DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner (links) mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP, rechts)

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Nicht einmal eineinhalb Jahre hatte das Führungstrio der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) Bestand: Am Montag wurde publik, dass der für Nachrichtendienst zuständige Vizechef David Blum den Verfassungsschutz Richtung Privatwirtschaft verlassen wird. Es ist nicht der einzige Abgang, der die DSN aufwühlt. Dem Vernehmen nach wechselt Blums Bürochef ins Bundeskanzleramt, und eine Abteilungsleiterin hat ihre Führungsfunktion zurückgelegt. Dazu kommen angeblich dutzende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Haus nach wenigen Monaten wieder verlassen haben.

Ruinen des BVT

Es sind Schwierigkeiten, die zu erwarten waren. Die DSN sollte quasi aus den Ruinen des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) auferstehen, das durch unzählige Affären und eine höchst umstrittene Hausdurchsuchung vor fünf Jahren nahezu zerstört war. Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen mehrere Verfassungsschützer waren höchst umstritten, die Behörde soll vom damals blauen Innenministerium unter Herbert Kickl (FPÖ) instrumentalisiert worden sein. Außerdem gab es bislang keine einzige Verurteilung in der Sache. Doch abseits davon drangen durch Sicherstellungen und den U-Ausschuss unzählige fragwürdige Praktiken und Vorfälle im BVT nach außen.

Die Öffentlichkeit bekam Einblick in eine zerstrittene Organisation, und mehrere Spionageskandale drangen nach außen – nicht zuletzt die Verbindung von Ex-Abteilungsleiter Martin W. zu Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek, der sich mittlerweile wohl in Russland versteckt.

Die DSN als Neuanfang

Mit der DSN wollte das dann wieder ÖVP-geführte Innenministerium einen Neuanfang setzen. Auch langjährige BVT-Mitarbeiter mussten sich für die DSN neu bewerben; dazu wurde die Organisationsstruktur radikal verändert. Etwas mehr als ein Jahr ist seit dem offiziellen Startschuss für die DSN vergangen – und es gab und gibt viel zu tun. Neue Abläufe mussten erlernt werden, viele erfahrene Verfassungsschützer fühlen sich außen vorgelassen oder verließen die Behörde sogar.

Dazu kommt die Frage, wie man überhaupt einen Verfassungsschützer rekrutiert. Derzeit kommen deshalb viele Verwaltungspraktikanten in die DSN, was unter "alten Hasen" für Unmut sorgt. Die Rede ist von parteipolitischer Einflussnahme der ÖVP, die ihre Jungen in Richtung DSN verschiebe.

Keine schnellen Lösungen

Offiziell will das Innenministerium zu alldem nichts sagen. Es betont, dass seit dem Start der DSN keine Führungskräfte gegangen seien (weil diese ihren Job erst in ein paar Wochen aufgeben, Anm.); zur Fluktuation bei anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern will man nichts sagen. Dem Vernehmen nach wird das Problem durchaus erkannt; es gebe aber keine schnellen Lösungen. Die Arbeitsbelastung sei enorm, das bringe der Job mit sich – und oftmals sei die tatsächliche Aufgabe dann weniger glamourös, als Neuankömmlinge sie sich vorgestellt hätten.

Abhilfe schaffen soll ein Studienlehrgang, der aber erst etabliert werden muss. Und: Auch im BVT landeten anfangs viele, die einst als Streifenpolizist angefangen hatten – und sich im Lauf der Jahrzehnte viel Expertise aneignen konnten.

Neos-Politikerin Stephanie Krisper will die Personaldebatte nun jedenfalls im nächsten Unterausschuss für Inneres thematisieren: " Die nächste Sitzung muss sich baldigst der Personalpolitik widmen- und wir wollen dort endlich alle Informationen." (Fabian Schmid, 17.1.2023)