Dieser Tage rennen hunderte Parteimitglieder in Niederösterreich von Ort zu Ort, klopfen an Türen, verteilen Flyer und suchen das Gespräch mit den Bürgerinnen, um noch möglichst viele Personen von der Wahl ihrer Partei zu überzeugen – es bleiben noch eineinhalb Wochen bis zur Landtagswahl. In dieser heißen und heiklen Wahlkampfphase sind Angriffe auf Spitzenkandidaten keine Seltenheit. Dass sie aber ausgerechnet aus der eigenen Partei kommen, hätte Udo Landbauer (FPÖ) wohl nicht gedacht.

Doch am Donnerstag verbreitete sich ein Video, in dem Ina Aigner, Landtagsabgeordnete der FPÖ, empfiehlt, lieber Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) als ihren Parteichef zu wählen. Das Video kursierte in Abgeordnetenkreisen und wurde auch an ÖVP-Mandatare gesendet. Darin nimmt die 45-Jährige den FPÖ-Spitzenkandidaten scharf in die Kritik. Von Landbauer seien andere Meinungen und Ideen nicht unterstützt worden, und es sei als Abgeordnete nicht möglich gewesen, etwas zu bewegen.

FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer wird in einem Video scharf kritisiert.
Foto: APA/ Robert Jäger

"Arrogant und machtgeil"

"Ich weiß, wie er mit den eigenen Leuten umgeht. Überheblich, arrogant und machtgeil", heißt es von Aigner in ihrem Statement. Es gehe in der FPÖ Niederösterreich nur noch darum, einander anzupatzen. Sie wolle stattdessen "Politik für die Niederösterreicher machen". Das gehe laut Aigner nur mit der jetzigen Landeshauptfrau. "Daher rufe ich erstmals zu einer anderen Wahl auf", sagt Aigner, die seit 2018 Mandatarin ist und zuvor einige Monate lang für die FPÖ Mitglied des Bundesrates war.

Die Entscheidung sei Aigner nicht leicht gefallen, sie wolle aber die Wahrheit sagen. Die FPÖ sei nicht mehr jene Partei, die sie unter Gottfried Waldhäusl, derzeit Landesrat, gewesen sei.

Landbauer gab sich am Rande einer Pressekonferenz am Donnerstag über Aigners plötzlichen Schwenk betont gelassen und wenig überrascht. Sie sei laut Landbauer enttäuscht gewesen, weil sie auf der Landesliste keine aussichtsreiche Position mehr erhalten habe. Zudem sei sie von ihrer eigenen Bezirksgruppe abgewählt worden und habe deshalb bei der Listenerstellung keine Rolle mehr gespielt, sagt Landbauer dem Standard.

"Riecht nach ÖVP"

Für ihn sei es jedoch nicht nachvollziehbar, warum der Schritt zehn Tage vor der Wahl erfolge und mit einem Aufruf für Mikl-Leitner verbunden sei. "Das riecht dann doch nach ÖVP. Jeder, der das System Niederösterreich kennt, weiß, wie das funktioniert", sagt Landbauer. Rückblickend habe die Zusammenarbeit mit Aigner ohnehin nicht geklappt, er deutet an, dass Aigner nicht gerade fleißig gewesen sei. "Man muss auch in der Politik erkennen, wann jemand nicht funktioniert", sagt Landbauer. Ab 29. Jänner sei Aigner ohnehin nicht mehr im Landtag.

Auch für Mikl-Leitner fand Landbauer am Donnerstag nur kritische Worte: Der jetzige Landesdirektor des ORF Niederösterreich, Robert Ziegler, soll sich in seiner damaligen Funktion als Chefredakteur des ORF Niederösterreich in der Liederbuchaffäre kurz vor der Landtagswahl 2018 mit Mikl-Leitner abgesprochen haben, um "Druck auf die FPÖ auszuüben", so Landbauer, der damals wegen der Causa vorübergehend zurückgetreten war und am Donnerstag Mikl-Leitners Rücktritt forderte. Ziegler bestreitet die Vorwürfe, laut Presse gibt es Mails dazu. Von ÖVP-Seite hieß es, da sehe man, dass FPÖ und SPÖ "einen Umsturz" planen. Das werde immer klarer ersichtlich. (Max Stepan, 19.1.2023)