Liebesbeteuerungen ebnen den Weg in alle niederösterreichischen Wahlzellen: Das ist die Welt. Die Zeit. Unsere Wahl.

Foto: APA / Fohringer

Wer als Niederösterreicher dieser Tage die Freude hat, durch das speckglänzende Umland Wiens zu reisen, läuft Gefahr, sein Lenkrad zu verreißen: vor Glück und weil jede Bewohnerin des Kuenringerlandes sich zwischen Schleinbach und Ternitz wie auf Daunen gebettet fühlen darf. Voller Nachdenklichkeit, aber auch mit der Bissfestigkeit des erfahrenen Zug- und Lasttiers blickt "unsere Landeshauptfrau" Johanna Mikl-Leitner von, grob geschätzt, 24.000 Plakatständern herunter.

Beinahe jeder Rübenacker trägt die Last einer solchen Kundmachung: "JETZT Niederösterreich" oder "Die Welt. Die Zeit. Unsere Wahl". Man fühlt sich von den Wahlwerbern der St. Pöltner Volkspartei direkt existenzphilosophisch angesprochen. Es besteht die begründete Aussicht auf eine allerletzte Plakatwelle, gedacht als ultimative Entscheidungshilfe vor dem Urnengang: "Einfach Da-Sein. Nicht Nicht-Sein. Einfach Hanni." "Unsere Landeshauptfrau. Ihre Zeitlichkeit. Ihre Geworfenheit." Mit endgültiger Entschiedenheit: "Johanna Mikl-Leitner. Ihr Sein. Das Nichts."

Fels in der Brandung

In der Reformära Bruno Kreiskys warb der brummige SPÖ-Bundeskanzler noch mit prallen Versicherungen wie "Sicherheit" und "eine gute Zukunft". Allen Kleingläubigen versprach er, für sie ein Fels in der Brandung zu sein: "Wir werden die Zukunft meistern". Irgendwann fand ich, ein feister Babyboomer mit sich regendem politischem Bewusstsein, aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Sozialdemokraten, offenbar ungehalten geworden, gaben ihren Wählern folgende dringende Empfehlung mit auf den Weg in die Wahlzelle: "In Zeiten wie diesen keine dummen Fragen stellen".

Niederösterreich hat es da besser. Das ganze Glück dieser gesegneten Weltgegend besteht in einer besonderen Eigentümlichkeit, die kein anderes unserer neun Bundesländer vorzuweisen hat. Es ist, nehmt alles nur in allem, gar kein Land, sondern ein Idiom: "Muttersprache: Niederösterreich". Immerhin erbringen diejenigen, die für die ÖVP Wahlwerbung betreiben, folgenden Nachweis: Deutsch ist ganz bestimmt nicht ihre Muttersprache. (Die Kolumne von Ronald Pohl, 18.1.2023)