Großkonzerne und die Industrie sind gut durch die Krisenjahre 2020 und 2021 gekommen. 245 Milliarden Euro haben die 800 größten Unternehmen des Landes zuletzt erwirtschaftet.

Foto: APA / Hans Klaus Techt

Für Unternehmen waren die vergangenen Jahre keine leichten. Lockdowns, Quarantäne, Homeoffice: Das hat die Arbeitsweise verändert und Absatzmöglichkeiten geschmälert. Die aus dem Takt geratenen Lieferketten haben teils zu Engpässen geführt, die Inflation zu enormen Preissteigerungen und zur Debatte darüber, wie viel davon an Kunden weitergegeben werden kann. Letztlich lasten die massiv gestiegenen Kosten für Energie auf den Budgets der Unternehmen – aber ebenso auf denen der Privathaushalte.

Viele Kleinbetriebe – etwa Bäckereien, Gastronomen oder kleinere Händler – haben unter den gegebenen Umständen ihren Betrieb bereits eingestellt. Sie konnten trotz Wirtschaftshilfen ihr Geschäft nicht mehr am Laufen halten. Und die großen Konzerne? Fallen ihnen allen Zufallsgewinne in den Schoß, oder kämpfen auch sie um ihr Geschäft?

Ein Stimmungsbild dazu gibt das Unternehmensradar, das die Arbeiterkammer Wien (AK) zum fünften Mal erstellt hat. Von den rund 1.500 großen gewinnorientierten operativen Kapitalgesellschaften, die ihren Jahresabschluss im Firmenbuch hinterlegen, hat die AK Wien 800 in ihre aktuelle Analyse einbezogen. Unternehmen, die maßgebliche Veränderungen im Untersuchungszeitraum 2019 bis 2021 (große Fusionen und Umstrukturierungen) oder ein Rumpfwirtschaftsjahr ausweisen, wurden nicht aufgenommen – um die Ergebnisse nicht zu verzerren. Nicht einbezogen wurden zudem Holdings, Banken und Versicherungen sowie Non-Profit-Unternehmen – dies aufgrund unterschiedlicher Struktur und Ausrichtung.

Ein unerwartetes Plus

In den analysierten 800 Unternehmen ist mit 595.000 Arbeitnehmern rund ein Siebentel aller Erwerbstätigen beschäftigt. Diese erwirtschafteten im In- und Ausland gemeinsam einen Umsatz von 245 Milliarden Euro und konnten trotz der im Jahr 2021 noch herrschenden Corona-Einschränkungen den Gewinn um 30,9 Prozent auf 14,9 Milliarden Euro steigern. Im Vergleich zu dem guten Jahr 2019 stellt dies ein unerwartetes Plus von 23,3 Prozent dar.

391 analysierte Unternehmen kommen aus der Sachgütererzeugung, wie etwa BMW Motoren, Voestalpine und Siemens Österreich. Das Übergewicht an Industrieunternehmen im Sample spiegelt auch die Struktur der Industrie in Österreich wider: Bei 185 der untersuchten Unternehmen handelt es sich um große Handelsbetriebe, wie beispielsweise Billa und Spar.

Von den großen Dienstleistern wurden 151 Unternehmen berücksichtigt, die in ihrer Struktur und Ausrichtung sehr unterschiedlich sind – etwa Mobilfunkanbieter, Arbeitskräfteüberlasser, der Flughafen Wien, AUA oder auch große Reinigungsfirmen. Aus der Energie- und Wasserwirtschaft wurden 37 Unternehmen berücksichtigt. Von der Bauwirtschaft wurden 36 veröffentlichte Jahresabschlüsse aufgenommen. Untersucht wurden die Ertragskraft, die finanzielle Stabilität, die Investitionsbereitschaft, die betriebliche Verteilungspraxis und die Steuerleistung.

