Beim Snowfarming wird der Schnee an einer Stelle gesammelt, abgedeckt und so vor dem Schmelzen geschützt.

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Endlich Schneeflocken. Das Wochenende hat wohl viele Österreicherinnen und Österreicher aufatmen lassen. Fast zwei Monate hat der Schnee auf sich warten lassen. Weiße Weihnachten sind mittlerweile schon die absolute Ausnahme. Dieses Jahr gab es aber auch im Jänner weder Ski- noch Rodelspaß. Statt beschneiter Pisten häufen sich seit Wochen Bilder von sonnigen Grashängen in den sozialen Medien.

Das lange Warten auf die weiße Pracht könnte künftig der Schnee vom Vorjahr verkürzen. Denn Schneephysiker wie Fabian Wolfsperger forschen in Davos am WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF am sogenannten Snowfarming.

Die Idee dahinter: Schnee in Pistendepots über die Sommermonate lagern und somit konservieren. Damit warme Luft und Sonnenstrahlen den Schnee nicht schmelzen, ist vor allem eine gut isolierte Abdeckung nötig.

Wer schon einmal einen Schneemann im Garten gebaut hat, weiß, dass er langsamer schmilzt als der Schnee drumherum. Daher wird auch beim Snowfarming ein Schneehaufen gebaut. Das übernehmen meist Schneekanonen, erklärt Wolfsperger.

Kunstschnee versus Naturschnee

Sie produzieren während der kalten Wintermonate Schnee auf einer geeigneten Fläche. Technischer Schnee wird laut dem Schneephysiker homogen und verdichtet. Naturschnee hingegen fällt unkontrolliert und enthält mehr Luftlöcher. "Die sacken im Sommer zusammen, was den Schnee stark schrumpfen lässt, " sagt Wolfsperger.

Die Kunstschneehaufen sind bis zu zehn Meter hoch und umfassen zwischen 10.000 und 30.000 Kubikmeter. Sie sollten nicht zu hoch sein, damit die Abdeckung entsprechend aufgebracht werden kann, erklärt der Schneephysiker. Wichtig ist auch, dass der Haufen nicht zu klein, also unter 5.000 Kubikmeter ist. Denn: Je kleiner der Schneehaufen ist, desto schneller schmilzt er. Das liege vor allem daran, dass die Oberfläche im Verhältnis zum Schneevolumen stark zunimmt, weiß Wolfsperger.

Abgedeckt wird dann entweder mit Naturmaterialien wie Sägespänen, Rindenmulch und Hackschnitzel oder Isolierplatten aus Kunststoffschaum oder Geotextilien, ebenfalls aus Kunststoff. Letzteres ist auch unter dem Namen Gletschervlies bekannt und genügt in höheren Lagen als alleinige Abdeckung. In tieferen Lagen bedarf es zusätzlicher Schutzschichten.

Geotextilien schützen vor Schneeschmelze. Beim Snowfarming werden sie über einen Schneehaufen gelegt.
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Das effektivste Material sollte Wärme möglichst schlecht leiten und möglichst dick auf den Haufen aufgebracht sein, sagt der Schneephysiker. Im Grunde sei es dasselbe Prinzip wie bei einer Daunenjacke – umso dicker sie ist, desto weniger Wärme entweicht. Zudem müsse die Abdeckung genauso wie eine Daunenjacke flexibel sein bei etwaigen Verformungen.

Vielfacher Energieaufwand

Effizient ist Snowfarming laut Schneephysiker Fabian Wolfsperger allerdings nur, wenn maximal 30 Prozent des Schnees während des Sommers schmelzen. Denn im Vergleich zu technischem Schnee aus Schneekanonen sei der Energieaufwand beim Snowfarming wesentlich höher.

Konkret: Ein Kubikmeter Schnee aus Schneekanonen benötigt unter optimalen Bedingungen zwischen einer und drei Kilowattstunden Energie, beim Snowfarming rund fünf Kilowattstunden. Bei Letzterem kommen etwa Logistik und vermehrter Arbeitsaufwand hinzu. Bei einem Projekt in Davos seien beispielsweise zwei Drittel der Energiekosten während der Verteilung des Schnees entstanden, sagt Wolfsperger. Denn die Schneedepots, in denen der Schnee gelagert wird, liegen meist nicht direkt an der Piste.

Schnee für die Loipe

Im Profiwintersport wird Snowfarming schon seit Jahren eingesetzt. Langlaufloipen, aber auch Skirennpisten sind häufig mit dem Schnee vom Vorjahr präpariert. Doch eignet sich das Konzept auch für Hobbysportlerinnen und Hobbysportler?

Der Vorteil des Snowfarming liegt in der Planungssicherheit. Trotzdem ist es laut Wolfsperger im Alpinskifahren nur für den Leistungssport relevant. Der Aufwand ist für ganze Skigebiete schlicht zu groß. Schneekanonen könne Snowfarming nicht ersetzen, zumal der Schnee auch nur maximal zwei Sommer gelagert werden könne.

Für Langlaufloipen biete Snowfarming aber auch im Hobbybereich eine gute Alternative. Auf einer Runde aus 10.000 Kubikmeter Schnee könnten sich viele Leute bewegen. Zudem sei es klimafreundlicher, zehn Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Snowfarming-Loipe im Mittelgebirge zu fahren als zwei Stunden in hochalpines Gelände zum Skifahren, sagt Wolfsperger. Ausschlaggebend ist hier allerdings nicht die Schneeproduktion, sondern die Anfahrt mit dem Auto. (Julia Beirer, 25.1.2023)