Pfeiffersches Drüsenfieber kann nach einer Erstinfektion mit dem Epstein-Barr-Virus entstehen. Doch nur manche sind davon betroffen. Daran, dass das so ist, ist die Genetik schuld.

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Das Pfeiffersche Drüsenfieber ist eine ziemlich heftige Infektion. Unspezifische, aber schwere Symptome wie starke Schmerzen, Lymphknotenschwellungen, intensive Erschöpfung oder Übelkeit geben Hinweise darauf. Einmal erkannt, ist umfassende Schonung nötig für die Genesung – und Gesundete sind auch Monate danach oft wegen Erschöpfungszuständen noch stark eingeschränkt in ihrem täglichen Leben.

Ausgelöst wird diese Infektionskrankheit vom Epstein-Barr-Virus (EBV), das zur Familie der Herpesviren gehört und das beinahe alle Menschen in sich tragen. Bei den meisten verläuft die Erstinfektion gänzlich ohne Symptome, bei manchen hat sie die beschriebenen, schweren Folgen. Warum das so ist, konnte die medizinische Wissenschaft bisher nicht erklären. Doch nun hat ein Forschungsteam um Elisabeth Puchhammer-Stöckl, der Leiterin des Zentrums für Virologie der Med-Uni Wien, die Ursache gefunden: Manche Menschen entwickeln eine spezifische Immunantwort gegen das Epstein-Barr-Virus, die dafür verantwortlich ist. Die Studienergebnisse wurden im renommierten Fachmagazin Blood der American Society of Hematology publiziert. Die gute Nachricht: Die Erkenntnisse bieten ein neues mögliches Ziel für die Entwicklung von Impfstoffen.

Ein Drittel der Menschen hat genetische Unterstützung

Gelangt das EBV in den Körper, wird seine Vermehrung durch eine antivirale Immunantwort vor allem mittels T-Zellen bekämpft. Neben den klassischen T-Zell-Mechanismen gibt es dabei auch eine "nicht klassische" T-Zell-Antwort, durch die virusinfizierte Zellen zerstört werden. Dafür werden den T-Zellen bestimmte EBV-Bestandteile, sogenannte Peptide, durch das spezifisches Molekül HLA-E, das sich auf der Oberfläche von EBV-infizierten Zellen befindet, präsentiert.

Etwa ein Drittel der Menschen verfügt aufgrund einer bestimmten Gen-Variation, nämlich HLA-E*0103/0103, natürlicherweise über mehr HLA-E Moleküle auf Zellen. Das Team um Puchhammer-Stöckl hat nun nachgewiesen, dass das Risiko für die Entwicklung des Pfeifferschen Drüsenfiebers nach einer EBV-Infektion stark von dieser nicht klassischen EBV-spezifischen Immunantwort abhängt. "Jenes Drittel der Menschen mit der HLA-E*0103/0103-Gen-Variante entwickelt viel seltener Pfeiffersches Drüsenfieber als jene, die eine andere HLA-E Variante tragen. Unsere Laborexperimente haben gezeigt, dass diese Gen-Variante auch mit einer stark ausgeprägten EBV-spezifischen Immunantwort verbunden ist", erklärt der Erstautor der Studie Hannes Vietzen vom Zentrum für Virologie der Med-Uni Wien.

Therapieansatz bei Lymphdrüsenkrebs

Mit der EBV-spezifischen Immunantwort haben die Forschenden nicht nur die Ursache für das Risiko, an Pfeifferschem Drüsenfieber zu erkranken, identifiziert, sie haben auch ein mögliches Ziel für die Erforschung präventiver Maßnahmen. "Da diese Immunantwort auch noch Jahre nach der ersten EBV-Infektion messbar war und einen langanhaltenden Schutz vor einer erneuten EBV-Infektion bietet, könnte es sich lohnen, diesen Mechanismus für die Entwicklung zukünftiger Impfstoffe ins Visier zu nehmen", blickt Vietzen in die Zukunft.

Chancen für künftige diagnostische Möglichkeiten könnten auch in einer weiteren Erkenntnis aus der Studie liegen: "Die Kombination von ungünstiger HLA-E-Gen-Variante und bestimmten EBV-Peptiden scheint auch bei der Entstehung von EBV-assoziiertem Lymphdrüsenkrebs in immunsupprimierten Patientinnen und Patienten nach einer Transplantation eine wichtige Rolle zu spielen", sagt Vietzen. "Möglicherweise ist eine Analyse der EBV-Stämme, die bei diesen Betroffenen nachgewiesen werden, hilfreich, um Risikopatientinnen und -patienten frühzeitig identifizieren und rechtzeitig behandeln zu können."

Und es ergeben sich auch neue Fragestellungen für die Forschung daraus. Denn bei Long-Covid-Betroffenen wurde vermehrt eine Reaktivierung von EBV festgestellt. Die vorliegende Studie hat zwar diesen Zusammenhang nicht untersucht, doch sollte sich die Rolle von EBV in der Entstehung von Long Covid bestätigen, ist die Frage, ob diese EBV-spezifische Immunantwort – und damit assoziierte Therapieansätze – Long Covid verhindern kann, eine legitime und wichtige Forschungsfrage, bestätigt Vietzen. (kru, 19.1.2023)