Der größte Salzsee der westlichen Hemisphäre befindet sich im US-Bundesstaat Utah und bedeckt in einer Seehöhe von etwa 1.280 Metern eine Fläche von etwa 4.400 Quadratkilometern. An der Ostküste des Großen Salzsees liegt die nach ihm benannte Stadt Salt Lake City, im Westen und Südwesten erstreckt sich die Große Salzwüste. Geht es nach einem kürzlich veröffentlichten Report, dann dürften die Tage dieses Naturwunders nun gezählt sein: Das Gewässer könnte innerhalb der nächsten fünf Jahr vollständig verschwinden und eine giftige Wüste zurücklassen.

Schwankungen des Wasserstandes insbesondere saisonaler Natur sind grundsätzlich nicht ungewöhnlich, im Herbst erreicht der Große Salzsee meist seinen jährlichen Tiefststand. Besorgnis erregen dagegen die längerfristigen Pegelveränderungen, und die erreichten zuletzt dramatische Werte.

Der Große Salzsee ist in Gefahr, warnen Forschende von der Brigham Young University in Utah.
Foto: REUTERS/Brian Snyder

50 Prozent weniger Wasser

Lange Zeit galt der Wasserpegel von 1963 mit 1.277 Meter über Normalnull (ü. NN) als tiefster Stand, doch dieser wurde spätestens im Oktober 2021 nach Jahren anhaltender Trockenheit und vermehrter Wasserentnahme an den Zuflüssen unterschritten. Ein halbes Jahr später war der Wasserstand noch weiter abgesunken. Insgesamt ist der Pegel des Großen Salzsees seit der Besiedelung der Region Mitte des 19. Jahrhunderts um rund drei Meter gesunken, das Volumen des Sees ist um etwa 50 Prozent geschrumpft.

"Mit einer Unterschreitung von 5,8 Metern unter dem durchschnittlichen natürlichen Wasserstand seit 1850 befindet sich der See auf unbekanntem Terrain", erklären die Forschenden um Benjamin Abbott von der Brigham Young University in Utah. Und dieser Moment sei nicht mehr fern. Ein solcher Zustand entspreche einem Verlust von 60 Prozent der Seeoberfläche und 73 Prozent der gesamten Wassermenge.

Verschnaufpause den 1980er-Jahren

Die Autorinnen und Autoren des Berichtes lassen wenig Zweifel an der Ursache dieses alarmierenden Rückgangs: Vor allem die übermäßige Wassernutzung würde demnach den Großen Salzsee allmählich zerstören. Dieser Prozess begann mit dem Bau von Dämmen, Kanälen und Pipelines in den frühen 1900er-Jahren, wurde jedoch in den 1980er-Jahren kurzzeitig gestoppt, was "einer extrem ungewöhnlichen Regenperiode" dem See erlaubte, sich wieder zu füllen.

Der Vergleich von Satellitenaufnahmen illustriert die Veränderung: Das obere Bild zeigt den Großen Salzsee im Jahr 1985, unten ist er im Juli 2022 zu sehen.
Fotos: ESA

Seit seinem Höchststand im Jahr 1987 ist der Wasserstand des Großen Salzsees jedoch kontinuierlich weiter gesunken. Der Rückgang des Wasserspiegels hat sich seit 2020 sogar beschleunigt, da dem See durch Wasserumleitungen mehr als zwei Drittel seiner natürlichen Zuflüsse entzogen wurden. Dies habe zu einem durchschnittlichen Wasserverlust von beinahe 1,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr geführt. "Wenn diese Verlustrate anhält, ist der See, wie wir ihn kennen, auf dem besten Weg, in fünf Jahren zu verschwinden", befürchten die Forschenden.

Wasserverbrauch muss reduziert werden

Im vergangenen Jahr erreichte der See seinen bisher niedrigsten Stand, und die Forscher schätzen nun, dass beinahe eine Milliarde Kubikmeter Wasser pro Jahr erforderlich sind, um den See wieder einigermaßen aufzufüllen. Abhängig von den Wetterbedingungen sei wahrscheinlich eine Reduzierung der Wasserentnahme um "ein Drittel bis zur Hälfte" erforderlich, um diese Zahl zu erreichen.

"Wir befinden uns in einer Notsituation, in der alle Hände voll zu tun haben, und wir brauchen Landwirte, Landkreise, Städte, Unternehmen, Kirchen, Universitäten und andere Organisationen, die alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Wasserverbrauch im Freien zu reduzieren", schreiben die Forschenden. Hinzu kommen die Folgen des Klimawandels, die für etwa neun Prozent des Rückgangs des Sees verantwortlich zeichnen. Daher seinen auch globale Anstrengungen zur Verringerung der Emissionen erforderlich, um den Totalverlust des Gewässers zu verhindern.

Wasserbecken zur Salzgewinnung am Ufer des Großen Salzsees. Das Farbenspiel ist halophilen Bakterien zu verdanken.
Foto: ESA/Alexander Gerst

Giftiger Staub

Der Große Salzsee ist nicht nur ein blühendes Ökosystem, das rund zehn Millionen Zugvögeln einen Lebensraum bietet, sondern schützt auch Millionen von Menschen vor gefährlichen Schadstoffen. Denn giftige Substanzen, die unter anderem von Industrie und Landwirtschaft freigesetzt werden, sammeln sich auf dem Grund des Salzsees an und bleiben dort eingeschlossen. Bisher konnten Wissenschafter Schadstoffe wie Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel, Chrom, Blei und Cyanotoxine in den Sedimenten des Großen Salzsees nachweisen.

Sollte der See völlig austrocknen, würden diese als Staubpartikel freigesetzt werden. "Ohne eine koordinierte Rettungsaktion ist mit einer enormen Luft- und Wasserverschmutzung zu rechnen", so die Forschenden. Der Kollaps des Sees sei letztlich nur zu verhindern, wenn man bei der Wassernutzung einen "See zuerst"-Ansatz verfolgt. Anders wäre der Große Salzsee für die kommenden Generationen kaum zu erhalten. (tberg, 21.1.2023)