In Elon Musks Kopf war die Finanzierung für eine Übernahme von Tesla kein Thema, argumentiert sein Anwalt.

Foto: Bobby Yip, Reuters

Am Anfang stand ein Tweet. Die Worte "Finanzierung gesichert" vom August 2018 sollten den ehemals reichsten Menschen der Welt, Tesla-CEO Elon Musk, bis heute verfolgen. Damals wollte der Milliardär den Elektroautobauer um 420 Dollar pro Aktie übernehmen und setzte die verhängnisvolle Nachricht ab. Doch zur Übernahme von Tesla in Musks Besitz kam es nie, das Unternehmen ist bekanntlich bis heute mehrheitlich in Streubesitz. Tesla-Investoren haben den CEO daraufhin geklagt: Sein Tweet habe sie Millionen Dollar gekostet, sie werfen Musk vor, gelogen zu haben.

Dieser Tweet könnte Elon Musk milliardenschwere Entschädigungszahlungen an die Tesla-Investoren einbringen.

Wenn sich die Geschworenen gegen Musk entscheiden, könnte der ehemals reichste Mensch der Welt gezwungen sein, Schadenersatz in Milliardenhöhe zu zahlen. Diese Strafen kämen nur wenige Monate nachdem er Twitter um 44 Milliarden Dollar übernommen hat. Musks angekündigter Tesla-Deal wäre laut Schätzungen 72 Milliarden Dollar schwer gewesen, entpuppte sich letztlich aber nur als Getöse.

Während der Eröffnungsplädoyers vor einem Gericht in San Francisco am Dienstag warf ein Anwalt der Tesla-Investoren Musk vor, schlichtweg gelogen zu haben, als er meinte, die Finanzierung zur Übernahme von Tesla sei aufgestellt. Diese Lügen hätten zu Verlusten in Millionenhöhe für die Aktionäre geführt, so der Vorwurf laut einem Bericht von Reuters.

Musks Anwalt wiederum versuchte die Geschworenen davon zu überzeugen, dass der Tesla-Chef bei sekundenschnellen Entscheidungen immer wieder einfach die "falschen Worte" benutze. Die Argumentation: Musk habe seine Versprechen schon eingehalten, aber die Aktionäre seien ja gegen eine "Privatisierung" von Tesla gewesen. "Sie werden sehr bald erfahren, dass dies kein Betrug war, nicht einmal annähernd", sagte Alex Spiro, der Anwalt von Musk.

In Musks Kopf war die Finanzierung gesichert

Spiro wählte eine wohl eher ungewöhnliche Form der Verteidigung und führte Musks Gedankenwelt als entlastendes Indiz an. Musk habe nur einen Akt der "extremen Transparenz" setzen wollen, indem er die Tesla-Anleger per Twitter über seine Absichten informierte. "Er hat sich beeilt, und in seiner Eile und Unbesonnenheit hat er die falschen Worte getwittert", sagte Spiro laut "Arstechnica".

"In seinem Kopf war die Finanzierung kein Thema", argumentierte der Anwalt. Musk habe nur den Fehler gemacht, in seinem Tweet nicht näher darauf einzugehen, was das für ihn bedeute.

Alex Spiro vertritt Musk vor dem Gericht in San Francisco.
Foto: JOHN G. MABANGLO, EPA

Nicholas Porritt, der Anwalt von Glen Littleton und anderen Tesla-Investoren, zeichnete ein diametral entgegengesetztes Bild. "Wir sind hier, weil Elon Musk, der Vorsitzende und Geschäftsführer von Tesla, gelogen hat. Seine Lügen haben dazu geführt, dass normale Menschen wie Glen Littleton Millionen und Abermillionen Dollar verloren haben."

Ein Gremium von neun Geschworenen wird entscheiden, ob es in die Gedankenwelt des übereifrigen Tech-Milliardärs eintauchen will oder ob es Musk für einen Lügner hält. Es wird erwartet, dass Musk selbst bereits nächste Woche im Rahmen des dreiwöchigen Prozesses in den Zeugenstand tritt. Auf der Zeugenliste stehen prominente Namen wie Medienmogul James Murdoch und der Oracle-Mitgründer Larry Ellison.

Musk darf nicht mehr alles über Tesla twittern

Musk hat bereits Geldstrafen an die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC gezahlt, um eine separate Klage im Zusammenhang mit den verhängnisvollen Tweets beizulegen. In der Klage wurde er beschuldigt, "falsche und irreführende Aussagen" gemacht zu haben. Außerdem soll er sich geweigert haben, behördliche Auflagen zu erfüllen. Im Rahmen dieses Vergleichs erklärten sich Musk und Tesla bereit, getrennte Geldbußen in Höhe von 20 Millionen Dollar zu zahlen. Im Anschluss an die Einigung erklärte die SEC, dass Musks Finanzierungserklärungen "keine angemessene Grundlage in der Realität" hatten.

Musk seinerseits behauptete, er habe tatsächlich geglaubt, die Finanzierung durch den staatlichen Investmentfonds Saudi-Arabiens gesichert zu haben. Mehr als die Geldstrafe dürfte Musk aber eine Auflage stören: Er muss sich Tweets über die wirtschaftliche Situation von Tesla von den Firmenanwälten genehmigen lassen. Musk bezeichnete diese Auflage als "Maulkorb der Regierung" – und schickte im Vorjahr seine eigenen Anwälte los. Ihre Aufgabe: Musk soll wieder über Tesla twittern dürfen, mit allen Folgen. (pez, 19.1.2023)