Ein australisches Ehepaar hat die um 1870 in Melbourne errichtete Kirche vor dem Abriss bewahrt ...

Foto: Ulf Lippitz

... und sie nahe dem Wilsons Promontory National Park als Wohnhaus und Hotel mit herrlichem Ausblick wieder aufgestellt.

Foto: Ulf Lippitz

Königspudel Sidney mimt gegen Streicheleinheiten den guter Gastgeber.

Foto: Ulf Lippitz

Einige Leser wissen es bereits: Ich liebe Australien. Die Tiere, die Landschaft, das Essen – und besonders die Menschen. Deshalb habe ich vor einigen Jahren mein Sabbatical in Melbourne verbracht und wurde von den Melburnians freundlich aufgenommen Doch nirgendwo war das Empfangskomitee so herzlich – oder hysterisch? – wie im Church House, zwei Autostunden südlich der Metropole. Sidney sei Dank.

Lieber Lümmel

Der schneeweiße Königspudel begann aufgeregt um den Wagen herumzutänzeln, sobald er sich die Serpentinen zum Anwesen hochgequält hatte. Sidney bellte und sprang vor Freude. Bald sollte ich feststellen, dass er Unterhaltungsmanager und Streicheleinheitenbettler in einem war. Jeden Gast des Hauses begrüßte er, als käme ein alter Freund heim, stolzierte mit ihm um die zum Hotel umgebaute Kirche und legte seine Schnauze in den Schoß, sobald sich der Reisende auf die Couch im Wohnzimmer setzte. Die Besitzer, Mary und Peter Riedel, die das Church House auf ihrem Grundstück betreiben, rollten nur mit den Augen. Frecher Lümmel!

Neues Leben für die Kirche

Das pensionierte Paar wohnt 15 Minuten Fahrtzeit vom Eingang des Wilsons Promontory National Park entfernt, in dem Touristen wandern oder campen und alle möglichen Beuteltiere über die Trampelpfade hoppeln. Mary Riedel arbeitete in Melbourne als Inneneinrichterin, Peter als Ingenieur. Vor etwa 15 Jahren haben sie in der Fünf-Millionen-Stadt eine zum Abriss bestimmte Holzkirche aus den 1870er-Jahren für 20.000 australische Dollar (etwa 13.000 Euro) gekauft und originalgetreu am Hang wiederaufgebaut.

Vier Zimmer

Das Innere haben die Riedels als Wohnhaus modernisiert und drum herum einen Garten mit Rosensträuchern und Gemüsebeeten angelegt. Als die Kinder aus dem Haus waren und dem Paar die Ruhe zu beschaulich wurde, beschlossen die beiden, vier Zimmer ihres Hauses an Reisende zu vermieten.

Jeden Abend kocht das Paar für seine Gäste (auf Wunsch auch vegan), zusammen setzen sich alle an den großen Holztisch und erzählen: die Touristen von ihren Erlebnissen im Nationalpark und die Gastgeber von ihren Reisen nach Europa. Nur Sidney schaut gelangweilt zu. Wann wird wieder gestreichelt? (Ulf Lippitz, 22.1.2023)

Die Übernachtung wurde von Visit Victoria unterstützt.