und was könnte China derzeit mehr brauchen als eine schnelle Rückkehr zu mehr Wirtschaftswachstum? Am 22. Jänner beginnt offiziell das chinesische Neujahr. Gefeiert wird es nicht nur auf dem chinesischen Festland, sondern im ganzen ostasiatischen Raum von insgesamt rund zwei Milliarden Menschen. In China kommt den Feierlichkeiten, die insgesamt rund zwei Wochen dauern, aber eine besondere Bedeutung zu. Die sich dann abspielenden Reiseprozesse gelten als "größte Migrationsbewegung des Planeten". Will heißen: In keinem Zeitraum in keinem Land sind mehr Menschen gleichzeitig unterwegs als während des chinesischen Neujahrsfests.

Wanderarbeiter unterwegs

Das liegt auch an der einmaligen Struktur der Arbeitsmigration. Während in den meisten Staaten der Welt, die eine bestimmte Wohlstandsschwelle erklommen haben, auf ausländische Arbeitskräfte für einfache Tätigkeiten zurückgegriffen wird, findet dieser Prozess in China innerhalb des Landes statt. Rund 300 Millionen zählen als "Wanderarbeiter" – Menschen, die ihre Heimatstadt auf dem Land verlassen, um in den großen Metropolen für einige Jahre zu arbeiten, in der Hoffnung, dass das Ersparte irgendwann für ein eigenes Haus oder Wohnung in der Heimat reicht.

Ihre Kinder lassen die Wanderarbeiter meist bei den eigenen Eltern zurück, sodass Millionen von chinesischen Kindern bei ihren Großeltern aufwachsen und die eigenen Eltern meist nur ein- oder zweimal im Jahr zu Gesicht bekommen.

Die Ferienwoche um das chinesische Neujahrsfest beginnt dieses Jahr am 21. Jänner und endet am 27. Jänner, und für einen Großteil der Wanderarbeiter ist es die einzige Gelegenheit, ihre Familie in der Heimat zu besuchen.

Reisewelle unter besonderen Vorzeichen

Hinzu kommen noch Millionen Chinesen aus der Mittelschicht, die einfach Urlaub machen und in wärmere Nachbarländer verreisen oder Städtetrips innerhalb des Landes buchen.

Dieses Jahr steht die Reisewelle unter besonderen Vorzeichen. Es ist das erste Neujahrsfest ohne Einschränkungen seit drei Jahren. China hat innerhalb kürzester Zeit nahezu alle Reisebeschränkungen und Covid-Regelungen abgeschafft. Niemand muss mehr fürchten, in einer fremden Stadt eingesperrt zu werden, weil dort wegen eines Positiv-Falls ein Lockdown verhängt wurde. Auch PCR-Tests sind nicht mehr notwendig.

Die abrupte Kehrtwende in der Covid-Politik stößt aber auch auf viel Kritik. Die Krankenhäuser sind überfüllt, zahlreiche Menschen krank. Die chinesische Regierung hat am vergangenen Freitag erstmals Zahlen veröffentlicht: Demnach seien seit Dezember knapp 60.000 Menschen in Zusammenhang mit einer Covid-Erkrankung gestorben. Nur 5.000 Personen seien tatsächlich "an" und nicht "mit" Covid gestorben. Viele Experten bezweifeln die Zahlen allerdings und glauben, dass diese weitaus höher liegen.

Jahr des Hasen

Den Chinesen den Heimaturlaub zu verbieten gelingt auch der kommunistischen Partei nicht ein drittes Jahr in Folge. Und so hat man vergangene Woche zumindest davon "abgeraten". "Ihr habt viele Möglichkeiten, eure Zuneigung auszudrücken", sagte am vergangenen Mittwoch Professor Guo Jianwen, ein Mitglied des nationalen Pandemie-Teams. "Ihr müsst nicht unbedingt das Virus nach Hause bringen."

Auf dem Jahr des Hasen liegt also die Hoffnung, dass auch die Covid-Welle schnell vorüber ist und das Land dann auf den Weg der Prosperität zurückkehrt. (Philipp Mattheis, 17.1.2023)