Landeshauptmann Anton Mattle und sein Stellvertreter Georg Dornauer (links) wollen fünf Millionen Quadratmeter an Photovoltaikflächen schaffen. Dafür sollen Großparkplätze mit PV-Modulen überdacht werden.

Foto: APA / Johann Groder

Ende August wurde in Jenbach eine der größten PV-Anlagen in Westösterreich präsentiert.

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Im Steinbockzentrum im beschaulichen Tiroler St. Leonhard im Pitztal stellen Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) und die Seinen gerade landespolitische Weichen für das erste halbe Jahr. Am heutigen Dienstag soll das Ergebnis des Treffens, das unter dem Titel "Herausforderungen und Chancen in der Energiewende" firmiert, präsentiert werden.

Einige Vorbereitungen wurden bereits getroffen. So begann das Jahr mit einer Fusion zweier Organisationen, die von der Politik gerne als "Treiber der Energiewende" bezeichnet werden: des Vereins Energie Tirol sowie der landeseigenen Wasser Tirol GmbH. Sie sind nun unter dem Dach der sogenannten Energieagentur Tirol angesiedelt.

ÖVP-Energielandesrat Josef Geisler hat große Ansprüche an das neue Konstrukt. So soll die Agentur "Anlaufstelle für die Gemeinden, Regionen, Privatpersonen und Unternehmen in allen Energiefragen" werden, wie er auf Anfrage des STANDARD ausführt. Zudem soll sie insbesondere den "Wasserschatz" sichern und bewirtschaften.

Des Energielandesrats Wortwahl zeigt: Die Tiroler Energiewende ist auf Flüssen gebaut. Mehr als 90 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammt aus der Wasserkraft. In den vergangenen zwei schwarz-grünen Legislaturperioden hat der Aus- und Neubau von Wasserkraftwerken allerdings immer wieder zu innerkoalitionärem Gezerre geführt. Deutlich harmonischer dürfte es nun unter schwarz-roter Ägide ablaufen.

Deren Wirken in Bezug auf die Energiewende fußt auf der Tiroler Nachhaltigkeits- und Klimastrategie der Vorgängerregierung, die bis 2030 umgesetzt werden soll. Im März wurde das erste Maßnahmenpaket vor- und der Schwerpunkt nicht nur auf Wasserkraft, sondern insbesondere auf Solarenergie gelegt.

Der erste große energiepolitische Wurf der schwarz-roten Landesregierung wird in ebenjenem Bereich erwartet. Schließlich haben sich die Koalitionäre zum Ziel gesetzt, fünf Millionen Quadratmeter an Photovoltaikfläche zu schaffen. Gemäß der Energiestrategie des Landes sollen bis 2050 aus der Kraft der Sonne 3900 Gigawattstunden (GWh) gewonnen werden.

Sonnenenergie auf Parkplätzen

Der Großteil der Sonnenenergie soll zwar auf Dächern und Fassaden der Gebäude produziert werden. Das wird allerdings nicht reichen. Gleichzeitig ist Tirol österreichischer Spitzenreiter in der Bodenversiegelung.

Im Wahlkampf entschied die Landeshauptmannpartei von Mattle, diese beiden Tatsachen zu verbinden – und trumpfte mit der Idee auf, Großparkplätze mit PV-Modulen zu überdachen. Energielandesrat Geisler legte dazu im Oktober eine Potenzialstudie vor. Diese wies 3400 Parkplätze mit einer Fläche von insgesamt 5,6 Millionen Quadratmetern als geeignet aus. Bis zu 283 Gigawattstunden Sonnenstrom könnten so erzeugt werden – Strom für rund 81.000 Haushalte ohne "Solarparks auf der grünen Wiese", frohlockte Geisler damals. Doch die Sache hat einen Haken: Die ausgewiesenen Parkplätze gehören nicht dem Land. Wie die Parkplatz-besitzenden Seilbahnen, Supermärkte oder Fachgeschäfte zur Komplizenschaft in der Solarmission überredet werden sollen, ist bis dato offen und dürfte wohl auch Thema auf der Regierungsklausur sein.

Rückenwind dürfte Tirol jedenfalls vergangene Woche verspürt haben. Konkret durch eine Ankündigung der Bundesregierung: Diese hatte bei ihrer Regierungsklausur in Mauerbach das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EBAG) angekündigt. Demnach soll für die Errichtung von PV-Anlagen auf versiegelten Flächen künftig kein Genehmigungsverfahren mehr zu durchstehen sein.

In puncto Solarkraft dürfte jedenfalls die als Gesellschaft des landeseigenen Energieversorgers Tiroler Wasserkraft AG (Tiwag) gegründete Tinext eine prominente Rolle einnehmen. Im Regierungsprogramm wird eine Aufstockung der Ressourcen sowie ein Ausbau und die Weiterentwicklung angekündigt. Laut dem Dachverband Photovoltaic Austria hat Tirol österreichweit den längsten Weg vor sich, um die Zielvorgaben zu erreichen. Im Jahr 2021 wurden erst zwölf Prozent der vorgegebenen Anlagen im Bundesland errichtet.

Luft nach oben bei Windenergie

Luft nach oben – im wahrsten Sinn des Wortes – gibt es auch bei der Windenergie. In Tirol steht noch kein einziges Großwindrad.

Vor allem ÖVP und FPÖ hatten sich bisher ablehnend gegenüber Windkraft geäußert und unter anderem die topografischen Begebenheiten als Gründe für ihre Haltung angeführt. Eine vom Land in Auftrag gegebene Studie hatte 2021 ergeben, dass 50 bis 75 Windkraftanlagen machbar wären und diese bis zu 5,5 Prozent des Tiroler Elektrizitätsbedarfs decken könnten. Allerdings stünden diese zu 75 Prozent in Landschaftsschutzgebieten. Eine Aktualisierung der Potenzialstudie soll in Auftrag gegeben werden, hieß es aus dem Büro von Energielandesrat Geisler am Montag. (Maria Retter, 17.1.2023)