Die Klimaaktivistinnen richteten einen Brandbrief an die CEOs von Energiekonzernen.

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Greta Thunberg, die wohl bekannteste Klimaaktivistin der Welt, traf am Donnerstag beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos auf einen Mann, der den globalen Energiemarkt besonders gut kennt: Fatih Birol, Vorsitzender der International Energy Agency (IEA). Thunberg forderte von Birol ein Ende der Investitionen in fossile Brennstoffe. "Solange die Energiekonzerne damit durchkommen, werden sie weiterhin in fossile Brennstoffe investieren und die Menschen im Stich lassen", warnte Thunberg.

Daher überreichte Thunberg zusammen mit den Aktivistinnen Vanessa Nakate aus Uganda, Luisa Neubauer aus Deutschland und Helena Gualinga aus Ecuador, die ebenfalls in Davos sind, einen Brandbrief an die CEOs, die auf dem Wirtschaftsgipfel vertreten sind. Darin fordern sie den Stopp neuer Öl-, Gas- und Kohleprojekte – und kritisieren, Konzerne hätten seit Dekaden von der Erderhitzung gewusst und die Öffentlichkeit hinters Licht geführt.

Video von Greta Thunbergs Auftritt in Davos
DER STANDARD

"Es ist absurd, dass wir in Davos denjenigen zuhören, die die Klimakrise hauptsächlich verursachen, und nicht denen, die an vorderster Front stehen. Wir scheinen uns auf diese Leute zu verlassen, um unsere Probleme zu lösen, obwohl sie gezeigt haben, dass sie der kurzfristigen Gier und der Profitgier der Unternehmen den Vorrang geben", mahnte Thunberg. Es brauche mehr Menschen, die sich dem "Kampf gegen die Klimakatastrophe" anschließen, ergänzte sie.

Birol wiederum betonte die Bedeutung der Energiesicherheit, insbesondere seit Russlands Krieg gegen die Ukraine. Eine Rechtfertigung für neue Investitionen in Ölfelder sei die Energiekrise in Anbetracht der rasch fortschreitenden Klimakatastrophe jedoch nicht, so der IEA-Chef. Er gab sich dennoch zuversichtlich: "Letztes Jahr kam eine rekordverdächtige Menge an erneuerbaren Energien auf den Markt". Allerdings gehe der Umstieg nicht schnell genug, räumte er ein. Insbesondere Schwellen- und Entwicklungsländer müssten beim Übergang unterstützt werden.

Veränderung "von unten"

Vor vier Jahren nahm die damals 16-jährige Thunberg am WEF-Haupttreffen teil und richtete sich mit dringlichen Worten an die Staats- und Regierungschefs: "Unser Haus steht Flammen", warnte Thunberg in Davos 2019. Im darauffolgenden Jahr kehrte sie nach Davos zurück.

In diesem Jahr lehnte sie es jedoch ab, als offizielle Delegierte teilzunehmen. Auf die Frage, warum sie sich nicht für einen Wandel innerhalb des Systems einsetzen wolle, sagte Thunberg, dass es bereits Aktivisten gebe, die dies täten. "Die Veränderungen, die wir brauchen, kommen sehr wahrscheinlich nicht von dort. Sie werden eher von unten nach oben kommen."

Greta Thunberg sorgte in den vergangenen Tagen bereits für Schlagzeilen. Gemeinsam mit anderen Aktivistinnen und Aktivisten nahm sie an den Klimaprotesten im deutschen Lützerath teil und wurde dort verhaftet. Nach der Feststellung der Identität wurde sie wieder entlassen. (hel, alp, Reuters, 19.1.2023)