Ilse Vrabl-Sanda (hier in der Mitte) leitet die Spezialbehörde seit zehn Jahren.

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Es waren zwei turbulente Jahre für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Heikle Causen wie das Ibiza-Verfahren, das Commerzialbank-Verfahren und der Chorherr-Prozess hielten die Ermittlerinnen und Ermittler auf Trab. Der ÖVP-U-Ausschuss und Berichtspflichten in öffentlichkeitswirksamen Verfahren verursachten zusätzlichen Arbeitsaufwand. Gleichzeitig war die Behörde oft mit politischer Kritik und mit Reformvorschlägen konfrontiert.

"Keine Ibiza-Verfahren ohne Sicherstellung"

Von einem dieser Vorschläge hält WKStA-Chefin Ilse Vrabl-Sanda sichtlich wenig: Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (Örak) hat Ende vergangenen Jahres gefordert, die Sicherstellung von Datenträgern zu erschweren. Handys sollen demnach nur noch dann beschlagnahmt werden können, wenn ein "dringender Tatverdacht" vorliegt. Das würde die Möglichkeiten der Korruptionsermittler aber deutlich einschränken, sagte Vrabl-Sanda bei einem Zweijahresrückblick mit Journalistinnen und Journalisten am Donnerstag. "Den Ibiza-Verfahrenskomplex gäbe es schlicht nicht."

Die Hausdurchsuchung bei Thomas Schmid und die Sicherstellung der berüchtigten Festplatte seien nur deshalb erfolgt, weil es bereits im Vorfeld Beschlagnahmen bei anderen Beschuldigten gegeben habe. Damals habe man einen "begründeten" Tatverdacht gehabt, nicht aber einen "dringenden", wie ihn die Anwaltskammer nun als Voraussetzung fordert. Wenn Österreich bei der Korruptionsbekämpfung erfolgreich sein wolle, müssten Behörden die Möglichkeit haben, Beweise zu sichern. "Die Rechte von Beschuldigten sind im internationalen Vergleich stark ausgeprägt", sagt Vrabl-Sanda. "Sie können sich gegen jeden Schritt der WKStA bei Gericht beschweren."

Enormer Arbeitsaufwand wegen Großverfahren

Für die Ermittlerinnen und Ermittler der Spezialbehörde gibt es jedenfalls genug zu tun. Im Jahr 2021 erfolgten ungefähr 1.400 Einstellungen. Rund 50 Anklagen wurden erhoben, 90 Verfahren endeten vor Gericht mit Schuldsprüchen. Im Jahr 2022 gab es rund 930 Einstellungen, 42 Anklagen und 47 gerichtliche Schuldsprüche. Der Erfolg der Staatsanwaltschaft bemesse sich aber nicht an Anklagen oder Freisprüchen, sondern daran, Sachverhalte aufzuklären, sagt Vrabl-Sanda. "Der Rechtsstaat ist kein Fußballspiel, wir erfüllen einen gesetzlichen Auftrag." Einstellungen seien keine Niederlage und können auch Gesetzeslücken aufzeigen, wie zuletzt beim Mandatskauf und der Bestechung künftiger Amtsträger.

Eine besondere personelle Herausforderung sei in den vergangenen beiden Jahren der Ibiza-Verfahrenskomplex gewesen, der mittlerweile ungefähr 140 Akten mit 6.200 Aktenstücken und insgesamt rund 390.000 Seiten umfasst. Für zusätzlichen Aufwand sorgten rund 150 Berichte, die die WKStA an die Fachaufsicht bei der Oberstaatsanwaltschaft und an das Justizministerium übermitteln musste. Auch andere Großverfahren, über die kaum medial berichtet wurde, halten die Behörde auf Trab. Darunter etwa das Verfahren rund um das Straßenbaukartell, in dem die WKStA gegen rund 850 Beschuldigte wegen illegaler Absprachen ermittelt.

Fachleute unterstützen die Behörde

Mittlerweile arbeiten bei der WKStA 45 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Unterstützung bekommen sie von zehn Wirtschaftsfachleuten aus unterschiedlichen Fachbereichen und von zehn IT-Experten. Zuständig ist die Spezialbehörde für Wirtschaftsstrafsachen mit Schadensbeträgen über fünf Millionen Euro und für schwere Amts- und Korruptionsdelikte mit Ausnahme des Amtsmissbrauchs. (Jakob Pflügl, 19.1.2023)