Um dem Platzmangel in Graz zu begegnen, setzt die Grazer Stadtregierung nun auf gestaffelte Parkgebühren. Je länger das Auto, umso höher die Gebühren für Anrainerinnen und Anrainer.

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Einige Anrainerinnen und Anrainer in Graz könnten bald mit höheren Kosten fürs Parken konfrontiert werden, wenn es nach der Stadtregierung geht. Betroffen wären Dauerparker, die ihr Fahrzeug in den sogenannten blauen Zonen abstellen und ein großes Auto fahren. Derzeit kostet das regelmäßige Abstellen zehn Euro im Monat, künftig könnten zwei zusätzliche Tarife dazukommen: einer für Pkws ab einer Länge von 4,21 Metern, ein zweiter ab 4,70 Metern. 50 bis 60 Prozent mehr sollen Besitzer eines entsprechend großen Wagens künftig zahlen.

Als Vorbild dienen Vorreiterstädte aus Deutschland, in denen eine solche Regelung bereits gilt. Die Motive sind jedoch nicht immer einheitlich: In Graz wird primär mit einem Platzproblem im öffentlichen Raum argumentiert, im deutschen Freiburg mit dem Ziel umweltschonender Mobilität. In Wien wurde ein solches Modell bislang kaum debattiert – bei einer erfolgreichen Umsetzung in Graz erscheint es aber nicht unwahrscheinlich, dass der Ansatz auch in anderen Städten zusehends auf Anklang stößt.

Für:

Wirft man einen Blick auf die Motive hinter den gestaffelten Parkgebühren, offenbart sich eines sehr deutlich: Es geht nicht nur um das Problem des Platzmangels im urbanen Raum. "Es geht allein um die Größe", sagte der Klubobmann des grünen Gemeinderatsklubs in Graz, Karl Dreisiebner. In Deutschland hingegen reicht die Argumentation noch deutlich weiter. In Freiburg etwa, wo es bereits eine Staffelung der Parkgebühren für Anrainerinnen und Anrainer gibt, wird mit der Maßnahme das Ziel des Ausbaus umweltschonender Mobilität forciert.

In Tübingen wiederum wurde die Erhöhung des sogenannten Bewohnerparkausweises als "Erfolg für den Klimaschutz" tituliert. Auch in Österreich besteht noch viel Handlungsbedarf, wie ein Blick auf die heimische Neuzulassungsbilanz aus dem Jahr 2022 zeigt. Während die Neuzulassungen insgesamt deutlich zurückgingen, verzeichneten größere SUVs nur ein minimales Minus, leistungsstärkere Pkws ab 171 PS gar ein Plus.

Genau diese Fahrzeuge sind es aber, die als besonders umweltschädlich einzustufen sind. Wie im Statista Mobility Market Outlook vorgerechnet wird, erzeugt ein Kleinwagen durchschnittlich 1.350 Kilogramm CO2 pro Jahr. Bei einem kleinen SUV belaufen sich die jährlichen CO2-Emissionen bereits auf 1.605 Kilogramm; bei einem großen SUV gar auf 1.995.

Große Stadtgeländewagen stoßen damit nicht nur deutlich mehr klimaschädliche Emissionen aus – auch platzmäßig ist eine solche Anschaffung im urbanen Raum kaum sinnvoll zu argumentieren. Die Fahrzeuge beanspruchten schließlich Platz im Straßenraum, der aber nicht ausreichend vorhanden sei, sagte etwa Dreisiebner. Parkplätze für Schrägparker oder auch Stellplätze quer zu Fahrbahn seien für manche Autos zu kurz, die Fahrzeuge ragten folglich in die Fahrbahn oder auf den Gehsteig.

Die Folge: Der Verkehrsfluss wird behindert, zudem steigt die Gefahr von kleineren Schäden wie Lackkratzern. Eine gestaffelte Parkgebühr kann so nicht nur den Verkehrsfluss verbessern und Parkschäden verhindern; die zusätzlichen Einnahmen könnten zudem in umweltfreundlichere Mobilitätsprojekte investiert werden. Im deutschen Freiburg werden die Einnahmen etwa verwendet, um Fuß- und Radwege auszubauen. Auch in den Städten Österreichs könnte ein solches Taschengeld neue Projekte ermöglichen. Sei es für den Ausbau von Radwegen oder zur Subventionierung des öffentlichen Nahverkehrs. (Nicolas Dworak, 18.1.2023)

Wider:

Anrainerinnen und Anrainern mit großen Autos höhere Gebühren zu verrechnen mag auf den ersten Blick zwar überzeugend klingen; bei näherem Hinsehen ist aber Vorsicht geboten. Denn größer bedeutet nicht automatisch auch klimaschädlicher.

So verursacht etwa ein vergleichsweise kleiner Sportwagen mehr als 2.000 Kilogramm CO2 pro Jahr. Damit übertrifft er selbst große SUVs deutlich, wie Berechnungen von Statista nahelegen. Das mag zwar ein etwas überzeichneter Vergleich sein, er zeigt aber dennoch Schwächen der geplanten Parkgebührenerhöhung auf.

Zudem befinden sich Elektroautos in Österreich auf dem Vormarsch. Vergangenes Jahr lag die Zahl der Neuzulassungen von E-Autos knapp 270 Prozent höher als im Vorkrisenjahr 2019, wie ein Blick in die Neuzulassungsstatistik 2022 der Statistik Austria zeigt. Wird dieser Trend weiterhin fortgesetzt, wird die Gebührenstaffelung nach Größe oder Gewicht des Fahrzeugs wohl früher oder später hinfällig – zumindest, was das Argument des Klimaschutzes betrifft.

Was den städtischen Platzmangel betrifft, stelle sich vor allem die Frage, auf wen die Gebührenstaffelung abziele, wirft Matthias Nagler ein. Dem Verkehrsexperten des ÖAMTC zufolge biete eine Einteilung nach der Länge der Autos die einzig realistische Möglichkeit, gleichzeitig sei die Sinnhaftigkeit aber zu hinterfragen. Solle die Maßnahme etwa große SUVs treffen, werde das Ziel wohl weitestgehend verfehlt. Die Begründung: Ein Großteil der vermeintlich großen Stadtgeländewagen sind Kompakt-SUVs, die oft kürzer als klassische Mittelklasse-Limousinen sind. Der Anteil an längeren SUVs "ist dann doch eher gering", ist der Verkehrsexperte überzeugt.

Fraglich ist zudem, wie schnell ein solches Vorhaben rechtlich umsetzbar ist. Im deutschen Tübingen etwa ist der Versuch im ersten Anlauf gescheitert, da die rechtliche Grundlage auf Landesebene noch nicht geschaffen war. Ähnlich sieht das auch in Österreich aus, schenkt man ÖAMTC-Jurist Matthias Wolf Glauben. Die Stadt Graz sei nicht dazu berechtigt, die gesetzlichen Grundlagen müsse das Land Steiermark über das Parkgebührengesetz schaffen.

Um die Anschaffung von besonders langen Fahrzeugen im städtischen Raum einzudämmen, reicht Nagler zufolge bereits, auf bestehendes Recht zurückzugreifen. Wer übermäßig stark über den Parkplatz hinausragt und damit den Verkehrsfluss behindert oder einen starken Überhang auf den Gehsteig aufweist, kann schließlich auf Basis der Straßenverkehrsordnung entsprechend gestraft werden. Eine komplette Neuordnung der Parkgebühren sei damit nicht nötig, was nicht nur Geld, sondern auch Nerven sparen dürfte. (Nicolas Dworak, 18.1.2023)