F-16-Kampfflugzeuge wird die Türkei vorerst wohl nicht erhalten.

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Angesichts der Blockade beim Verkauf von F-16-Kampfflugzeugen an die Türkei durch den US-Kongress hat sich der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Donnerstag in Washington mit seinem US-Kollegen Antony Blinken getroffen. Die Türkei hofft seit über einem Jahr auf die Lieferung der Kampfflugzeuge und macht indirekt auch ihre Zustimmung zu einem Nato-Beitritt von Schweden und Finnland von einem positiven Bescheid abhängig.

Nachdem der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses im US-Senat, der Demokrat Bob Menendez, noch einmal erklärt hatte, er lehne das Geschäft entschieden ab, wollte Çavuşoğlu nun vor Ort erfahren, ob die Türkei noch mit einer Lieferung rechnen kann.

Scharfe Kritik an der Türkei

Menendez hatte seine Ablehnung damit begründet, dass die Türkei ständig gegen Menschenrechte und demokratische Normen verstoße und sich mit der Weigerung, den Nato-Beitritt von Schweden und Finnland zu ratifizieren, auch als schlechter Partner erwiesen habe. Es ist deshalb wohl ausgeschlossen, dass der Kongress einem F-16-Deal zustimmen wird, wenn die Türkei den Beitritt der Skandinavier nicht verbindlich ratifiziert.

US-Präsident Biden hatte seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdoğan beim Nato-Gipfel im Juni zwar zugesagt, dass er sich für die Lieferung der Kampfflugzeuge einsetzen werde – doch bisher ist vonseiten seiner Regierung wenig passiert. Erdoğan hat bei demselben Gipfel daraufhin zwar grundsätzlich dem Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands zugestimmt, eine Ratifizierung durch das Parlament jedoch davon abhängig gemacht, dass die beiden Länder härter gegen die kurdische PKK und die Gülen-Bewegung vorgehen.

Auslieferungen gefordert

Obwohl Schweden bereits zugesagt hat, die Unterstützung für die YPG-Miliz, die laut Ankara ein Ableger der PKK ist, einzustellen, und auch das Waffenembargo gegen die Türkei aufgehoben hat, besteht Erdoğan darauf, dass das nicht reicht. Schweden und Finnland müssten rund 100 Dissidenten ausliefern – was Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson ablehnt.

Damit scheint eine wechselseitige Blockade zwischen der Türkei, den Skandinaviern und den USA perfekt. Erdoğan pokert hoch, könnte aber am Ende den Kürzeren ziehen. Da jetzt festzustehen scheint, dass die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei Mitte Mai stattfinden werden, kann man davon ausgehen, dass sich vorher nichts mehr tun wird.

Der außenpolitische Sprecher Erdoğans, İbrahim Kalın, hat schon klargemacht, dass man zwar im Prinzip für einen Beitritt Schwedens und Finnlands sei, vor Juni aber sicher kein Gesetz zur Ratifizierung einbringen werde.

Außenseiter Türkei

Damit bringt sich Erdoğan aber in der Nato immer mehr in eine völlige Außenseiterposition. Selbst der sonst höchst diplomatisch formulierende Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte kürzlich, für die Türkei werde es in der Nato sehr prekär, wenn sie nicht endlich dem Beitritt zustimme. Viele Nato-Staaten nehmen der Türkei ohnehin schon ihren engen Kontakt zu Wladimir Putin übel. Und dass Erdoğan auch noch versucht, die Beziehung zum syrischen Machthaber Bashar al-Assad zu normalisieren, kommt in den USA gar nicht gut an. (Jürgen Gottschlich aus Istanbul, 18.1.2023)