Gewinnmarge deutlich verbessert

Die wirtschaftliche Performance der großen Kapitalgesellschaften war also trotz Krisen sehr gut. Die Gewinnmarge konnte sich 2021 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich verbessern. Im Schnitt ergeben sich 5,5 Prozent Gewinn allein aus dem Kerngeschäft. Mehr als vier Fünftel der Unternehmen konnten ein positives operatives Ergebnis erwirtschaften. Besonders in der Industrie kam es zu einem deutlichen Anstieg der Ebit-Quote auf 6,4 Prozent. Die Verzinsung des eingesetzten Kapitals brachte den Gesellschaften zweistellige Renditen, im Durchschnitt waren es 2021 lukrative 15,2 Prozent. In der Industrie liegt die Eigenkapitalrentabilität im Schnitt bei 19 Prozent.

Die AK-Auswertung zeigt auch, dass die Unternehmen über eine gesunde Finanzierungsstruktur verfügen. Im Corona-Jahr 2020 konnten die Unternehmen ihr gutes Eigenkapitalfundament – auch durch die Unterstützungsmaßnahmen der Regierung – weiter ausbauen. 2021 hat sich durch die hohen Ausschüttungen die Eigenkapitalquote wieder um einen Prozentpunkt reduziert.

Finanzielle Stabilität

Die Gesellschaften weisen eine Eigenkapitalquote von im Schnitt 41,4 Prozent aus. Drei Viertel der Unternehmen verfügen über eine Eigenkapitaldecke von mehr als 23,3 Prozent. Gerade einmal 4,1 Prozent (2020: 4,6 Prozent) der untersuchten Unternehmen liegen unter der im URG (Unternehmensreorganisationsgesetz) definierten kritischen Acht-Prozent-Marke. Diese Unternehmen verfügen somit über zu geringe Reserven, um auftretende Verluste abfedern zu können. Sechs der 800 Kapitalgesellschaften sind buchmäßig überschuldet.

Auch die Zahlungsfähigkeit erweist sich als äußerst robust. Während sich die Liquidität im Corona-Jahr 2020 – durch umsichtiges Agieren kombiniert mit umfangreichen staatlichen Corona-Liquiditätssicherungsmaßnahmen – noch in allen Quartilen deutlich verbessern konnte, hat sie sich im Jahr 2021 primär aufgrund der hohen Ausschüttungen wieder etwas reduziert. Sie liegt im Durchschnitt 2021 bei 110,6 Prozent. Gerade einmal rund fünf Prozent der großen Kapitalgesellschaften liegen 2021 unter der 50-Prozent-Schwelle und verfügen über eine deutlich zu geringe Ausstattung mit liquiden Mitteln.

Investieren in Mitarbeiter

In den Hochkonjunkturjahren (2017 bis 2019) kam es aufgrund der allgemein guten wirtschaftlichen Lage zu einer vermehrten Investitionsfreudigkeit der Unternehmen. Mit Beginn der Corona-Krise sank sie. 2021 legten die großen Kapitalgesellschaften ihre Vorsicht etwas ab und nahmen wieder vermehrt Investitionen in Angriff. Die durchschnittliche Investitionsneigung (also das Verhältnis von Investitionen zu den Wertminderungen) lag bei 149,2 Prozent und damit signifikant über den Wertminderungen der Anlagen.

"In Summe stehen die Unternehmen also sehr gut da", fasst Markus Oberrauter, Betriebswirt der AK Wien, die Lage zusammen. Dass es in der Herbstlohnrunde daher solch ein Gezerre um die Lohnerhöhungen gegeben hat, versteht der Experte nicht. Für die laufende Frühjahrslohnrunde wünscht er sich klarere Bekenntnisse der Arbeitgeber. "Um Personal zu halten und weiter wettbewerbsfähig zu sein, müssen Arbeitgeber auch in die Gesundheit und Ausbildung ihrer Mitarbeiter investieren", sagt Oberrauter. (Bettina Pfluger, 19.1.2023)